„Goethe!“ feiert bei den 70. Bad Hersfelder Festspielen Uraufführung


„Goethe!“ – nach dem Kinofilm „Goethe!“ von Philipp Stölzl (2010). Musik: Martin Lingnau; Liedtexte: Frank Ramond; Buch und Regie: Gil Mehmert; Choreographie: Kim Duddy; Bühne: Jens Kilian: Kostüme: Claudio Pohle; Lichtdesign: Michael Grundner; Sounddesign: Joerg Grünsfelder; Regieassistenz, Abendspielleitung: Till Kleine-Möller; Musikalische Leitung: Christoph Wohlleben. Darsteller: Philipp Büttner (Johann Wolfgang Goethe), Rob Pelzer ([Johann Caspar Goethe], Goethes Vater/Professor), Abla Alaoui (Lotte Buff), Detlef Leistenschneider ([Heinrich Adam Buff], Lottes Vater/Professor/Verleger), Inga Krischke (Anna Buff, Lottes Schwester/Ninon/Sudentin/Kammerzofe), Christof Messner ([Albert] Kestner, Gerichtsrat), Thomas Hohler (Karl Wilhelm Jerusalem, Gesandtschafts­sekretär am Reichs­kammer­gericht in Wetzlar/Buchhändler), Karen Müller (Rotschopf [Margarethe]/Studentin/Kammerzofe), Pascal Cremer (Assessor Schleyn/Student), Florian Minnerop (Assessor Borgmann/Student), Mischa Mang (Gerichtspräsident Kammermeier/Mephisto/Professor/Kutscher/Postler/Priester), Claudio Gottschalk-Schmitt (Student/Jurist/Gustav, Lottes kleiner Bruder), Leon Petzold (Student/Jurist/Carl, Lottes kleiner Bruder), Peter Knauder (Student/Jurist/Gendarm), Jurriaan Bles (Student/Jurist/Gendarm, Dance Captain), Eva Zamostny (Studentin/Kammerzofe/Hausdame/Gypsy-Mädchen), Isabel Waltsgott (Studentin/Kammerzofe/Elisabeth, Lottes kleine Schwester), Claudia Artner (Studentin/Kammerzofe/Anton, Lottes kleiner Bruder), Marije Louise Maliepaard (Studentin/Kammerzofe/Gypsy-Mädchen), Lina Gerlitz (Swing), Elias Christen (Statist). Das Orchester der Bad Hersfelder Festspiele 2021: Sven Aberle, Takashi Bernhöft, Philipp Brämswig, Stefan Fellhauer, Karin Geyer, Anja Geyer-Wohlleben, Brigitte Haas, Ralf Hesse, Pirkko Langer, Christian Meyers, Ann-Sophie Mundt, Rüdiger Nass, Yoo-Jung Oh, Thomas Rother, Wolf Schenk, Anja Schmiel, Benjamin Steil, Murray Stenhouse, Alex Uhl, Henning Vater, Robert Walla, Christoph Wohlleben. Uraufführung: 3. Juli 2021, 70. Bad Hersfelder Festspiele, Stiftsruine, Bad Hersfeld.



„Goethe!“


Uraufführung bei den 70. Bad Hersfelder Festspielen 2021


„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff) übergibt Detlef Leistenschneider (Verleger) Goethes Manuskript

Das Biopicture „Goethe!“ von Regisseur Philipp Stölzl kam in Deutschland am 14. Oktober 2010 mit 250 Filmkopien in die Lichtspielhäuser. Der Film spielt im Sommer 1772, in dem sich Johann Wolfgang Goethe in Charlotte Buff verliebte. Johann Wolfgang Goethe verarbeitete diese Episode seines Lebens in seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“. Im Film „Goethe!“ vermischen sich Fakten aus Goethes realem Leben mit dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ und reiner Fiktion, Philipp Stölzl hat Goethes Biografie und den literarischen Text quasi „übereinander kopiert“. Die Bad Hersfelder Festspiele bringen in Zusammenarbeit mit Stage Entertainment und Senator Film/Warner Bros. die Uraufführung des neuen Musicals „Goethe!“ auf die Bühne. Für die Musik zeichnet Martin Lingnau verantwortlich, Frank Ramond für die Liedtexte, und das Buch hat Gil Mehmert geschrieben, der auch Regie führt. Wir erinnern uns: Die drei haben bereits in der gleichen Konstellation bei „Das Wunder von Bern“ zusammengearbeitet. Kim Duddy hat die Choreografie erarbeitet.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Rob Pelzer (Goethes Vater)


Historischer Hintergrund

Johann Wolfgang Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main, † 22. März 1832 in Weimar) hatte sich im Mai 1772 auf Drängen seines Vaters als Praktikant beim Reichs­kammer­gericht in Wetzlar eingeschrieben. Am 9. Juni 1772 veranstaltete seine Großtante Susanne Cornelia Lange in Hüttenberg-Volpertshausen ein Tanzvergnügen, zu dem er die minderjährige Charlotte Sophie Henriette Buff (* 11. Januar 1753 in Wetzlar; † 16. Januar 1828 in Hannover) abholen sollte. Seit dem frühen Tod ihrer Mutter Magdalena Ernestina, geb. Feyler, am 13. März 1771 führte Charlotte den väterlichen Haushalt und versorgte ihre zehn jüngeren Geschwister, seit 1768 war sie mit dem kurhannoverschen Legationssekretär Johann Georg Christian Kestner (* 28. August 1741 in Döhren bei Hannover; † 24. Mai 1800 in Lüneburg) verlobt. Vom ersten Augenblick war der junge Goethe von Charlotte fasziniert und verliebte sich in sie. Johann Wolfgang Goethe wurde regelmäßiger und willkommener Gast im Haus der Familie Buff, dem heutigen Lottehaus, ehemals Verwalterhaus der Deutschordenritter. Nachdem Charlotte ihm erklärt hatte, dass er lediglich auf ihre Freundschaft hoffen dürfe und Goethe die Hoffnungslosigkeit seiner Liebe zu Charlotte erkannt hatte, reiste er im September 1772 überstürzt aus Wetzlar ab. Charlotte heiratete am 4. April 1773 Johann Christian Kestner und lebte danach mit ihm in Hannover in der Aegidienneustadt. Johann Wolfgang Goethe verarbeitete seine eigenen Erfahrungen sowie den Suizid des braunschweigischen Legationssekretärs Karl Wilhelm Jerusalem (* 21. März 1747 in Wolfenbüttel, † 30. Oktober 1772 in Wetzlar), der sich wegen einer unglücklichen Liebe zu Elisabeth Herd mit einer von Johann Christian Kestner geliehenen Pistole am 30. Oktober 1772 erschoss, literarisch in dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, den er Anfang 1774 innerhalb von vier Wochen niederschrieb.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Ensemble


Inhalt

Der junge Johann Wolfgang Goethe fällt in Straßburg durch das Staatsexamen und wird von seinen Kommilitonen verspottet. Sein Vater verbannt ihn zur Disziplinierung als Referendar beim Reichskammergericht in das kleine Städtchen Wetzlar. Hier gerät Johann schnell mit seinem strengen, überkorrekten Vorgesetzten, dem Gerichtsrat Albert Kestner aneinander. Goethe freundet sich mit seinem Referendarskollegen Wilhelm Jerusalem an und sie besuchen gemeinsam einen Ball, wo Johann Lotte Buff kennenlernt, von der er nachhaltig beeindruckt ist. Als Johann und Wilhelm Jerusalem bald darauf einen Reitausflug unternehmen, überraschen sie Lotte, die mit ihrem Vater und ihren zahlreichen jüngeren Geschwistern in Wahlheim wohnt, bei der Hausarbeit und verleben einen höchst vergnüglichen Tag. Auch Lotte spürt insgeheim, dass sie Johann ebenfalls sehr sympathisch findet. Nachdem beide darauf gewartet haben, dass sich jeweils der andere in einem Brief erklärt, brechen sie gleichzeitig auf, um einander zu treffen. Lotte findet in Johanns verlassener Kammer mehrere Entwürfe für einen Liebesbrief an sie, und als sich beide schließlich doch noch treffen, kann Johann mit einem spontanen Liebesgedicht ihr Herz gewinnen. Während eines Wolkenbruchs suchen die beiden Schutz in einer Burgruine, wo ihre Liebe erstmals Erfüllung findet. Albert Kestner beschließt, um die Hand der schönen Lotte anzuhalten und macht einen offiziellen Besuch bei den Buffs; eine Verbindung mit dem Gerichtsrat würde für die ganze Familie eine sichere finanzielle Perspektive bedeuten. Ohne zu ahnen, um wen es sich handelt, gibt Johann seinem Vorgesetzten sogar Ratschläge, mit welcher Formulierung er das Herz der Angebeteten erobern könnte. Als Albert Kestner mit genau diesen Worten um Lottes Hand anhält, willigt sie ein und schreibt Johann betrübt einen Abschiedsbrief. Dieser erreicht Johann aber nicht rechtzeitig, so dass sich erst bei der Verlobungsfeier schließlich die Wahrheit herausstellt. Johann geht mit seinem Freund Wilhelm Jerusalem auf den Jahrmarkt und beide berauschen sich. Jerusalem, der sich leidenschaftlich in eine verheiratete Frau verliebt hatte, ist zutiefst enttäuscht, da sie beschlossen hat, bei ihrem Mann zu bleiben. Aus Verzweiflung erschießt sich Wilhelm Jerusalem, und auch Johann denkt zunächst an Freitod, führt seinen Plan allerdings nicht aus. Durch Beleidigung seines Vorgesetzten kommt es zu einem Duell mit Albert Kestner, bei dem zwar niemand getötet wird, aber Johann Goethe wegen des bei Strafe verbotenen Duells verhaftet wird. Während seiner Inhaftierung schreibt Johann seinen Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, in dem Werther aufgrund seines Weltschmerzes am Ende Selbstmord begeht. Als Lotte Johanns Brief mit dem Manuskript erhält, gerät sie in Panik: Will Johann sich wie Werther umbringen? Nach einem Besuch bei Johann übergibt sie das Manuskript ohne sein Wissen an einen Verleger. Sechs Monate später reist Johann Goethe nach der Entlassung aus der Haft mit seinem Vater zurück nach Frankfurt, dort ist der Roman inzwischen zum Bestseller geworden, so dass auch er die schriftstellerischen Ambitionen seines Sohnes schließlich mit Stolz anerkennen muss.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Philipp Büttner (Johann Goethe)

Man mag an dieser Stelle geteilter Meinung darüber sein, ob das Biopicture „Goethe!“ oder der Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ besser als Vorlage für ein Musical geeignet sind, „Lotte – Ein Wetzlarer Musical“ von Marian Lux (Musik) und Kevin Schröder (Buch und Liedtexte) basierend auf dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ wurde bereits am 10. Juli 2015 bei den Wetzlarer Festspielen im Lottehof in Wetzlar uraufgeführt und am 23. Juni 2016 wiederaufgenommen. „Goethe!“ nach dem Biopicture „Goethe!“ von Regisseur Philipp Stölzl lief dagegen nach dem Einstieg von CVC bei Stage Entertainment in der Warteschleife und erlebt nun seine Uraufführung bei den Bad Hersfelder Festspielen 2021. Wie bereits beim Biopicture „Goethe!“ sind auch im Musical „Goethe!“ Goethes Biografie und der literarische Text des „Werther“ quasi „übereinander kopiert“. So erfährt der Zuschauer gleich zu Beginn, dass Johann Wolfgang Goethe in Straßburg durch das Staatsexamen gefallen ist, dagegen wird seine Disputation vom 6. August 1771 verschwiegen, in der er seine Thesen unter dem Titel „Positiones Juris“ verteidigte und damit das Lizenziat erwarb. So entstehen Irrtümer der Geschichte wie jenes, dass Albert Einstein ausgerechnet in den naturwissenschaftlichen Fächern ein schlechter Schüler gewesen sei. Die Diskussion um Faktentreue lässt sich in den Besprechungen zu Philipp Stölzls Biopicture zur Genüge nachlesen und braucht daher an dieser Stelle nicht nochmals aufgegriffen werden. (Vergleiche hierzu das Interview mit Buchautor Gil Mehmert. Lotte, auf die Frage des Verlegers nach der Wahrheit: „Es ist mehr als die Wahrheit, es ist Dichtung!“)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff), Ensemble

Regisseur Gil Mehmert („Lady Bess“, Europäische Erstaufführung 19. Februar 2022, Theater St. Gallen; „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Uraufführung 21. Oktober 2021, Stadttheater Fürth; „Himmel und Kölle“, Volksbühne am Rudolfplatz, Köln; „Wüstenblume“, Theater St. Gallen; „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, Staatstheater am Gärtnerplatz, München, Bad Hersfelder Festspiele 2018 und 2019; „Cabaret“, Bad Hersfelder Festspiele 2016, Volksoper Wien, Opernhaus Dortmund [für die Spielzeit 2022/23 geplant]; „Das Wunder von Bern“, Theater an der Elbe, Hamburg; „Sunset Boulevard“, Bad Hersfelder Festspiele 2011, Stadttheater Fürth mit anschließender Tournee durch den deutschsprachigen Raum, Opernhaus Dortmund, Opernhaus Bonn) verleiht den Geschehnissen im Sommer 1772 eine zusätzliche Klammer, indem er Lotte Buff zu Beginn Goethes Manuskript zum Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ zum Verleger tragen lässt, bevor die Handlung mit Goethes Staatsexamen seinen Lauf nimmt und dem Zuschauer vor Augen führt, wie es zur Entstehung dieses Manuskripts gekommen ist. Johann ist von Selbstzweifeln an den eigenen Möglichkeiten künstlerischen Ausdrucks getrieben, die von Lotte nicht im geringsten geteilt werden: „Es ist lächerlich, dass du nicht an dich glaubst.“ Im Gegenteil, sie trägt sein Manuskript – ohne sein Wissen – selbstbewusst zum Verleger und verschafft ihm damit Ansehen und Ruhm. Lotte ist damit die modernste und aktivste Figur in der Handlung des Musicals und wirkt mit ihrem Erscheinungsbild und ihrem Auftreten für das 18. Jahrhundert ausgesprochen ungewöhnlich. Wären da nicht die historischen Figuren, das Musical könnte auch in der heutigen Zeit spielen.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff)

Diesem Ansatz folgend hat Jens Kilian ein eher zeitloses Bühnenbild geschaffen, das mit seinem verfahrbaren Portal ausgesprochen funktional ausgefallen ist: Der Vorhang des Portals kann für Schattenspiele genutzt werden, der geöffnete Vorhang gibt den Blick auf den Gerichtssaal, Johanns Kammer, das Haus der Familie Buff, die Kirche oder auch die Bühne mit den lebensgroßen Figurinen aus „Emilia Galotti“ frei. Das Kostümdesign von Claudio Pohle ist eher modern ausgefallen, den typischen, etwas angestaubten Werther-Look mit blauem Gehrock, gelber Weste und Hose zu hohen Stiefeln findet man hier nur andeutungsweise. An kleinen Details erkennt der aufmerksame Zuschauer dennoch, dass das Stück nicht in der Gegenwart spielt. Das stimmungsvolle Lichtdesign von Michael Grundner bezieht auch den in diesem Jahr nicht bespielten Hochchor der Stiftsruine in das Geschehen mit ein, wodurch das altehrwürdige Gemäuer mit schwächer werdendem Tageslicht zunehmend zur Geltung kommt. Martin Lingnau (Musik) und Frank Ramond (Liedtexte) haben die Musik zu dem nahezu vollständig durchkomponierten Musical geschrieben, moderne, eingängige Melodien, poppig mit rockigen Anklängen, Mephisto erscheint Goethe und Jerusalem im Rausch als Puppet Master. Das zweiundzwanzigköpfige Orchester unter der Musikalischen Leitung von Christoph Wohlleben bringt Martin Lingnaus Partitur zeitgemäß zu Gehör – bitte keine Anklänge an Spätbarock oder Wiener Klassik erwarten. Waren 22 Musiker mit klassischen Instrumenten bereits vor der COVID-19-Pandemie bei Musicalaufführungen beinahe Luxus, so ist der fulminante Klang des Orchesters nunmehr als Non plus ultra Balsam für die gebeutelte Seele. Kim Duddy hat die weiträumige Bühne im Querschiff der Stiftsruine vor der verfahrbaren Guckkastenbühne für ihre ansprechend schwungvollen, teilweise athletischen Choreografien ausgiebig genutzt.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Thomas Hohler (Wilhelm Jersusalem) und Karen Müller (Rotschopf)

Bei der Uraufführung in Bad Hersfeld sind die Rollen von Johann Goethe und Lotte Buff mit Philipp Büttner (Aladdin in „Disneys Aladdin – Das Musical“, Theater Neue Flora, Hamburg und Apollo Theater, Stuttgart) und Abla Alaoui (u. a. Ellen in „Miss Saigon“, Premiere 3. Dezember 2021, Raimund Theater, Wien; Jenny in „Aspects of Love“, Theater Arche, Wien; Lisa/Sophie alternierend in „Mamma Mia!“, Deutschland-, Österreich- und Schweiz-Tournee ) besetzt, Abla Alaoui und Philipp Büttner standen bereits als Verbrecherduo Bonnie Parker und Clyde Barrow im Musical „Bonnie & Clyde“ von Frank Wildhorn gemeinsam auf der Bühne. Als Darsteller der Väter-Generation und Autoritäten stehen Mischa Mang, Rob Pelzer und Detlef Leistenschneider auf der Bühne.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Christof Messner (Kestner)

Philipp Büttner gibt den stürmischen Hitzkopf, der auch im wahren Leben in jungen Jahren jedem Rockzipfel hinterhergelaufen ist: Anna Katharina Schönkopf, Friederike Elisabeth Oeser, Friederike Brion, Charlotte Buff, Anna Elisabeth (Lili) Schönemann, Christiane Amalie Louise Becker, Charlotte von Stein, Christiane Vulpius, seine spätere Ehefrau. Einfühlsam lotet der Darsteller die Höhen und Tiefen der Beziehung von Johann Goethe zu Lotte Buff aus und weiß auch gesanglich auf ganzer Linie zu beeindrucken.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Karen Müller (Rotschopf)

Abla Alaoui spielt Lotte Buff vorlangengerecht als selbstbewusste Frau, für das 18. Jahrhundert natürlich ein wenig zu emanzipiert und vor allem zu fortschrittlich, mit ihrem hellen Sopran kann sie in ihren Soli und Duetten glänzen. Höhepunkt der beiden Darsteller dürfte womöglich das Duett „Die Leiden des jungen Werther“ sein, als Lotte den inhaftierten Goethe besucht, der an eben jenem Briefroman schreibt. Die Beziehung zwischen beiden endet unglücklich, muss unglücklich enden, denn sonst gäbe es „Die Leiden des jungen Werthers“ nicht.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Karen Müller (Rotschopf) und Thomas Hohler (Wilhelm Jerusalem), Ensemble

Der dritte im Bunde ist Christof Messner (u. a. Leopold Brandmeyer in „Im weißen Rössl“, Saarländisches Staatstheater Saarbrücken; Ernst Ludwig in „Cabaret“, Stadttheater Klagenfurth; Claude Hooper Bukowski in „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, Bad Hersfelder Festspiele 2018 und 2019), der sich als Gerichtsrat Albert Kestner die Verse für seinen Antrag an Lotte von Johann Goethe dichten lässt, diesen aber zum Teufel jagt, als er in ihm seinen Nebenbuhler erkennt. Da ist bekanntlich Mephisto nicht mehr weit… Natürlich hat Albert Kestner aufgrund seiner Stellung bei Lottes Vater die besseren Karten.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff) und Philipp Büttner (Johann Goethe)

Als zweites Liebespaar sind in „Goethe!“ Thomas Hohler (u. a. Autohändler/Polizist/Arzt/Zimmermann in „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Uraufführung 21. Oktober 2021, Stadttheater Fürth; Pfarrer Elmar alternierend in „Himmel und Kölle“, Volksbühne am Rudolfplatz, Köln; Alexander in „Yesterdate – Ein Rendezvous mit den 60ern“, Aalto-Theater, Essen) und Karen Müller (u. a. Kathy in „Himmel und Kölle“, Volksbühne am Rudolfplatz, Köln; Klärchen in „Im weißen Rössl“, Opernhaus Dortmund; Karen/Electric Blues Trio in „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, Bad Hersfelder Festspiele 2018 und 2019) als Wilhelm Jerusalem und Rotschopf zu sehen. Margarethe möchte in der Öffentlichkeit lieber nicht mit Wilhelm Jerusalem gesehen werden, doch schließlich küssen sich beide im Regen leidenschaftlich. Diese Beziehung endet nicht nur unglücklich, sondern sogar tragisch: Johann Goethe kann nicht verhindern, dass sich Wilhelm Jerusalem vor seinen Augen erschießt.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Abla Alaoui (Lotte Buff)

Das spielfreudige Ensemble unterstützt die Protagonisten insbesondere in den choreografisch umgesetzten Szenen vortrefflich und sorgt so für einen außerordentlich sehenswerten Abend. Nach gut zweistündiger Vorstellung – es wird ohne Pause gespielt – hielt es das Premierenpublikum nicht lange in den Sitzen und alle Darsteller*innen, Musiker*innen, Kreativen und Autoren wurden mit langanhaltendem Stehapplaus belohnt. „Goethe!“ ist noch in 22 Folgevorstellungen bis zum 6. August 2021 bei den 70. Bad Herfelder Festspielen zu sehen, darunter fünf Nachmittagsvorstellungen um 15 Uhr.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Christof Messner (Kestner) macht Abla Alaoui (Lotte Buff) seinen Antrag, im Vordergrund Philipp Büttner (Johann Goethe)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff) schreibt Johann Goethe einen Abschiedsbrief

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Christof Messner (Kestner) und Abla Alaoui (Lotte Buff) feiern Verlobung

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Traumszene

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Eva Zamostny (Gypsy-Mädchen) und Thomas Hohler (Wilhelm Jersusalem)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff) und Detlef Leistenschneider (Lottes Vater)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Thomas Hohler (Wilhelm Jersusalem)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Abla Alaoui (Lotte Buff) im Hochzeitskleid, Ensemble

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Abla Alaoui (Lotte Buff)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Abla Alaoui (Lotte Buff)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, Mischa Mang (Priester), Abla Aloui (Lotte Buff) und Christof Messner (Kestner) bei der Trauung

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2021, die dramaturgische „Klammer“ schließt sich

Maßnahmen zum Schutz der Besucher*innen vor Infektionen mit dem Coronavirus

Wenn man aufmerksam die Festspielbesucher*innen beobachtet, fallen einem einige Dinge unangenehm auf. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und hier an die Solidarität aller appellieren, sich an die von den Bad Hersfelder Festspielen vorgegebenen Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen mit dem Coronavirus zu halten. Ein Sabberlappen vor Kinn oder Mund schützt mitnichten vor der Verbreitung des Coronavirus und ist folglich anderen Besucher*innen gegenüber unsolidarisch. Es werden nur GGG in die Stiftsruine eingelassen, und wer es versäumt hat, sich vor dem Besuch der Festspiele tagesaktuell ein negatives Testergebnis bestätigen zu lassen, für den gibt es als letzte Möglichkeit in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang in die Stiftsruine ein vom DRK betriebenes Pop-up Testzentrum in einem schwarzen Pagodenzelt. Aber auch dort dauert der Schnelltest 15 Minuten. Zu guter Letzt, halten Sie auch beim Verlassen der Stiftsruine noch Abstand, zeigen Sie sich solidarisch mit Ungeimpften, die ihren Besuch in guter Erinnerung behalten wollen. Sie entscheiden mit Ihrem Verhalten beim Besuch der Bad Hersfelder Festspiele, dass diese momentan überhaupt stattfinden können. Danke.

Bad Hersfelde, festlich beleuchtete Stiftsruine

Kommentare