„Pretty Woman – Das Musical“


„Pretty Woman – Das Musical“ – nach dem gleichnamigen Spielfilm von Jonathan Frederick Lawton (1990); Musik, Liedtexte: Bryan Adams, Jim Vallance; Buch: Garry Marshall, Jonathan Frederick Lawton; Deutsche Bearbeitung: Frank Ramond (Liedtexte), Nina Schneider (Buch, Liedtexte); Inszenierung, Choreografie: Jerry Mitchell; Bühne: David Rockwell; Kostüme: Gregg Barnes; Licht: Kenneth Posner, Philip S. Rosenberg; Sounddesign: John Shivers; Music Supervision, Arrangements und Orchestrierung: Will Van Dyke; Musikalische Leitung: Aday Rodriguez Toledo. Darsteller: Patricia Meeden (Vivian Ward), Mark Seibert (Edward Lewis), Maricel (Kit de Luca, Vivians beste Freundin und Mitbewohnerin), Paul Kribbe (Happy Man/Barney Thompson, Manager des Beverly Wilshire Hotels), Nigel David Casey (Philip Stuckey, Edwards Geschäftspartner und Anwalt), Frank Logemann (James Morse, Werftbesitzer), Johnny Galeandro (Giulio, Page im Beverly Willshire Hotel), Rachel Bahler (Violetta, Kurtisane in Giuseppe Verdis „La Traviata“), Marco Trespioli (Alfredo, Violettas Verehrer in Giuseppe Verdis „La Traviata“), Piek van der Kaaden (Scarlett, Sängerin im Dinnertanzclub „The Voltaire“), Philipp Dietrich (David Morse, James Morses Enkel), Emma Hunter (Rachel, Vivians und Kits Freundin/Erica), Marcella Adema, Danilo Aiello, Becky Anderson, Marco Heinrich (Landlord), Eiko Keller, Peter Knauder, Jessica Rühle, Sander van Wissen (Hollister). Tryouts: 13. März 2018, Oriental Theatre, Chicago. Broadway Premiere: 16. August 2018, Nederlander Theatre, New York City. DSE: 29. September 2019, Theater an der Elbe, Hamburg.



„Pretty Woman – Das Musical“


Das moderne Aschenputtel-Märchen im Theater an der Elbe


„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Patricia Meeden (Vivian Ward). © Stage Entertainment

An der Seite von Richard Gere wurde Julia Roberts in der amerikanischen Liebeskomödie „Pretty Woman“ (1990) zum internationalen Star, das moderne Aschenputtel-Märchen verzauberte in den 1990er-Jahren die Kinobesucher auf der ganzen Welt. Das Titellied „Oh, Pretty Woman“ von Roy Orbison und William Marvin „Bill“ Dees war 1964 drei Wochen die Nr. 1 in den Billboard Hot 100 in den Vereinigten Staaten. Der Film wurde mit einem Budget von lediglich 14 Milionen US-$ realisiert, nahm aber weltweit mehr als 463 Millionen US-$ ein. Julia Roberts war 1991 in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin für den Academy Award of Merit („Oscar“) nominiert, gewonnen hat die Auszeichnung Kathy Bates für die Rolle der Annie Wilkesdouble in „Misery“ von Rob Reiner. Im März 2014 wurde bekannt gegeben, dass eine musikalische Adaption des Films für die Bühne mit dem Originaldrehbuchautor Jonathan Frederick Lawton (* 1960 in Riverside, Kalifornien) und dem Regisseur Garry Marshall (* 13. November 1934 in New York City, † 19. Juli 2016 in Burbank, Kalifornien) entwickelt werde. Im folgenden Jahr sicherte sich Garry Marshall die Rechte an der Produktion. Obwohl dieser im Juli 2016 verstarb, setzte die Produzentin Paula Wagner die Arbeit an dem Musical fort. „Ich weiß, er hätte gewollt, dass wir weitermachen und deshalb werden wir diese Geschichte zum Broadway bringen.“ Ab 13. März 2018 wurden Tryout Vorstellungen von „Pretty Woman: The Musical“ mit Samantha Barks (Vivian Ward) und Steve Kazee (Edward Lewis) am Oriental Theatre in Chicago gezeigt, am 16. August 2018 erlebte das Musical mit Samantha Barks (Vivian Ward) und Andy Karl (Edward Lewis) am Nederlander Theatre seine Broadway Premiere, wo es am 18. August 2019 nach 420 regulären Vorstellungen geschlossen wurde. Ab 29. September 2019 ist die deutschsprachige Erstaufführung von „Pretty Woman – Das Musical“ mit Patricia Meeden (Vivian Ward) und Mark Seibert (Edward Lewis) im Theater an der Elbe in Hamburg zu sehen. Am Valentinstag (14. Februar) 2020 soll „Pretty Woman: The Musical“ am Picadilly Theatre West End Premiere feiern, wo es bis 2. Januar 2021 gezeigt werden soll.

„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Mark Seibert (Edward Lewis), Ensemble. © Stage Entertainment

„Pretty Woman – Das Musical“ spielt wie die gleichnamige US-amerikanische Liebeskomödie in den 1980er-Jahren in Beverly Hills. Die Protagonistin Vivian Ward ist wunderschön, witzig und attraktiv, jedoch arbeitet sie schon seit einiger Zeit auf dem Straßenstrich von Los Angeles. Edward Lewis ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der gerade von seiner Freundin verlassen wurde. Er will in einem Luxushotel in Beverly Hills absteigen und fragt Vivien auf dem Hollywood Boulevard nach dem Weg. Diese geht davon aus, einen Kunden gefunden zu haben, und fährt Edward Lewis zum Hotel. Dort nimmt er sie spontan mit auf sein Zimmer und beschließt, Vivien als seine Begleiterin für eine Woche zu engagieren. In der eleganten Welt des Edward Lewis hat Vivien zunächst ihre Schwierigkeiten, meistert diese aber mit ihrer lebenslustigen Einstellung und ihrem Charme. Die gemeinsame Zeit voller Abenteuer und aufkommender Gefühle bringt Edward Lewis dazu, seinen Beruf und seine Motivation dafür zu überdenken, so dass er sich entschließt, ein Familienunternehmen nicht zu zerstören, sondern zu retten. Es kommt zu einem Streit mit dem Anwalt Philip Stuckey, wobei Vivien in ein Gerangel gerät. Edward Lewis kann Vivien jedoch retten. Er hegt starke Gefühle für sie und bietet ihr an, seine Geliebte zu sein, was sie tief verletzt ablehnt. Da Edward Lewis keine Beziehung auf Augenhöhe mit Vivien wagt, trennen sich die Wege der beiden. Schließlich kommt Edward Lewis doch noch zur Einsicht, dass seine Gefühle für Vivien zu stark und wertvoll sind, um sie aufzugeben. Im Finale finden beide wieder zueinander und die märchenhafte Liebesgeschichte kommt zum langersehnten Happy End.

„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Patricia Meeden (Vivian Ward). © Stage Entertainment

„Pretty Woman – Das Musical“ orientiert sich recht nah an der Filmvorlage, was nicht weiter verwunderlich ist, waren doch die Autoren Garry Marshall und Jonathan Frederick Lawton bereits an der Filmvorlage beteiligt. Der kanadische Sänger/Songwriter Bryan Adams („(Everything I Do) I Do It for You“, 1991; „All for Love“, 1993) und Jim Wallance, der seit Ende der 1970er-Jahre mit Bryan Adams zusammenarbeitet, haben die originäre Musicalpartitur im Popstil komponiert, und wer auf den Song „Oh, Pretty Woman“ (1964) von Roy Orbison und William Marvin „Bill“ Dees wartet, bekommt diesen in Hamburg zum Finale vom gesamten von Paul Kribbe und Maricel angeführten Ensemble zu hören. Regisseur und Choreograf Jerry Mitchell („Kinky Boots – Das Musical“, Operettenhaus Hamburg; „Natürlich Blond – Das Musical“, Ronacher, Wien) hat „Pretty Woman – Das Musical“ nahtlos fließend in Szene gesetzt, überdies werden seine ausgelassenen Choreografien vom Ensemble wunderbar umgesetzt. Auch wenn das Bühnenbild von David Rockwell das anspruchsvolle Millieu von Beverly Hills mit der gehobenen Einkaufsstraße Rodeo Drive nur andeutet, ist es doch völlig ausreichend, die Zuschauer an den jeweiligen Ort der Handlung zu versetzen, an dem Kenneth Posner und Philip S. Rosenberg mit ihrem vortrefflich passgenauen Lichtdesign für die angemessene Stimmung sorgen. Orts- und Szenenwechsel vollziehen sich mit den Mitteln des Theaters in Sekundenschnelle, die Darsteller „fahren“ beispielsweise zuweilen durch eine Klappe von und auf die Bühne, so als befände sich dort ein unsichtbarer Hotel-Aufzug. Gregg Barnes zeichnet für das zeitgemäße Kostümdesign vom gewagten Kleidungsstil der Prostituierten am Hollywood Boulevard bis zu den eleganten Roben in der vornehmen Gesellschaft verantwortlich, die Vivian Ward im zweiten Akt glänzen lassen. Die neunköpfige Band bringt Bryan Adams’ und Jim Wallances Partitur in der Orchestrierung von Will Van Dyke unter der Musikalischen Leitung von Aday Rodriguez Toledo gekonnt zu Gehör.

„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Mark Seibert (Edward Lewis) und Patricia Meeden (Vivian Ward). © Stage Entertainment

Patricia Meeden (Rachel Marron in „Bodyguard – Das Musical“, Musical Dome Köln und Ronacher Wien; Sarah in „Ragtime – Das Musical“, Staatstheater Braunschweig) überzeugt als Vivian Ward auf ganzer Linie: Anfangs quirlig, selbstbewusst und eine Prise ordinär vollzieht sich ihre Verwandlung zur klugen, einfühlsamen Lebenspartnerin, die sich in vornehmeren Kreisen zu bewegen weiß, überzeugend, stimmgewaltig und tanzstark. Sie gestaltet ihre Rolle mit viel Energie und Grazie, ohne dabei eine Kopie von Julia Roberts aus der Filmvorlage zu sein. Mark Seibert (Der Tod in „Elisabeth“, diverse Spielorte; Graf von Krolock in „Tanz der Vampire“, diverse Spielorte; Emanuel Schikaneder in „Schikaneder – Die turbulente Liebesgeschichte hinter der Zauberflöte“, Raimund Theater, Wien) gibt als Edward Lewis einen attraktiven, stets ruhigen und souveränen Partner abgibt. Erfolgsverwöhnt, etwas distanziert aber stets sympathisch führt er Vivien in seine Welt ein. Auch stimmlich weiß er zu überzeugen – vor allem im Duett mit Patricia Meeden steht ein wahres Musical-Traumpaar auf der Bühne. In der Rolle von Vivians Freundin und Mitbewohnerin Kit de Luca ist Maricel (Marie Antoinette alternierend in „Marie Antoinette“, Musical Theater Bremen; Amneris in „Aida“, Colosseum Theater Essen) im Theater an der Elbe zu erleben. Mit rockiger Attitüde verkörpert sie die erfahrene Prostiuierte, die sich in ihrem Leben eingerichtet zu haben scheint, und der es gar nicht leicht fällt, Träume und Wünsche zuzulassen. Aber auch sie findet am Ende einen Weg, dass ihr Leben eine positive Wendung nehmen kann.

„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Mark Seibert (Edward Lewis) und Patricia Meeden (Vivian Ward). © Stage Entertainment

In einer Doppelrolle ist Paul Kribbe (Everyman in „Everyman (Jedermann)“, Theater Münster; Lord Farquaad in „Shrek – Das Musical“, Tournee) als Happy Man/Barney Thompson, Manager des Beverly Wilshire Hotels zu erleben. Er ist ein wenig wie ein Vater, Tanzlehrer, Lebensberater, Stylist oder auch mal Pianist. Als Hotelmanager hält er meist alle Fäden in der Hand, singt und tanzt, und auch als Happy Man steht auf der Straße anderen meist mit Rat und Tat zur Seite. Johnny Galeandro (Ensemble in „Anastasia – Das Musical“, Palladium Theater Stuttgart; Ensemble in „Disneys Aladdin – Das Musical“, Neue Flora, Hamburg) steht als Hotelpage Guilio häufig an seiner Seite und sorgt mit seiner ein wenig eigenwilligen Art für manchen Lacher. Nigel David Casey (Billy Flynn in „Chicago“, Theater des Westens Berlin und Palladium Theater Stuttgart; Bernardo in „West Side Story“, Theater Dortmund) ist als Edwards verlässlicher Geschäftspartner und Anwalt Philip Stuckey zu sehen, der aber letztendlich sein Gesicht und seine Anstellung verliert, als er mit Vivian in Streit gerät und sie tätlich angreift. Als Edward Vivien in die Oper führt, macht auch das Publikum einen Ausflug in die Welt der Oper. Rachel Bahler (Eden Brent in „Bullets Over Broadway: The Musical“, US Tournee) und der gebürtige Italiener Marco Trespioli stehen dort als Kurtisane Violetta Valéry und Alfredo Germont, Violettas Verehrer, in Giuseppe Verdis „La Traviata“ auf der Bühne. Theater im Theater – ein paar klassische Töne sorgen beim Musicalpublikum offensichtlich für große Zustimmung. Piek van der Kaaden (Cover Molly Jensen in „Ghost – Das Musical“, Operettenhaus Hamburg; Constanze in „Mozart! de Musical“, Niederlande) kann im Song „Tanz Dich einfach frei“ („Don’t forget to dance“) als Scarlett, Sängerin im Dinnertanzclub „The Voltaire“ auf sich aufmerksam machen. Daneben sollen auch Frank Logemann (Harold Price in „Kinky Boots – Das Musical“, Operettenhaus Hamburg; Cover Richard Lubanski, Cover Sepp Herberger/Bohse, Cover Pfarrer Keuchel/Grabitz in „Das Wunder von Bern“, Theater an der Elbe, Hamburg) als Werftbesitzer James Morse und Philipp Dietrich (Cover Sy Spector, Cover Stalker, Cover Ray Court in „Bodyguard – Das Musical“, Ronacher Wien; Jesus von Nazareth in „Jesus Christ Superstar“, Felsenbühne Staatz) als sein Enkel David Morse nicht unerwähnt bleiben.

„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Patricia Meeden (Vivian Ward) und Mark Seibert (Edward Lewis). © Stage Entertainment

Das geamte Ensemble ist ausgesprochen spielfreudig, das Publikum in der letzten Preview zeigte sich von der Leistung der Darsteller*innen begeistert und zollte ihnen augenblicklich Stehapplaus.

„Pretty Woman – Das Musical“, Theater an der Elbe, Patricia Meeden (Vivian Ward) und Mark Seibert (Edward Lewis), Ensemble. © Stage Entertainment

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