Die Spielzeit 2020/21 am Theater Bielefeld

„Alles könnte anders sein“

„Alles könnte anders sein“: Das diesjähriges Spielzeitmotto des Theaters Bielefeld ist vieldeutig. Dieser kurze Satz kann uns dazu anregen, über unsere Gegenwart, ihre Vorbedingungen und ihre Außergewöhnlichkeit, nachzudenken. Genauso kann er Anstoß sein, uns unsere Zukunft auszumalen, in tausend verschiedenen, dunklen wie hellen Farben. Und nicht zuletzt lässt er uns aktiv werden, um diese Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.

Stadttheater Bielefeld

Das Musiktheater eröffnet die Spielzeit traditionell mit einem Musical: Stephen Sondheims „Die spinnen, die Römer!“ (Premiere 30. August 2020) ist eine turbulent-schmissige Komödie und ganz nebenbei eine Parodie auf die Monumentalfilme der Marke „Quo vadis“. Stephen Sondheim verlieh seinem ersten eigenen Werk jenen unverwechselbaren musikalischen Tonfall, der fortan seine Musicals prägen und ihn zu einer Legende machen sollte. Unverwechselbar ist auch die erste Opernpremiere: Wolfgang Amadeus Mozart zeichnet in seinem Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ (Premiere 3. Oktober 2020) Individuen von außergewöhnlich differenzierter Emotionalität. Filigrane und zauberhafte Töne bestimmen Benjamin Brittens „Ein Sommernachtstraum“ (Premiere 5. Dezember 2020). Benjamin Britten und sein Partner Peter Pears haben William Shakespeares Vorlage zum Libretto umgeformt, dabei aber dessen Sprache behalten. Leonard Bernsteins „Candide“ (Premiere 28. Januar 2021) kommt nicht auf der Stadttheater-Bühne, sondern in einer konzertanten und trotzdem bildmächtigen Aufführung in der Rudolf-Oetker-Halle zur Premiere – begleitet von Zwischentexten Loriots, dem Meister der prägnanten Opernzusammenfassungen. Wie viel Elend verträgt die Kunst? Giacomo Puccini kannte die prekären Lebensumstände unbekannter Kunstschaffender allzu gut. In „La Bohème“ (Premiere 27. Februar 2021) schuf er ein bewegendes Porträt des Seelenlebens und der existentiellen Nöte seiner Protagonist*innen. Ludwig van Beethoven schrieb 1810 seine berühmte Schauspielmusik zu Goethes Trauerspiel „Egmont“. Christian Jost hat nun – anlässlich des Beethoven-Jahres und mit eindeutigem Bezug auf den Komponisten – eine Oper geschrieben: „Egmont“ (Premiere 25. April 2021) wurde erst am 17. Februar 2020 im Theater an der Wien uraufgeführt und kommt im April 2021 als deutsche Erstaufführung in Bielefeld zur Premiere. Als spartenübergreifende Produktion steht das Musical „Linie 1“ (Premiere 15. Mai 2021) von Birger Heymann und Volker Ludwig auf dem Programm – eine Show, ein Drama über Leben und Überleben in der Großstadt. Absurde Komik und musikalische Vielfalt kennzeichnen Leoš Janáčeks „Die Ausflüge des Herrn Brouček“ (Premiere 4. Juni 2021). Der Prager Hausbesitzer Brouček wünscht sich auf den Mond, um nervenaufreibenden Begegnungen aus dem Weg zu gehen. Aber dort ist es keineswegs so ruhig, wie er sich das vorgestellt hat. Zudem geht in der kommenden Spielzeit das Projekt „First Contact“ in die zweite von drei Runden. In der geplanten Uraufführung „Fremd“ (Arbeitstitel, Premiere Mai 2021) steht wieder ein aktueller Stoff im Fokus, der bereits jetzt von Impulsen junger Mitglieder des neugegründeten Musiktheaterjugendclubs MUTH gefüttert und vom Profi-Librettisten Robert Lehmeier zu einem Textbuch ausgeführt wird. Wieder werden Kompositionsstudierende die Musik dazu schreiben. Weiterhin zu sehen sind das Musical „The Black Rider“ (Wiederaufnahme 12. September 2020) sowie die Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“ (Wiederaufnahme 30. Oktober 2020). Außerdem wird „Hänsel und Gretel“ (Wiederaufnahme 10. Januar 2021) in der Inszenierung aus der Spielzeit 2018/19 wiederaufgenommen.


„Die spinnen, die Römer!“ (Premiere 30. August 2020, Stadttheater)

„Die spinnen, die Römer!“ – nach Motiven aus den Komödien „Miles Gloriosus“, „Pseudolos“ und „Mostellaria“ von Titus Maccius Plautus; Musik, Liedtexte: Stephen Sondheim; Buch: Burt Shevelove, Larry Gelbart; Deutsche Fassung: Roman Hinze; Inszenierung: Klaus Christian Schreiber; Choreografie: Dominik Büttner; Bühne, Kostüme: Julia Hattstein; Puppenbau; Eike Schmidt; Dramaturgie: Jón Philipp von Linden; Musikalische Leitung: William Ward Murta. Darsteller: Jonas Hein (Pseudolus, Sklave des Hero/Prologus I), Dirk Audehm (Senex, Bürger von Rom/Prologus II), Cornelie Isenbürger (Domina, Frau des Senex), Merlin Fagel (Hero, deren Sohn), Laura Luise Schreiber (Philia, eine Jungfrau), Carlos Horacio Rivas (Hysterium, Sklave von Senex und Domina), Lorin Wey (Marcus Lycus, ein Kurtisanenhändler), Frank Wöhrmann (Miles Gloriosus, ein Krieger; Dance Captain), Lutz Laible (Erronius, Bürger von Rom), Eike Schmidt (Der Chor (dreiköpfig)), Orsolya Ercsényi, Mãdãlina Sandu (Römerinnen), Ida Gross, Agneta Jaunisch, Laura Lehmann, Daria Mari (Kurtisanen im Hause Lycus). Uraufführung: 8. Mai 1962, Alvin Theatre, New York City. West End Premiere: 3. Oktober 1963, Strand Theatre, London, UK. Deutschsprachige Erstaufführung: 24. Februar 1972, Theater im Reichskabarett, Berlin. Premiere: 30. August 2020, Stadttheater Bielefeld.

„A Funny Thing Happened on the Way to the Forum“ war die erste Musicalproduktion, zu der Stephen Sondheim sowohl die Musik als auch die Gesangstexte schrieb. Die am 8. Mai 1962 am Broadway uraufgeführte Farce basiert auf Motiven des römischen Komödiendichters Titus Maccius Plautus, wurde 1963 mit sechs Tony Awards ausgezeichnet und mit 964 Vorstellungen am Broadway bis 29. August 1964 zum meistgespielten Werk Sondheims. Es wurde 1966 von Richard Lester mit Zero Mostel in der Rolle des Sklaven Pseudolus verfilmt, der Film kam in Deutschland unter dem Titel „Toll trieben es die alten Römer“ in die Kinos und wurde 1967mit dem Academy Award („Oscar“) für die beste Musikadaption ausgezeichnet. Die deutsche Erstaufführung des Musicals fand am 24. Februar 1972 unter dem Titel „Auf, auf zum Forum“ am Theater im Reichskabarett in Berlin statt, und in Österreich wurde es erstmals am 2. Oktober 1987 unter dem Titel „Zuständ’ wie im alten Rom“ im Kabarett Simpl aufgeführt

Die Geschichte selbst spielt vor drei Häusern in der Straße zum Forum in Rom: Das erste gehört Erronius, einem verstörten alten Mann, der unterwegs auf der Suche nach seinen Kindern ist, die als Babies von Piraten entführt wurden. Das zweite ist das Haus von Marcus Lycus, der mit schönen Frauen handelt. Schließlich steht da noch das Haus von Senex, der hier mit seiner Frau Domina und seinem Sohn Hero wohnt. Außerdem leben dort noch die Sklaven Hysterium und Pseudolus. Eines Tages, als Hero mit den beiden Sklaven allein ist, gesteht er Pseudolus, dass er sich in Philia, eine der schönen Frauen aus Lycus’ Haus, verliebt hat. Pseudolus wittert seine Chance und verspricht Hero, ihn mit der Dame seines Herzens zusammen zu bringen, wenn dieser ihm dafür die Freiheit schenkt. Hero geht auf den Handel ein und schon sind beide auf dem Weg zu Lycus. Das Dumme ist nur: Philia ist bereits vertraglich dem Krieger Miles Gloriosus zugesprochen und wartet darauf, dass dieser nach Rom kommt und sie abholt. Mit viel List und Erfindungsreichtum stürzt Pseudolus von einer absurden Situation in die nächste: Unter dem Vorwand, Philia sei von einer ansteckenden Krankheit befallen, kann Pseudolus sie in Heros Haus fortlocken, wo dessen Vater Senex sie für seine neue Magd hält und ebenfalls Gefallen an ihr findet. Dadurch bekommt er natürlich zwangsläufig Probleme mit seiner Frau Domina. Als der heimkehrende Miles Gloriosus seinen Anspruch auf Philia einfordert, täuscht Pseudolus deren Tod vor und gibt seinen Freund Hysterium in Verkleidung als deren Leiche aus. Der Hauptmann lässt daraufhin eine große Totenfeier inszenieren und möchte die Leiche verbrennen lassen…


„The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets“ (Wiederaufnahme 12. September 2020, Stadttheater)

„The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets“ – nach der alten Volkssage „Der Freischütz“ von Johann August Apel; Musik und Texte: Tom Waits; Buch: William S. Burroughs; Deutsche Bearbeitung: Wolfgang Wiens; Original­in­sze­nie­rung: Robert Wilson; Inszenierung, Bühne: Michael Heicks; Choreografie: Gianni Cuccaro; Kostüme: Anna Sörensen; Video: Sascha Vredenburg; Dramaturgie: Anne Christine Oppermann; Musikalischer Leiter: William Ward Murta. Darsteller: Christina Huckle (Stelzfuß), Stefan Imholz (Erbförster Kuno, Herzog), Thomas Wolff (Förster Bertram), Nicole Lippold (Anne, seine Frau), Leona Grundig (Käthchen, deren Tochter), Jan Hille (Schreiber Wilhelm), Nikolaj Alexander Brucker (Jägers­bur­sche Robert/Wilderer/Georg Schmid), Oliver Baierl (Wilhelms Onkel/Herzog), Kjell Brutscheidt (Bielefelder Studio) (Bote des Herzogs/Erscheinung/Vogel/Wärter), Melissa Cosseta (Brautjungfer/Erscheinung/Vogel), Noriko Nishidate (Brautjungfer/Stelzfuß’ Double/Erscheinung/Vogel), Tommaso Balbo (Brautjungfer/Junger Kuno/Erscheinung/Vogel/Wärter), Simon Wolant (Brautjungfer/Wilhelms Double/Jagdgehilfe/Erscheinung/Vogel/Wärter). Uraufführung: 31. März 1990, Thalia-Theater, Hamburg. Premiere: 23. Mai 2020, Wiederaufnahme: 12. September 2020, Stadttheater Bielefeld.

„The Black Rider“ ist eine moderne Musiktheater-Version von „Der Freischütz. Eine Volkssage“, der ersten Geschichte einer Sammlung von Geister- und Spukgeschichten, die Johann August Apel (* 17. September 1771 in Leipzig, † 9. August 1816 in Leipzig) 1811 im ersten Band des Gespensterbuches zusammen mit Friedrich August Schulze (unter dem Pseudonym Friedrich Laun) herausgegeben hat, Friedrich Kind hat auf dessen Grundlage in enger Zusammenarbeit mit Carl Maria von Weber das Opernlibretto zu „Der Freischütz“ geschrieben. Hamburg hatte sich als erste „Musical-Stadt“ in Deutschland etabliert, und Thalia-Intendant Jürgen Flimm war an einem anspruchsvollen Gegenentwurf zu den beiden Lloyd-Webber-Produktionen „Cats“ (Premiere in Hamburg: 18. April 1986) und „Phantom der Oper“ (Premiere in Hamburg: 29. Juni 1990) gelegen. Er verpflichtete für die Neugestaltung der Freischütz-Sage den amerikanischen Regisseur Robert Wilson, der sich den Songschreiber Tom Waits und den Schriftsteller William S. Burroughs (Buch) ins Boot holte. Robert Wilson und Tom Waits hatten ihre eigenen Drogen-Erfahrungen gesammelt und wollten die Geschichte der Freikugeln als „Analogie zu den Verheißungen der Heroinschüsse“ verstanden wissen. William S. Burroughs war auf geradezu makabre Weise für das Thema prädestiniert, er hatte am 6. September 1951 unter Alkoholeinfluss aus Versehen bei einem mutwilligen Wilhelm-Tell-Spielchen seine eigene Frau erschossen. Dramaturg Wolfgang Wiens übersetzte die fragmentarischen Texte nur teilweise ins Deutsche und trug damit entscheidend zum witzig-schrägen Libretto bei. Nach seiner spektakulären Uraufführung am Thalia-Theater in Hamburg (Premiere: 31. März 1990) ist das gleichermaßen schräge wie romantische Musical „The Black Rider – The Casting of the Magic Bullets“ mit überwältigendem Erfolg um die Welt gegangen – am 23. Mai 2020 wird es am Stadttheater Bielefeld Premiere feiern.

Die Geschichte kennt man: Der Schreiber Wilhelm hat sich in die Försterstochter Käthchen verliebt, und auch sie erwidert seine Gefühle. Doch der standesbewusste Förster Bertram besteht auf einem Jäger als Schwiegersohn, für ihn wäre der junge Jägersbursche Robert genau der richtige Kandidat: „Es muss ein Jäger sein, so will´s der Brauch!“ Doch Käthchen liebt nun einmal den Schreiber Wilhelm, so stellt der Vater schließlich eine Bedingung: Mit einem „Probeschuss“ soll Wilhelm seine Zielsicherheit unter Beweis stellen, um sich als Schwiegersohn zu qualifizieren. Doch dafür muss Wilhelm erst einmal schießen lernen. Dabei erweist er sich als ziemlich untalentiert, und nimmt nur zu gern die Hilfe des undurchsichtigen Pegleg (ein Slangausdruck für den Teufel) an, der ihm eine Handvoll „Freikugeln“ zur Verfügung stellt, mit denen man alles treffen kann, was der Schütze treffen will. Damit ist auch der untalentierte Schreiber ein treffsicherer Schütze, der leichte Erfolg macht ihn regelrecht süchtig, und so sind die Freikugeln bald aufgebraucht. Daher muss sich Wilhelm in der Wolfsschlucht neue Kugeln gießen, doch diesmal verlangt Pegleg seinen Preis: „Seven bullets. Six are yours and hit the mark. One is mine and hit the dark.“ Das Ende ist tragisch, beim entscheidenden Probeschuss trifft die siebte von Wilhelm abgefeuerte Kugel Käthchen, woraufhin Wilhelm vollends verrückt wird.


„Candide“ (konzertante Fassung, Premiere 28. Januar 2021, Rudolf-Oetker-Halle)

„ Candide“ – „A Comic Operetta“ nach der satirischen Novelle „Candide ou l’optimisme“ („Candide oder der Optimismus“) von Voltaire (1759); Musik: Leonard Bernstein; Songtexte: Richard Wilbur; zusätzliche Songtexte: Stephen Sondheim, John LaTouche, Dorothy Parker, Lillian Hellman und Leonard Bernstein; Erzähltext: Loriot; Buch: Hugh Wheeler; In englischer und deutscher Sprache mit Übertiteln; Inszenierung: N. N.; Bühne: N. N.; Kostüme: N. N.; Dramaturgie: N. N.; Musikalische Leitung: N. N. Darsteller: N. N. (Dr. Voltaire alias Dr. Pangloss/Cacambo/Martin), N. N. (Kunigunde , Tochter des Barons), N. N. (Maximilian , Sohn des Barons), N. N. (Candide, Neffe des Barons, ein Bastard), N. N. (Paquette, Dienstmädchen des Barons), N. N. (Die alte Dame), N. N. (Die Baroness), N. N. (Der Baron), N. N. (Großinquisitor/Gouverneur), N. N. (Der Kannibalenkönig). Uraufführung: 1. Dezember 1956, Martin Beck Theatre, New York City. „Chelsea version“: 1973, Robert Kalfin’s Chelsea Theater Center, Brooklyn Academy of Music, New York City. Broadway Premiere: 8. März 1974, Broadway Theatre, Mew York City. West End Premiere: 30. April 1959, Saville Theatre, London, UK. Deutschsprachige Erstaufführung: 5. August 1976, Stadthalle, Wien. Deutsche Erstaufführung: 27. März 1982, Theater in der Kelter, Theaters Heilbronn. Premiere: 28. Januar 2021, Rudolf-Oetker-Halle, Bielefeld.

Voltaires satirische Novelle „Candide oder der Optimismus“ (1759) kritisiert unter anderem die optimistische Weltanschauung von Gottfried Wilhelm Leibniz, dass wir in „der besten aller möglichen Welten“ leben. Candide erlebt auf seiner Reise durch die ganze Welt alle ihre Schrecken und ihm kommen mehr und mehr Zweifel an der Theorie von „der besten aller möglichen Welten“. Für die Urfassung der Operette von Leonard Bernstein hatte Lillian Hellman das Libretto verfasst, diese entpuppte sich aber als veritabler Flop und wurde nach nur 73 Vorstellungen abgesetzt. Die sogenannte „Chelsea version“ mit einem vollständig neuen Libretto von Hugh Wheeler brachte es am Broadway auf 740 Vorstellungen und wurde 1974 mit vier Tony Awards und fünf Drama Desk Awards ausgezeichnet. Loriot, bürgerlich Vicco von Bülow (* 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel, † 22. August 2011 in Ammerland), hat 1999 ausführliche Begleittexte zu Leonard Bernsteins „Candide“ verfasst, die dazugehörige konzertante Fassung wurde am 27. Mai 1999 am Prinzregententheater München uraufgeführt und verhalf dem Stück in Deutschland zu neuer Popularität.


„Linie 1“ (Premiere 15. Mai 2021, Stadttheater)

„Linie 1“ – Musik: Birger Heymann und die Rockband No Ticket; Liedtexte, Buch: Volker Ludwig; Regie: N. N.; Choreografie: N. N.; Bühne: N. N.; Kostüme: N. N.; Dramaturgie: N. N.; Musikalische Leitung: N. N. Darsteller: N. N. (Maria, Risi u. a.), N. N. (Junge im Mantel, Mondo u. a.), N. N. (Bisi, Lumpi, Sängerin u. a.), N. N. (Das Mädchen), N. N. (Johnnie, Referent Zielinski, Witwe Lotti u. a.), N. N. (Hermann, Mücke, Witwe Martha, Beziehungspartner u. a.), N. N. (Bambi, Witwe Agathe u. a.), N. N. (Buletten-Trude, Lola, Rentnerin u. a.), N. N. (Frau, Lady, Rita, Sie, Türkin u. a.), N. N. (Erich, Kleister, Sänger u. a.), N. N. (U-Bahn-Ansage), N. N. (Chantal, Dieter, Schlucki, Witwe Kriemhild u. a.). Uraufführung: 30. April 1986, Grips-Theater, Berlin. Premiere: 15. Mai 2021, Stadttheater Bielefeld.

Wer kennt nicht die Berliner U-Bahn-Linie 1, die für das erfolgreichste Musical am Grips-Theater Pate stand. Das Musical von Birger Heymann und der Rockband No Ticket (Musik) sowie Volker Ludwig (Liedtexte, Buch) erzählt von einem jungen Mädchen aus der westdeutschen Provinz, das von zu Hause ausreißt und ins geteilte Berlin des Jahres 1986 kommt, um hier den Rock-Musiker Johnnie zu treffen, in den es sich bei einem Konzert verliebt hat und von dem es womöglich schwanger ist. Auf einer U-Bahn-Fahrt zwischen Bahnhof Zoo und Schlesisches Tor im Bezirk Kreuzberg begegnet das Mädchen allen möglichen Gestalten aus dem Berliner Milieu, doch von ihrer Zufallsbekanntschaft Bambi erfährt sie, dass die Kreuzberger Adresse, die Johnnie ihr gegeben hat, überhaupt nicht existiert. Bambi verspricht dem Mädchen, Johnnie für sie ausfindig zu machen, und tatsächlich kommt es in der Wartehalle vom Bahnhof Zoo zu einem Wiedersehen mit überraschenden Wendungen…


Update
„A Quiet Place“ wurde wegen der COVID-19-Pandemie in die Spielzeit 2020/2021 verschoben.

„A Quiet Place“ (Premiere voraussichtlich 4. Juni 2021, Stadttheater)

„A Quiet Place“ – die Fortsetzung von Leonard Bernsteins Oper „Trouble in Tahiti“ (1952); Musik: Leonard Bernstein; Kammerfassung: Garth Edwin Sunderland; Libretto: Stephen Wadsworth; Deutsche Bearbeitung: Paul Esterhazy; Inszenierung: Maaike van Langen; Bühne und Kostüme: Dieuweke van Reij; Dramaturgie: Jón Philipp von Linden; Musikalische Leitung: Gregor Rot. Darsteller: Frank Dolphin Wong (Old Sam, Dinahs Mann), Cornelie Isenbürger (Dede, Dinahs Tochter), Caio Monteiro (Junior, Dinahs Sohn), Daniel Pataky (François, Dedes Mann), Nohad Becker (Susie, Dinahs Freundin), Enrico Wenzel (Bill, Dinahs Bruder), Moon Soo Park (Doc, Dinahs Arzt), Katja Starke (Mrs. Doc, dessen Frau), Lorin Wey (Bestattungs-Unternehmer), Carlos Horacio Rivas (Analytiker), N. N. (Sam als junger Mann), N. N. (Dinah). Uraufführung: 17. Juni 1983 an der Houston Grand Opera, Houston, Texas. Premiere: voraussichtlich 4. Juni 2021, Stadttheater Bielefeld.

Eine Familie, die sich auseinandergelebt hat und nun wiedertrifft, wiedertreffen muss: Anlass ist der Unfalltod der Mutter. Da ist ihr zurückbleibender Mann Sam, ein Patriarch, dem es immer ein wenig an Empathie und Liebesfähigkeit gemangelt hat. Da ist die widerspenstige Tochter Dede, die mit dem attraktiven Franzosen François verheiratet ist. So attraktiv, dass auch Junior, Dedes Bruder, eine Affäre mit ihm hat. Es gibt weitere Figuren, „hilflose Helfer“ in der Konstellation der auseinandergefallenen Familie, die sich voller Vorurteile und verschütteter Emotionen begegnet. Ein unerwartet auftauchender Brief der Mutter bringt Lebenslügen zum Einsturz und fordert die Familienmitglieder heraus. Themen, die so trivial wie zeitlos relevant sind, dass sie Handlungsmotive für gleich eine ganze Batterie von TV-Soaps bilden, aber auch Bühnenstücke von US-Autoren geprägt haben: Tracy Letts’ „Eine Familie (August: Osage County)“ etwa war vor rund 10 Jahren in Bielefeld zu sehen.

Leonard Bernstein wollte mit „A Quiet Place“ eine originär amerikanische Oper schreiben: „Ein durchkomponiertes Musiktheaterstück in unserer eigenen Wort- und Musiksprache, die irgendwie sowohl der Broadway-Tradition als auch der ›ernsten Musik‹ Achtung erweist“, schrieb er hierzu. 1951/52 hatte er mit „Trouble in Tahiti“ eine bissige Satire über die brüchige Fassade einer amerikanischen Vorstadtfamilie komponiert. „A Quiet Place“ nimmt, durchaus autobiografisch gefüttert, den Handlungsfaden von „Trouble in Tahiti“ wieder auf und verhandelt die Geschichte des dortigen jungen Ehepaars Dinah und Sam weiter.

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