„Hidden Costs. Ewigkeitslasten“

Fotografien von J Henry Fair im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg

Nach Stationen auf der Henrichshütte Hattingen, der Zeche Hannover in Bochum, der Zeche Nachtigall in Witten und der Zeche Zollern in Dortmund eröffnet der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) am Donnerstag, 19. Mai 2022 im Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop die Sonderausstellung „Hidden Costs. Ewigkeitslasten“ mit Luftbildern des US-amerikanischen Fotografen J Henry Fair. Im Hafengebäude am Oberwasser und auf dem Außengelände sind 45 großformatige Fotos zu sehen. Sie zeigen die Probleme, die die Ausbeutung unseres Planeten mit sich bringt: verseuchte Gewässer, überformte Landschaften, verbrannte Erde. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt in der nordamerikanischen Heimat des Künstlers, doch auch in Deutschland und Europa findet J Henry Fair Motive, die zum Nachdenken anregen. So sind unter den 45 gezeigten Arbeiten auch 15 Aufnahmen aus Deutschland.

„Hidden Costs. Ewigkeitslasten“ im Museumsfoyer der Henrichshütte Hattingen, „Smoke And Mirrors“

J Henry Fairs Luftbilder bestechen zunächst durch ihre seltsame Schönheit: Ein schneeweißer Berg erhebt sich hinter einem grünen Wald, Flüssigkeiten glänzen golden im Licht, bizarre Muster in leuchtenden Farben wecken die Neugier auf die Geschichte hinter dem Bild. „Erst auf den zweiten Blick erschließt sich die Problematik, die der Arbeit des Künstlers zugrunde liegt“, erklärte Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker am Dienstag, 17. Mai 2022 bei der Vorstellung der Schau in Waltrop.

Polyurethan-Werk in Krefeld, 2010. Foto: J Henry Fair

Luft, Wasser und Boden sind für J Henry Fair unveräußerliche Werte, die allen Lebewesen gehören. Der Umweltaktivist prangert mit seinen Bildern das geltende Wirtschaftssystem an, das es einigen Akteuren ermögliche, dieses Vermögen der Allgemeinheit zu ihrem persönlichen Vorteil zu plündern, ohne dafür zu bezahlen. Die langfristigen Folgen der Industrialisierung, die sogenannten Ewigkeitslasten, aber trage die gesamte Gesellschaft.

Der Fotograf

Der Umweltaktivist J Henry Fair beschäftigt sich schon länger mit industriellen Anlagen. Heimlich betrat er Raffinerien und Kohlebergwerke, doch ihm fehlte die Gesamtperspektive, und die am stärksten vergifteten Landschaften blieben unerreichbar. Die Idee des Zugangs aus der Luft kam ihm während eines Nachtflugs über die USA. Als er in der Morgendämmerung den aus einer Nebeldecke ragenden Kühlturm eines Kraftwerks sah, griff er zur Kamera. Fair nennt es eine Offenbarung: „Ich kann alle meine Ziele aus der Luft erreichen. Ich kann nicht nur Zäune überwinden, sondern auch Landschaften von oben in faszinierende abstrakte Bilder verwandeln.“

Abwasserbecken der Phosphatdünger-Produktion in Bartow, Florida, USA. Foto: J Henry Fair

Hätten Sie’s gewusst? Im Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister (Pollutant Release and Transfer Register) werden die von Industriebetrieben gemeldeten Emissionen gesammelt, die Betriebe in Deutschland müssen aber nur dann dem Umweltbundesamt über ihre Emissionen in Luft, Wasser und Boden berichten, wenn der Schadstoffausstoß einen bestimmten Schwellenwert überschreitet. Die im PRTR für 2016 in Deutschland aufgeführten Daten sollten jeden zum sofortigen Handeln animieren: 2016 meldeten 144 Betreiber von Wärmekraftwerken und anderen Verbrennungsanlagen 294 Mio Tonnen CO2-Emissionen, 131 Betreiber von Wärmekraftwerken und anderen Verbrennungsanlagen 184.000 Tonnen NOx, 69 Betreiber von Wärmekraftwerken und anderen Verbrennungsanlagen 114.000 Tonnen SOx und 47 Betreiber von Wärmekraftwerken und anderen Verbrennungsanlagen 5,15 Tonnen Quecksilber. Im letzteren Fall setzten allein vier Betriebe sogar jeweils mehr als 500 kg Hg frei (Quelle: Umweltbundesamt). Möchten Sie in der Nähe eines Kraftwerks wohnen, das mehr als 500 kg Quecksilber im Jahr freisetzt? Oder möchten Sie ein Elektroauto fahren, das mit dem aus diesen Anlagen erzeugten Strom betrieben wird? Vor Spuren von Quecksilber in Energiesparlampen wird gewarnt, aber was ist mit Tonnen von Quecksilber aus Kraftwerken?

„Hidden Costs. Ewigkeitslasten“ auf dem Außengelände der Henrichshütte Hattingen, „Red River“

„Hidden Costs. Ewigkeitslasten“ ist vom 19. Mai 2022 bis 15. Januar 2023 Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop zu sehen.

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