Neuigkeiten vom Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop

Die neue Dauerausstellung: Modern, digital und spielerisch

Modern, digital und spielerisch – so präsentiert sich die neue Dauerausstellung im LWL-Industrie­museum Schiffshebewerk Henrichenburg. Modelle, Videos, digitale Präsentationen und Mitmachstationen laden dazu ein, die Geschichte des Hebewerks und die Welt der Binnenschifffahrt zu entdecken. Doch der Reihe nach:

Schiffshebewerk Henrichenburg

Das LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg ist Teil des Schleusenparks Waltrop, der von vier Abstiegsbauwerken gebildet wird und am Rhein-Herne- und Dortmund-Ems-Kanal liegt. Das Alte Schiffshebewerk Henrichenburg wurde als erstes Bauwerk seiner Art am 11. August 1899 von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Mit seiner Hilfe konnten Schiffe mit bis zu 67 Metern Länge, 8,2 Metern Breite, 2 Metern Tiefgang und 800 Tonnen Gewicht mühelos einen Höhen­unterschied von 14 Metern überwinden.

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, der historische Maschinenbestand wird dank des beweglichen augmented Reality Monitors zum Leben erweckt

Es wurde 1970 endgültig stillgelegt und verfiel zunächst. 1979 beschloss der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, das technische Denkmal als Standort des Westfälischen Industriemuseums (heute LWL-Industriemuseum) aufzubauen. Im ehemaligen Kessel- und Maschinenhaus konnte man früher den relativ kleinen Elektromotor mit Pumpe aus der alten Schachtschleuse in Augenschein nehmen, der 1990 zu Anschauungszwecken in das Maschinenhaus transloziert wurde. Zum Betrieb des mit fünf Schwimmerschächten ausgestatteten Hebewerks wurden zwei Pumpen benötigt, um den Trog mit einem – nach dem Archimedischen Prinzip unabhängig vom Gewicht des in ihm befindlichen Schiffs – Gesamtgewicht von 3.100 Tonnen in zweieinhalb Minuten (!) den Höhenunterschied überwinden zu lassen. Eine kompletter Hub- und Senkvorgang einschließlich Ein- und Ausfahrt dauerte 25 Minuten.

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, der historische Maschinenbestand wird dank des beweglichen augmented Reality Monitors zum Leben erweckt

Für die neue Dauerausstellung wurden die Räume im ehemaligen Kraftwerk des Schiffshebewerks grundlegend modernisiert und neugestaltet. Im leer geräumten Maschinenhaus ist der ursprüngliche Maschinenpark von 1899 nun digital wieder zum Leben erweckt worden. Zwei große Monitoren zaubern mit Hilfe von erweiterter Realität (augmented reality) die Dampfmaschinen, Dynamos und Pumpen hervor, die in dieser Halle aufgestellt worden waren, um Strom für den zentralen Spindelantrieb, die Motoren für die gekuppelten Trog- und Haltungstore an der oberen und der unteren Kanalhaltung, die vier Spills sowie die beiden Kreiselpumpen für die Wasserhaltung zu erzeugen und den Kanal Richtung Dortmund mit Wasser zu versorgen. 1930 waren die Maschinen verschrottet worden, als das Schiffshebewerk an das öffentliche Stromnetz angeschlossen wurde. Die digitale Präsentation bringt die Maschinen nicht nur scheinbar in den Raum zurück, sondern ermöglicht auch tiefere Einblicke in den Aufbau und die Funktionsweise der Technik.

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, der historische Maschinenbestand wird dank des beweglichen augmented Reality Monitors zum Leben erweckt

Virtuelle Reise auf dem Rhein, dem Dortmund-Ems-Kanal oder dem Rhein-Herne-Kanal

In der Ausstellung im angrenzenden Kesselhaus geht es um die Geschichte des Hebewerks und die Welt der Binnenschifffahrt. Die Besucher:innen tauchen in eine Unterwasseratmosphäre ein und begegnen einem Taucher, dessen Helm sie sich über den Kopf ziehen können. Mit viel Fingerspitzengefühl können sie außerdem versuchen, eine mit Luftpumpen betriebene Dampf­maschine in Schwung zu bringen. Auch im Kesselhaus sind viele Medien im Einsatz: Erklärvideos zeigen die Funktionsweise des Hebewerks und der Schiffsdampfmaschine. Die Besucher:innen können virtuell den Rhein, den Dortmund-Ems-Kanal oder den Rhein-Herne-Kanal bereisen und dabei die Geschwindigkeit selbst steuern. Beim digitalen Hebewerks-Spiel „Clever Skipper“ testen die Gäste ihr Wissen und können von der „Landratte“ zur „Schiffsführer:in“ aufsteigen.

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, geknackter Tresor, um 1995, und Ausstattung für einen Helmtaucher, um 1960

Viele Exponate wurden neu eingeworben. Zu den Höhepunkten gehört ein lebensgroßes Porträt von Kaiser Wilhelm II. mit dem Schiffshebewerk im Hintergrund, das 1914 für das Alte Kreishaus in Recklinghausen gemalt wurde. Daneben sind vergoldete Pokale aus dem Ratssilber der Stadt Dortmund zu sehen, die 1899 anlässlich der Eröffnung des Dortmund-Ems-Kanals gestiftet wurden. Die eindrucksvollen Fotografien, die während der Bauzeit des Hebewerks entstanden sind, werden auf einem „Touchtisch“ vorgestellt und erläutert. Das Spektrum der Exponate reicht ansonsten von Schiffsmodellen bis zu einem gesprengten Tresor, den die Diebe nach ihrer Tat im Kanal entsorgt haben.

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, Schleppermodelle

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, Tierknochen aus der Eiszeit, Funde von der Baustelle des Rhein-Herne-Kanals aus dem „Knochenkies“, zwischen 115.000 und 66.500 Jahre alt

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, Schiffsdampfmaschine

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg, digitales Hebewerks-Spiel „Clever Skipper“

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg

Das Modell aus dem Jahr 1906 ist eine Dauerleihgabe des Deutschen Technikmuseums Berlin. Bevor es seinen Platz in der neuen Dauerausstellung fand, konnte es das LWL-Industriemuseum für Filmaufnahmen noch einmal in Gang setzen. Der Film und ein Erklärvideo machen die Funktionsweise des Schwimmerhebewerks deutlich.

Das Porträt von Kaiser Wilhelm II. aus dem Jahr 1914 von Heinrich Klingenberg zeigt das Schiffshebewerk im Hintergrund

Blick in die neue Dauerausstellung im LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg

ehemalige Schachtschleuse, dahinter die Neue Schleuse. Im Hintergrund das Uniper Kohlekraftwerk Datteln IV

Uniper Kohlekraftwerk Datteln IV

Neues Hebewerk

Magnolien

Sonnenuntergang

Medienkunstfestival „Futur 21 – kunst industrie kultur“: Themenwoche „FUTUR_fortschritt“ in Waltrop

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln

Das landesweite Medienkunstfestival „Futur 21 – kunst industrie kultur“ der beiden Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR) bringt digitale Kunst in 16 Industriemuseen, mit dabei auch das Schiffshebewerk Henrichenburg in Waltrop. Von Samstag, 26. März, bis Samstag, 2. April 2022 geht es in der Festivalwoche um das Thema Fortschritt. Das LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg hat in dieser Woche täglich, auch Montag, von 10 bis 22 Uhr geöffnet. Der Eintritt ins Museum und zu allen Veranstaltungen ist kostenlos.

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln

Der Höhepunkt dieser Festivalwoche ist eine Videoprojektionsmapping-Show, die täglich nach Anbruch der Dunkelheit in der Zeit zwischen 20.15 und 22 Uhr auf die Oberhaupt-Türme und die Stahlfachwerk-Konstruktion des Denkmals projiziert wird. Sie trägt den Titel „PR(O) _reGRESS“ und wurde von Studierenden der 3D-Animation und der Dramaturgie der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) geschaffen. Licht und Ton vereinigen sich zu einer knapp halbstündigen audiovisuellen Revue mit insgesamt zwölf künstlerischen Projektionen. Mit den Mitteln der Animation nehmen sie das Fortschrittsparadigma der Moderne kritisch und künstlerisch unter die Lupe. Mal ernsthaft, mal verspielt greifen sie in kurzen Sequenzen Themen wie Ressourcenverbrauch, Klimawandel und Flucht, aber auch Zusammenhalt und Intimität auf. Die Oberhaupt-Türme des Schiffshebewerks nehmen dabei vielfältige neue Formen an: Sie verwandeln sich in Figuren, die sich die Hände reichen, und in Wasserstraßen, über die Boote gleiten. Im Laderaum des Museumsschiffes „Ostara“ ist begleitend eine Ausstellung zu sehen, die den Entstehungsprozess der Fassadenprojektion und weitere Arbeiten der Studierenden zeigt.

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln

Laserinstallation „Ever Growing Ever Given?“

In den Pausen der Videoprojektionsmapping-Show zeigen zwei Laserstrahlen am Oberwasser des Schiffshebewerkes, wie sich die Frachtschifffahrt in den letzten 100 Jahren verändert hat. Die 400 Meter weit von den Oberhaupt-Türmen bis zur historischen Hubbrücke von 1897 reichenden Laserstrahlen entsprechen der Länge eines heutigen Containerschiffes, das über mehr als 20.000 TEU (Twenty-foot Equivalent Units) Ladungskapazität verfügt – und größer ist als das gesamte historische Schiffshebewerk. Zur aktiven Zeit des alten Hebewerks hatten die damals üblichen Dortmund-Ems-Kanal-Schiffe mit einer Tragfähigkeit zwischen 600 und 750 Tonnen eine Länge von 67 Metern. Der Vergleich hinkt ein wenig, denn die größtmögliche Baulänge von Containerschiffen für Binnengewässer der Großen Containerschiff-Klasse mit einem Ladungsvermögen von bis zu 500 TEU beträgt derzeit 135 Meter. Aber er verdeutlicht die enormen Dimensionen der aktuellen Ozean-Riesen. Ein gutes Gespür für den Längenunterschied kann man sich verschaffen, indem man in den Trog des alten Schiffshebewerks hinabsteigt und den Weg von den Oberhaupt-Türmen bis zur historischen Hubbrücke zu Fuß zurücklegt.

Laserinstallation „Ever Growing Ever Given?“

Laserinstallation „Ever Growing Ever Given?“

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln

Laserinstallation „Ever Growing Ever Given?“

Laserinstallation „Ever Growing Ever Given?“

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln, „ContactFree“ von Jiwoo Kim

Fassadenprojektion „PR(O) _reGRESS“ von der Kunsthochschule für Medien Köln

Schiffshebewerk Henrichenburg

Kessel- und Maschinenhaus

Als dauerhaftes Kunstwerk soll zudem in der Maschinenhalle die Video- und Soundinstallation „Navigating through Time“ von Cristina Tarquini für dreimal 10 Minuten am Tag zu sehen sein, die im November 2021 im Rahmen von „Futur 21“ eröffnet worden war.

„Zeittunnel“

Das LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg ist in der Festivalwoche vom 26. März bis 2. April 2022 täglich von 10 bis 22 Uhr geöffnet, auch am Montag. Der Eintritt ist in dieser Zeit frei. Die temporäre Arbeit „PR(O) _reGRESS“ ist in der Festivalwoche täglich ab 20.15 Uhr zu sehen. Für den Museumsbesuch gilt die 3G-Regel (geimpft, genesen, getestet).

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