LWL-Museum für Archäologie zeigt ab 23. September Rekonstruktion von Stonehenge in Originalgröße

Fast wie das Original

Ab dem 23. September 2021 kommen Besucher:innen des LWL-Museums für Archäologie in Herne dem Stonehenge näher als dem Original. Denn der Ausstellungsraum in Herne bietet mit einer Höhe von zehn Metern und einer Fläche von 800 Quadratmetern für Kurator:innen und Gestalter:innen besondere Möglichkeiten.

„Die Halle ist eigentlich sehr klein, wenn man sich die Dimensionen von Stonehenge vor Augen führt“, sagt Erich Woschitz über das Platzangebot in der Herner Ausstellungshalle. Deswegen habe man sich auf den inneren hufeisenförmigen Steinkreis beschränkt. Dem Österreicher und seinem Architekturbüro in Wien verdankt die Schau ihr Gestaltungskonzept. Insgesamt 17 Steine (vier sogenannte Blausteine und 13 Sarsen) werden in Herne in Originalgröße nachgebaut. Der größte Stein misst sieben Meter in der Höhe, die Steinkopien sind bis zu 350 Kilogramm schwer.

Die großen „Steine“ für die neue Sonderausstellung „Stonehenge“ kommen im LWL-Archäologiemuseum an. Foto: LWL/T. Malter

Dazu wurden die originalen Steine in Südengland mit Laserscantechnik dreidimensional aufgenommen. „So wie in den Museen immer mehr digitale Formate Einzug halten, so wird auch in der Wissenschaft digitale Technik für den Erkenntnisgewinn eingesetzt. Im Fall der Stonehenge-Ausstellung nutzen die Daten beiden: der Forschung und der Vermittlung“, erläutert Dr. Doreen Mölders, Leiterin des LWL-Archäologiemuseums. Auf der Basis der 3D-Daten haben CNC-Fräsen die Steine aus einem Styroporkern herausgearbeitet. Die künstlichen Steine bekamen in mehreren Arbeitsschritten eine täuschend echte Optik und sogar Haptik: beim Anfassen spürt man die raue Oberfläche.

„Wir wollten mehr als eine reine Kulisse“, sagt Tabea Malter, wissenschaftliche Volontärin des Ausstellungsprojekts im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). „Die Rekonstruktion der naturgetreuen Steine, das bläuliche Lichtspiel am Morgen, das wärmere Lichtspiel am Abend, die himmelblauen Ausstellungswände und der grasgrüne Hallenboden - wir möchten so gut es geht an den eigentlichen Ort selbst entführen.“

Die erste Beschichtung lässt noch nicht die Struktur der Steine erkennen. In einem mehrstufigen Prozess kommen Farbe und Struktur dem Original sehr nahe. Foto: Accentform

Nicht nur die Steine

Auch Bau- und Stilelemente von Stonehenge wie zum Beispiel die Kreisgräben, also die ringförmige Grabenkonstruktion um das originale Stonehenge herum, werden in der Ausstellungshalle zu erkennen sein. Die Positionen der Vitrinen, in denen Exponate aus England und Westfalen die Entwicklung der Kulturlandschaft beider Regionen nachzeichnen, deuten die Graben- und Wallverläufe an.

„Die Achse, an der das originale Stonehenge ausgerichtet ist, spielt auch in der Ausstellung eine wichtige Rolle“, sagt Erich Woschitz. Diese Achse, mit Sicht auf den Sonnenuntergang zur Wintersonnenwende und zum Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende, empfindet die Ausstellung nach. Die Besucher:innen werden dank Lichtinszenierung und Farbgebung eintauchen können in diesen Moment, den man sonst nur zweimal im Jahr in Südengland erleben kann. Mittels einer Projektion auf vier bis sieben Metern Höhe und insgesamt 16 Metern Breite wird zudem das restliche Monument, das nicht mehr als 3D-Rekonstruktion in die Halle passt, ergänzt.

„Auf einem Podest können Besucher:innen quasi im Zentrum des Monuments stehen – das ginge am Originalschauplatz nicht“, betont Tabea Malter. Eine derart detailgetreue Rekonstruktion von Stonehenge im Maßstab 1:1 sei noch nie zuvor realisiert worden.

Tabea Malter ist wissenschaftliche Volontärin beim Ausstellungsprojekt „Stonehenge – Von Menschen und Landschaften“. Foto: LWL/F. Ross

Zur Sonderausstellung „Stonehenge – Von Menschen und Landschaften“

Vom 23. September 2021 bis zum 25. September 2022 zeigt das LWL-Museum für Archäologie in Herne die Geschichte des berühmtesten archäologischen Denkmals Europas in seiner vorgeschichtlichen Umgebung. Die Landschaft von Stonehenge wird der gleichzeitigen Entwicklung und gegenwärtigen menschengemachten Landschaften in Westfalen gegenübergestellt. Gemeinsam mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) in Wien werden die neuesten Forschungsergebnisse präsentiert.

Der berühmte Steinkreis in Südengland ist ein Beispiel für vorgeschichtliche Bau- und Ingenieurskunst und ihr Höhepunkt. Er war Teil einer rituellen Landschaft mit jahrtausendealter Geschichte. Die Tiefe dieser Geschichte wird in Herne mit der westfälischen Landschaft gestern und heute in Beziehung gesetzt. In der Ausstellung bewegen sich die Besucher:innen durch analoge und virtuell rekonstruierte Landschaften. Sie erleben die Ausmaße des Steinkreises durch detailgetreue Repliken in Originalgröße. Ausgewählte Funde der englischen und westfälischen Archäologie zeigen, mit welchen Mitteln die Landschaften geformt wurden, und bringen den Besucher:innen den prähistorischen Menschen und seine Lebenswelten näher. Mit einem Ausblick auf die moderne Industrie- und Kulturlandschaft Ruhr spannt die Ausstellung einen Bogen bis in unsere Gegenwart.

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