„Silk City Gallery“ in Krefeld

Street-Art meets Drogen- und Trinkerszene

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Wandmalerei von Alina Orav

Am 21. Juni 1972 wurde der Grundstein für ein Veranstaltungsgebäude im Zentrum von Krefeld gelegt, welches im Januar 1976 eingeweiht wurde und den Namen „Seidenweberhaus“ erhielt. Bereits gut 42 Jahre später wurde der Abriss des sanierungs- und modernisierungsbedürftigen Gebäudes entschieden, dass angeblich noch bis Ende 2024 für Veranstaltungen zur Verfügung stehen soll.

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Weltraumszene von Anna Mrzyglod, Tubuku und Gregor Wosik

Nach nicht einmal fünf Jahrzehnten ist das Seidenweberhaus am Ende der Wegstrecke angekommen: Die Tage des markanten Betonklotzes auf dem Theaterplatz sind gezählt, der Abriss ist beschlossene Sache. Doch bevor schwere Maschinen anrollen, nutzten rund 30 internationale Street-Art-Künstler das Gebäude als Impuls und Inspiration für ihre Arbeit. Vom 19. bis 25. Juli 2021 gestalteten sie es von allen Seiten als „Silk City Gallery" mit Wandgemälden, Graffiti und 3D-Kunst.

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Die Aktion bildet den Abschluss der Reihe mit Street-Art-Galerien, die vor sechs Jahren anlässlich des „Krefelder Perspektivwechsels“ vom Stadtmarketing ins Leben gerufen wurde. „Wir feiern damit den Abschied von einem Gebäude, das die Stadtgesellschaft lange begleitet hat. Der Ort bietet sich für eine künstlerische Auseinandersetzung an, gerade weil er so deutlich nach neuen Impulsen verlangt“, sagte Claire Neidhardt, Leiterin des Stadtmarketings.

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Die Künstler kommen sowohl aus Krefeld und der Region als auch aus Ländern wie Spanien, Italien, Kanada, Mexiko und der Ukraine. Manche kennen sich bereits von den früheren Projekten, andere sind erstmals dabei. Wie die künstlerische Leiterin Frederike Wouters betonte, gab es im Vorfeld des Projekts keine Absprachen. Alles entstand vor Ort aus dem Dialog zwischen den Künstlern und den Anregungen, die das Gebäude ihnen lieferte. „Wir kommen hier zusammen und werfen unsere Ideen in den Raum. Das ist ein gemeinsamer sozialer Prozess“, sagte die Kuratorin. Damit sieht sie die Aktion im Beuys-Jahr 2021 auch im Einklang mit den Ideen des großen Künstlers, der vor 100 Jahren in Krefeld geboren und gleich mehrfach in Zusammenhang mit Honig, Bienen, Hasen und Schamanismus dargestellt wurde: „Joseph Beuys hätte hier vom Formen und Gestalten der sozialen Plastik gesprochen. Und er hätte das positive Potenzial gesehen, das aus Krisen erwächst. Der Kulturbetrieb war in der Corona-Pandemie fast verstummt und meldet sich nun wieder zu Wort.“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Dazu passt auch der Gedanke, dass die Street-Art-Galerien über die Jahre aus den Randbezirken mehr und mehr ins Zentrum gewandert sind. Den Anfang machte 2015 die „Wood Art Gallery“ am Hülser Berg, zwei Jahre später gefolgt von der „Rhine Side Gallery“ am Uerdinger Rheinufer, wo inzwischen mit „Werft 765“ ein erfolgreiches Freizeitangebot für den Sommer entstanden ist. 2019 schließlich kam das Projekt im Stadtzentrum an, doch die „Down Town Gallery“ lag versteckt im unterirdischen Weltkriegsbunker unter dem Hauptbahnhof. „Jetzt sind wir in der Mitte der Stadt angekommen, mitten im öffentlichen Raum. Das ist fast eine künstlerische Stadtinvasion“, sagte Frederike Wouters und dankte der Stadt Krefeld und der Seidenweberhaus GmbH für die gute Zusammenarbeit.

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, 3D-Wandmalerei von Vanessa und Lydia Hitzfeld

An eine Stadtinvasion erinnert mich als auswärtigem Besucher auch die Tatsache, dass sich auf dem Theaterplatz rund um das Seidenweberhaus die Szene der Suchtkranken in Krefeld aufhält. Am 14. und 15. Juli 2021 ist der Theaterplatz einer intensiven Grundreinigung unterzogen worden, nach einer Nassreinigung wurden dabei Desinfektionsmittel und Geruchshemmer aufgebracht. Damit sollten die Geruchsbelästigungen deutlich reduziert werden. Die Reinigung liegt nun drei Wochen zurück, und um ehrlich zu sein, ein Betreten der Treppenauf- und abgänge ist m. E. nur mit einer Atem­schutz­voll­maske mit Filter (auch als Gasmaske bekannt) zu empfehlen, die in der COVID-19-Pandemie üblichen FFP2-Masken helfen da nicht weiter. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie Veranstaltungsbesucher im Seidenweberhaus auf diesen Zustand reagieren. Unter diesen Gesichtspunkten halte ich es für ziemlich mutig, ausgerechnet diesen Platz mit der Aktion „Silk City Gallery" in den Fokus zu rücken.

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Wandmalerei von Eduardo Relero

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Wandmalerei von Eduardo Relero

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Wandmalerei von Cuboliquido

Seidenweberhaus. „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, „Seidenspinner“ von Melina Berg und Julie Kirk Purcell

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Wandmalerei von Tubuku

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery", Wandmalerei von Kerim Mušanović

Seidenweberhaus, Treppenauf-/abgang, leider zeigen Fotos keinen olfaktorischen Eindruck

Seidenweberhaus. „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, Wandmalerei von Tiberio Mazzochi

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“, „Last time to change“ von Marion Ruthardt

Seidenweberhaus, „Silk City Gallery“

Theater Krefeld

„Dante Alighieri“ (1964/65) von Giannino Castiglioni

Der Werbeslogan „Kunst ist, was bleibt“ auf einer Straßenbahn nur wenige Schritte vom Seidenweberhaus entfernt erinnert einen an die Vergänglichkeit von Street-Art, unabhängig davon, ob sie übermalt wird oder durch den Abriss von Gebäuden wieder verschwindet.

„Kunst ist, was bleibt“, Werbung für die Kunstausstellung „DIE GROSSE 20/21“ in Düsseldorf auf einer Straßenbahn

Das Behnisch-Haus wurde 1999 bis 2002 nach Plänen des Architekten Günter Behnisch (* 12. Juni 1922 in Lockwitz, † 12. Juli 2010 in Stuttgart) realisiert, der durch den Bau des Olympiageländes in München weltweit bekannt wurde.

Behnisch-Haus

Pfarrkirche St. Dionysius

Abriss der Traditionsgaststätte „Et Bröckske“, Ecke Wiedenhofstraße/Marktstraße

Von der Traditionsgaststätte „Et Bröckske“ sollen nur die denkmalgeschützte Fassade und der Gewölbekeller erhalten bleiben, bis Mitte 2022 soll an gleicher Stelle ein Neubau fertiggestellt werden, der im Erdgeschoss Platz für Gastronomie und Einzelhandel bieten soll.

Abriss der Traditionsgaststätte „Et Bröckske“, Ecke Wiedenhofstraße/Marktstraße

Am 8. August 2021 war letztmalig Modedesign und textile Kunst von 22 Jungdesignerinnen und -designern im Rahmen der diesjährigen „Krefelder Laufmasche“ in temporären Bauateliers mitten in der Stadt zu sehen.

Baucontainer „Krefelder Laufmasche“

Sonnenblume

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