Buchbesprechung: „Pandemien – Corona und die neuen globalen Infektionskrankheiten“

Neuerscheinung aus der Reihe „C. H. Beck Wissen“

„Da ist guter Rat teuer“ sagt man, wenn man ratlos ist. In Bezug auf die Eindämmung der COVID-19-Pandemie raten Experten unterschiedlicher Fachrichtungen zu den unterschiedlichsten Strategien, da wundert es nicht, dass sich Coronaschutzmaßnahmen nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland von Bundesland zu Bundesland unterscheiden. In dem in der Reihe „C. H. Beck Wissen“ unter dem Titel „Pandemien – Corona und die neuen globalen Infektionskrankheiten“ erschienenen Büchlein gibt Jörg Hacker in den elf Kapiteln „Zur Geschichte von Infektionen und Pandemien“, „Neue pandemische Mikroorganismen: Beispiele und Szenarien“, „Pandemien und Grundlagenforschung“, „Zoonotische Erreger – One Health, Global Health“, Was Pandemien mit dem Anthropozän zu tun haben“, „Zur Eingrenzung von Pandemien“, „Digitalisierung im Kampf gegen Pandemien“, „Pandemieforschung und ‚Dual Use‘“, „Wissenschaftskommunikation in der Corona-Krise“, „Wirtschaft und Gesellschaft in der Pandemie“ und „Pandemie und ethische Fragestellungen“ in konzentrierter Form allgemeinverständlich einen Überblick über das Thema, das augenblicklich in aller Munde ist.

Seit dem ersten Auftreten des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich das Infektionsgeschehen und die durch das Virus verursachten Infektionskrankheit coronavirus disease 2019 als Folge der Globalisierung und der zunehmenden Mobilität immer größerer Teile der Bevölkerung von der Epidemie über eine internationale Gesundheitsnotlage zur Pandemie entwickelt, die am 11. März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen wurde. Dabei handelt es sich um eine Länder und Kontinente übergreifende Ausbreitung einer Krankheit beim Menschen. Bis 5. April 2021 gibt es nach Angaben der Johns Hopkins University in Baltimore weltweit mehr als 131,4 Millionen Infizierte und mehr als 2,8 Millionen an oder in Verbindung mit COVID-19 Verstorbene. Allein in Deutschland gibt es nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) mehr als 2,9 Millionen Infizierte und mehr als 77.000 an oder in Verbindung mit COVID-19 Verstorbene. Dementsprechend ist auch die Forschung im Fluss, bisher wurden 14.847 Artikel zum neuartigem Coronavirus bzw. zu der auf den beiden Preprint-Servern medRxiv und BioRxiv veröffentlicht. Dadurch erhalten Wissenschaftler auf der ganzen Welt schnell Zugang zu neuem Wissen, auch wenn der Inhalt möglicherweise nicht so zuverlässig ist wie vor der Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift begutachtete Studien. „Pandemien“ von Jörg Hacker unter Mitarbeit von Sandra Kumm, wissenschaftliche Referentin des Präsidenten der Leopoldina, gibt den Stand der Pandemie von Mitte Januar wieder.

Spezifische Nachweisverfahren wie Antigentest und ein Test auf Grundlage der Polymerase-Kettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR) sind die besten Voraussetzungen zur Unterbrechung von Infektionsketten und damit zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie, Impfstoffe haben sich allgemein als verlässlichste Strategie gegen Epidemien und Pandemien erwiesen. Die Impfkampagne in Deutschland stand Mitte Januar 2021 gerade erst am Anfang, die Impfzentren hatten ihren Betrieb noch gar nicht aufgenommen, dementsprechend ist die Problematik des anfänglich knappen Impfstoffs in dem vorliegenden Taschenbuch noch nicht erörtert. Daneben gehören Hygienemaßnahmen zu den wirksamsten vorsorglichen Methoden, um Infektionskrankheiten zu verhindern. Im Fall von COVID-19 sind dies Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmaske tragen und regelmäßiges Lüften (AHA+L). (Zwischenzeitlich wurde die Maskenpflicht dahingehend verschärft, dass in bestimmten Bereichen medizinische Masken bzw. FFP-2-Atemschutzmasken zu tragen sind.) Therapeutika sind ebenfalls zur Eindämmung von Krankheitserregern geeignet, im Oktober 2020 hat die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (Food and Drug Administration, FDA) Remdesivir von Gilead Sciences offiziell zur Behandlung von COVID-19-Patienten zugelassen, da es lt. US-Studien zu einer verkürzten Genesungszeit führt. Allerdings konnte lt. WHO keine Verringerung der Mortalitätsrate nachgewiesen werden. Jörg Hacker beleuchtet auch die Auswirkungen der Pandemie auf Wirtschaft und Gesellschaft und empfiehlt, die Wirtschaft nicht nur durch Konjunkturmaßnahmen zu stützen, sondern die Pandemie als Chance für nachhaltiges Wirtschaften zu nutzen. Weiterhin appelliert er, die Digitalisierung im nationalen und internationalen Kontext voranzutreiben und nicht aus den Augen zu verlieren, dass die Pandemiebekämpfung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe bleibe.

Der Autor

Jörg Hacker (* 1952 in Grevesmühlen, Mecklenburg-Vorpommern) studierte an der Martin-Luther-Universität Halle (Saale) Biologie und promovierte 1979 mit der Dissertation „Genetische Untersuchungen zur Virulenz von Salmonella typhimurium mit Hilfe von F-prime-Plasmiden“. 1986 habilitierte er sich an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg mit der Habilitationsschrift „Virulenzfaktoren extraintestinaler Escherichia coli-Stämme Epidemiologie, Genetik und medizinische Bedeutung“ für Mikrobiologie. Von 1988 bis 1993 hatte er dort eine C3-Professur für Mikrobiologie inne, 1993 wecheslte er als C4-Professor an das Institut für Molekulare Infektionsbiologie, dem er bis 2008 vorstand. Von 2008 bis 2010 war Jörg Hacker Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), sein Nachfolger von 2010 bis 2015 war Reinhard Burger. Seit dem 1. März 2015 wird es von Lothar H. Wieler geleitet. Von März 2010 bis Februar 2020 war Jörg Hacker Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, seit 1. März 2020 ist Gerald Haug deren Präsident. Jörg Hacker wurde 2009 mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Cover „Pandemien – Corona und die neuen globalen Infektionskrankheiten“. © Verlag C. H. Beck oHG, München 2021

„Pandemien – Corona und die neuen globalen Infektionskrankheiten“
Autor Jörg Hacker
128 Seiten, mit 16 Abbildungen und 5 Tabellen, Softcover
Erschienen im Verlag C. H. Beck oHG, München
18. März 2021
ISBN 978-3-406-75792-1
9,95 € (D) / 10,30 € (AT)

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