Theaterangebote in Zeiten der COVID-19-Pandemie

Streaming gegen social distancing

Zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurde in vielen Bundesländern ein weitreichendes Kontaktverbot erlassen, wonach Zusammenkünfte und Ansammlungen in der Öffentlichkeit von mehr als zwei Personen untersagt sind. Dank moderner Informationstechnologie muss die Kommunikation darunter aber keinesfalls eingeschränkt werden: Seit der Einführung Ende der 1990er-Jahre haben sich Instant-Messaging-Dienste zu einem der meistgenutzten Dienste auf Mobilgeräten entwickelt. Doch das World Wide Web kann natürlich noch sehr viel mehr: Nach einer Schätzung von 2019 ist das Streaming von Video- und Audiodaten für 80 % der Zunahme des globalen Datenverkehrs verantwortlich und verbraucht nebenher auch noch enorme Energiemengen. Aber was soll’s, einen Tod stirbt man bekanntlich immer, und so werden kulturelle Angebote in Zeiten der COVID-19-Pandemie zunehmend digital verbreitet. Das reicht von virtuellen Museumsrundgängen über Gratis-Downloads sonst kostenpflichtiger Filme bis hin zur Übertragung ganzer Theatervorstellungen.

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

So bietet beispielsweise das Musiktheater im Revier am 27. März 2020 um 18 Uhr auf seiner Homepage und seinem Facebook-Account das musikalische Puppentheater „Der gestiefelte Kater“ von Peter Francesco Marino, ein musikalisches Märchen für ein Holzbläserquintett und eine Puppe auf 4 Pfoten, nebst erzählenden Dingen und Objekten für Kinder ab 5 als Livestream an, das in der Spielzeit 2018/2019 am Musiktheater im Revier (Premiere 2. Dezember 2018, Regie Astrid Griesbach) mit Gloria Iberl-Thieme, Josephine Hock und Linda Mattern als Puppenspielerinnen aufgeführt wurde. Es handelt sich natürlich nicht um eine Live-Übertragung, denn das Theater ist wie alle anderen Theater in Deutschland augenblicklich geschlossen und sogar der Probenbetrieb wurde ausgesetzt. Vielmehr wird eine Aufzeichnung der Produktion im Kleinen Haus gestreamt. In der Regel werden am Theater alle Produktionen zu Dokumentationszwecken aufgezeichnet, aber diese Aufzeichnungen sind nur zum internen Gebrauch bestimmt.

Musiktheater im Revier, „Der gestiefelte Kater“. Foto: Judith Lorenz

Was ist verblüffender als ein sprechender Kater? Ausgerechnet der Kater, der dem jüngsten Müllersohn als einziges Erbteil geblieben ist. Und was kann noch verblüffender sein, als der Wunsch eben jenes Katers, der Müllersohn möge ihm von seinem letzten Geld ein Paar Stiefel machen lassen? Damit genau dieser Kater dann auf zwei Beinen aus der Mühle marschiert und dem verwunderten Müllersohn bedeutet, er solle sich ruhig auf ihn verlassen… Wie pfiffig der Kater allerdings ist, und wie schlau er das Schicksal des Müllersohns und damit sein eigenes in die Hand nimmt, stellt sich heraus, als er für den König so viele Rebhühner fängt, wie niemand jemals zuvor und dafür reichlich mit Gold belohnt wird. Auch die Gelegenheit einer Spazierfahrt des Königs weiß der Kater zu nutzen, indem er seinem Herrn beim Bad im See die Kleidung stiehlt, um dann dem vorbeifahrenden König den Müllersohn als bestohlenen Grafen vorzustellen… Aber das alles ist natürlich nichts gegen den Kampf des Katers mit dem Zauberer, der am Ende aus dem Müllersohn einen König und aus dem Kater seinen Minister werden lässt…

Weitere Videos aus dem Musiktheater im Revier in Zeiten der COVID-19-Pandemie finden Sie unter mir.ruhr/alternativ

Theater Hagen

Das Theater Hagen bietet auf seiner Homepage ein online-Programm als „Couch-Theater“ an. Das digitale Kulturerlebnis umfasst u. a. einen Blick hinter die Kulissen unter dem Titel „Neues von der Hinterbühne“, Kulturcafés mit Generalmusikdirektor Joseph Trafton und Konzertdramaturg Fabian Bell, Training für Zuhause unter dem Motto „Tanzen zwischen Stuhllehne und Küchentisch“, „Hausmusik“ des Philharmonischen Orchesters sowie Bastel-, Hör- und Spielaktionen zu Lutz-Produktionen mit „Das Lutz fürs Kinderzimmer“.

„Zar und Zimmermann“, Theater Hagen, Markus Jaursch, Richard van Gemert, Sebastian Joest, Chor und Extrachor. Foto: Klaus Lefebvre

„Streamen“ von Inhalten ist jedoch nicht so einfach wie man auf den ersten Blick denken mag, manche Verlage verlangen selbst für das nicht-kommerzielle Ins-Netz-Stellen einer Produktion, die ihr Notenmaterial verwendet hat, unverschämt hohe Summen. Ungeachtet dessen werden im „Couch-Theater“ u. a. am 28. März 2020 um 19.30 Uhr die Aufzeichnung der Generalprobe von „Zar und Zimmermann“ von Albert Lortzing in der Inszenierung von Holger Potocki (Premiere 1. Februar 2020) und am 4. April 2020 um 19.30 Uhr die Aufzeichnung der Generalprobe von „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare in der Inszenierung von Francis Hüsers (Premiere 4. Januar 2020) gezeigt. Die Aufzeichnungen bleiben 7 Tage online. Unter Vorbehalt wird am 11. April 2020 um 19.30 Uhr die Aufzeichnung der Generalprobe von „Der Graf von Luxemburg“ von Franz Lehár in der Inszenierung von Roland Hüve (Premiere 26. Oktober 2019) gezeigt.

Das komplette online-Programm des Theaters Hagen finden Sie unter theaterhagen.de

Schlosstheater Moers

Das Schlosstheater Moers bietet ebenfalls einen online Spielplan an. Am 28. März 2020 ist von 18 bis 24 Uhr auf www.schlosstheater-moers.de ein Video-Mitschnitt der Komödie „Zur schönen Aussicht“ von Ödön von Horváth in der Inszenierung von Ulrich Greb zu sehen, und vom 3. April 2020 18 Uhr bis 4. April 2020 18 Uhr wird auf www.nachtkritik.de ein Video-Mitschnitt von „Die Mutter aller Fragen oder 25 Rollen, die eine Frau niemals spielen sollte“ in der Inszenierung von Susanne Zaun gezeigt.

Vereinigte Bühnen Bozen

Die Vereinigten Bühnen Bozen haben ebenfalls diverse Aufzeichnungen vergangener Spielzeiten ins Netz gestellt, u. a. das Musical „Sunset Boulevard“ von Andrew Lloyd Webber (Musik), Don Black und Christopher Hampton (Buch und Gesangstexte) nach dem Spielfilm von Billy Wilder in einer Inszenierung von Rudolf Frey (Premiere 16. Mai 2019) mit Maya Hakvoort (Norma Desmond), Dominik Hees (Joe Gillis), Merle Hoch (Betty Schaefer), Erwin Belakowitsch (Max von Mayerling), Lukas Lobis (Cecil B. De Mille), Alexander Auler (Artie Green), Nico Schweers (Manfred) u. a., die Komödie „Sonny Boys“ von Neil Simon in einer Inszenierung von Alexander Kratzer (Premiere 20. Oktober 2018) oder „Michael Kohlhaas“ nach der Novelle von Heinrich von Kleist in einer Inszenierung von Alexander Kratzer (Premiere 10. Januar 2015).

Alle Aufzeichungen der Vereinigten Bühnen Bozen unter www.theater-bozen.it

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