Von Menschen als Katzen und Katzen als Menschen: Die Rückkehr von „Cats“ nach Wien

Alexander Auler und Felix Martin im Gespräch

Von Gregor-Anatol Bockstefl

Alexander Auler (*1993 in Gütersloh) schloss im Sommer 2019 sein Studium im Studiengang Musical/Show an der Universität der Künste Berlin ab. Noch während seines Studiums war er an der Neuköllner Oper Berlin als Polizist Stefan in „Welcome to Hell“ (Premiere 15. März 2018) in der Inszenierung von Peter Lund sowie bei den Vereinigten Bühnen Bozen als Artie Green in „Sunset Boulevard“ (Premiere 16. Mai 2019) in der Inszenierung von Rudolf Frey zu sehen. Seit 20. September 2019 steht Alexander Auler als Munkustrap auf der Bühne des Ronacher.

„Cats“, Alexander Auler (Munkustrap). © VBW/Deen van Meer

Wie ich Deiner Biographie entnommen habe, ist Dein Engagement als „Munkustrap“ in „Cats“ in Wien nach „Sunset Boulevard“ in Bozen Dein erstes großes Engagement nach dem Abschluss Deines Musicalstudiums. Wie fühlt es sich an, bei einem Stück, das den Musicalboom im deutschsprachigen Raum überhaupt erst so richtig ausgelöst hat, dabei zu sein?
Alexander Auler: Es ist eine sehr große Freude und Ehre. Es ist eine große Aufgabe, wenn man an die Vorgänger, wie Steve Barton, denkt. Das sind große Fußstapfen, in die man tritt. Es macht wahnsinnig viel Spaß und ich freue mich sehr darauf. Ich bin dankbar, dass es direkt nach dem Studium so losgeht.

So kurz vor der Premiere: überwiegt die Vorfreude oder die Nervosität?
Alexander Auler: Es überwiegt die Vorfreude vor der Nervosität. Man hat ja geprobt und weiß, was man zu tun hat.

Es wird immer davon gesprochen, dass „Cats“ gerade deshalb für die Darsteller so anspruchsvoll ist, da es die drei Sparten Tanz, Gesang und Schauspiel gleichwertig vereinigt. Kannst Du das bestätigen?
Alexander Auler: Dafür wollen wir den Beruf machen, dass wir alle drei Disziplinen vereinen. Das Stück ist ein Paradebeispiel, dass das auch funktioniert und großen Erfolg haben kann.

Alexander Auler

Was ist dabei die besondere Herausforderung?
Alexander Auler: Der Text ist ja ausschließlich von T. S. Eliot und alles, was in den kleinen Improvisationen zwischen den Szenen passiert, geschieht spontan im Moment. Man muss darauf reagieren, ohne Wörter zu benutzen und sich immer wieder bewusst werden, ich bin eine Katze, dann kommt eine Choreographie und dann wieder Gesang, das ist sehr abwechslungsreich.

Wie siehst Du die Rolle des „Munkustrap“? Als Katze oder doch eher als Mensch?
Alexander Auler: Das ist in der Tat immer noch eine schwere Nuss. Ich habe viele Sequenzen, wo ich aufrecht bin, da „Munkustrap“ Größe und Autorität ausstrahlen soll, aber meine Beine sind immer gebeugt im Plié. Die Katzenvideos, die man kennt, strahlen eher weniger Autorität aus (lacht). Man muss ein Bewusstsein dafür bekommen: Wie bewege ich meine Hand, meinen Kopf? Wie höre ich als Katze, was macht dabei der Nacken? Ich denke wir werden das ganze Jahr, das wir „Cats“ in Wien spielen werden, noch viel entdecken.


Peter Weck holte Felix Martin (*1964 in Hamburg) 1988 für die deutschsprachige Erstaufführung von „Les Misérables“ als Marius ans Wiener Raimund Theater, bevor er ihn 1990 als Prof. Spiegelclown für die Welturaufführung von „Freudiana“ besetzte. In der Inszenierung von Harry Kupfer übernahm Felix Martin am Theater an der Wien die Rolle des Todes, die er später auch am Berliner Theater des Westens und am Theater 11 in Zürich spielte. Im Theater Neue Flora in Hamburg war er als Fürsterzbischof Colloredo in „Mozart!“ in der Inszenierung von Harry Kupfer zu sehen, und am Wiener Ronacher stand er zuletzt als Juan Perón in „Evita“ in der Inszenierung von Vincent Paterson auf der Bühne. Seit 20. September 2019 ist Felix Martin in den Rollen Gus/Growltiger und Bustopher Jones am Ronacher zu sehen.

„Cats“, Felix Martin (Gus) und Barbara Obermeier (Jellylorum). © VBW/Deen van Meer

Wann war Deine erste Begegnung mit dem Musical „Cats“?
Felix Martin: Ich habe die Dernière von „Cats“ im Ronacher in Wien gesehen. Ich hätte damals niemals geträumt, dass ich einmal „Cats“, in genau diesem Haus, spiele werde. Ich hatte zu dieser Zeit in Wien gerade Marius in „Les Misérables“ gespielt. Das war alles sehr aufregend, denn „Les Misérables“ war damals noch nicht das „Les Misérables“, wie man es heute kennt. Danach habe ich in „Freudiana“ und den Tod in „Elisabeth“ gespielt. Vor zwei Jahren war ich bei „Evita“ im Ronacher dabei. Ich habe eine lange Beziehung zu Wien, ich hatte ja in Wien ab 1983 am Max-Reinhardt-Seminar studiert.

Hat es eine Berechtigung, dass „Cats“ wieder in Wien gespielt wird?
Felix Martin: Dass die Leute so einen „Gusto“ darauf haben, „Cats“ wiederzusehen, hätte ich nicht erwartet und ist auch nicht selbstverständlich. Aber es werden so viele Erinnerungen bei den Leuten wach. Es kommen die Kinder von damals, oft mit ihren Kindern. Es gefällt mir, dass es ein Familienstück ist.

Die Szene „Growltiger’s letzter Kampf“ wird in Wien in einer neuen Version gezeigt.
Felix Martin: Mir gefällt die neue Szene, die Gus in seiner Vision hat. Zuerst eine Swing-Sequenz und dann plötzlich eine Opernarie, dich ich gemeinsam mit der wunderbaren Barbara Obermeier als Griddlebone singe. Diese Szene war erstmals in Paris vor drei Jahren zu sehen, manchmal wird die Vision auch gar nicht gezeigt. Das Leading-Team hat an der Szene lange gearbeitet. Jetzt haben sie die Version gefunden, die ihnen gefällt.

Gibt es bei allen Vorgaben der Inszenierung auch Freiräume für die jeweiligen Darsteller?
Felix Martin: Trevor Nunn und Chrissie Cartwright sind sehr offen. Sie wissen, was sie wollen, aber sie lassen es auch zu, dass wir etwas anbieten. Und man kann einiges anbieten, es ist nicht nur ein Abspielen.

Felix Martin

Spielst Du nur die Rolle des Gus/Growltiger bzw. Bustopher Jones oder bist Du auch im Ensemble?
Felix Martin: Das ist das Prinzip bei Trevor Nunn, da sind die Leute immer im Ensemble, wenn sie nicht gerade dran sind. Bei „Les Misérables“ ist das auch so, da sind zum Beispiel Marius und Enjolras auch im Ensemble, bevor sie ihre großen Auftritte haben. Ich tanze bei „Cats“ sogar das Opening! Am Anfang ist auch Grizabella dabei. Der Gedanke dabei ist, dass das Team dadurch zusammengebracht werden soll. Dieses Gemeinschaftsgefühl bemerkt man dann auch.

Man sagt immer wieder, dass bei „Cats“ das Stück der eigentliche Star ist, nicht der eine oder andere Darsteller.
Felix Martin: Ja, das ist so schön. Bei „Cats“ hat jede Katze seine eigene Geschichte, das merkt man schon an der Bewegung, am Kostüm, an der Perücke…

Wie hast Du Dich auf Deine Rolle als „Katze“ vorbereitet?
Felix Martin: Ich habe zum Beispiel Katzen bei Freunden beobachtet: Man darf nie gerade stehen, man muss etwas schnuppern und immer auf dem Sprung sein...

Aber jede Katze ist in diesem Stück auch wieder ein Mensch…
Felix Martin: Man erkennt, dass die Katzencharaktere sehr menschlich sind. Die ausgestoßene Katze Grizabella, die in der Gosse gelandet ist, da sie getrunken hat, das ist wie in unserer Gesellschaft. Der Moment der Vergebung zum Schluss, das Zurückkommen in die Gesellschaft – das macht die Geschichte humanistisch und sehr emotional.

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