„Let the music play“

„Musik ward störend oft empfunden, solange nicht Hi-Fi erfunden“

Kreuzeskirche, Westansicht

Rebecca Steidel (24) und Lisa Katharina Schumacher (23) sind womöglich durch die Aufführungen von „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“ im Colosseum Theater Essen (Premiere 13. Dezember 1996) von der gefährlichen „Musicalitis“ befallen worden, was ganz erstaunlich ist, denn dieses Musical wurde nur bis 12. Dezember 1999 dort aufgeführt. Jedenfalls geben beide das Stück als Initialzündung für ihre Leidenschaft für das Genre an. 20 Jahre später sind die beiden dem Genre in ihrer Freizeit treu geblieben, nehmen privaten Gesangsunterricht und treten seit einigen Jahren mit eigenen Konzerten auf.

Am 31. März 2019 stand ihr Konzert mit dem Titel „Let the music play“ in der Kreuzeskirche in Essen auf dem Programm, bei dem sie von der gebürtigen Weißrussin Veronika Heise am Flügel begleitet wurden. Und da die Musicalwelt bekanntlich nicht nur aus Frauenrollen besteht, hatten sie sich Stefan Zebrowski als „Special Guest“ für die Männerrollen in ihrem Konzert eingeladen. Die Songauswahl reichte von den Broadwayklassikern wie „Somewhere“ aus Leonard Bernsteins „West Side Story“ und „All that Jazz“ aus John Kanders „Chicago“ über die Andrew Lloyd Webber-Klassiker mit „Rainbow high“ aus „Evita“ und „Denk an mich“ aus „Das Phantom der Oper“, die Drama-Musicals von Michael Kunze und Sylvester Levay mit „Ich gehör nur mir“ und „Wenn ich tanzen will“ aus „Elisabeth“ und „Mrs. de Winter bin ich!“ aus „Rebecca“ bis hin zu neuesten Werken aus dem Genre wie „Wenn ich träum“ („In my dreams“ in einer Übersetzung von Rebecca Steidel) aus „Anastasia“ von Stephen Flaherty oder „When the music played“, „It comes as no surprise“ und „On the edge of time“ aus „Doctor Zhivago“ von Lucy Simon u. v. a.

Insgesamt umfasste das Programm 24 Songs und zwei Zugaben, und man kann sich leicht vorstellen, wie viel Zeit und Mühe die Beteiligten in die Vorbereitungen für dieses Konzert investiert haben. Und dann so etwas! Einfach nur ärgerlich. „Musik ward störend oft empfunden, solange nicht Hi-Fi erfunden“, mag man frei nach Wilhelm Busch reimen, wenn einem bei einem Konzert ein völlig dumpfer Klang um die Ohren gehauen wird. Dass es in der Kreuzeskirche besser geht, hatte ich selbst schon bei einem Konzert von Rafael Cortés erlebt, dort war auch niemand auf die Idee gekommen, Mikroports zu verwenden. Selbige werden zwar bereits seit den 1970er-Jahren im Theater eingesetzt, sollten also eigentlich technisch ausgereift sein. Aber in diesem Fall wurden die Stimmen der beiden Solistinnen einfach nur dumpf von den Lautsprechern wiedergegeben, teilweise auch noch von ärgerlichen Rückkopplungen überlagert. Dass es auch anders geht, davon konnte sich jeder selbst bei den von Stefan Zebrowski dargebotenen Songs überzeugen, der ein Handmikrofon benutzt hat. Welch eine Wohltat im Vergleich zu den dumpf wiedergegebenen Stimmen von Rebecca Steidel und Lisa Katharina Schumacher.

Nun könnte man mir vorwerfen, ich habe womöglich auf meinen Ohren gesessen und solle dringend einen Ohrenarzt aufsuchen, aber wenn im direkten Vergleich von Mikroport und Handmikrofon ersteres so viel schlechter abschneidet, dann dürfte womöglich mein Hörvermögen zumindest noch für die Beurteilung der Sachlage ausreichend sein. Schade für die beiden Solistinnen, deren Können und Mühen durch banale Technik derartig schlecht zur Geltung kamen.

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