Das Theater St. Gallen bringt den Bestseller „Wüstenblume“ als Musical auf die Bühne

Uraufführung am 22. Februar 2020

„Wüstenblume“ – nach dem Bestseller „Desert Flower: The Extraordinary Journey of a Desert Nomad“ (1998) von Waris Dirie; Musik: Uwe-Fahrenkrog-Petersen; Liedtexte: Frank Ramond; Buch, Inszenierung: Gil Mehmert; Choreografie: Jonathan Huor; Bühne: Christopher Barreca; Kostüme: Claudio Pohle; Video: Austin Switser; Dramaturgie: Caroline Gamaschke; Orchestrierung: Alberto Mompellio; Arrangements: Koen Schoots; Musikalische Leitung Christoph Bönecker. Darsteller: Kerry Jean (Waris Dirie, somalisches Model), Naomi Simmonds (Waris als Teenager u. a.), Terja Diava (Waris’ Mutter/Tante Maruim u. a.), Lara de Toscano (Schwester Aman/Beamtin u. a.), Dionne Wudu (Marilyn/Hexe u. a.), Cedric Lee Bradley (Vater/Onkel Mohammed u. a.), Daniel Dodd-Ellis (Dana/Chauffeur u. a.), David Rodríguez-Yanez (Cousin Haji/Bräutigam u. a.), Susanna Panzner (Veronica, Agentin/Verkäuferin u. a.), Tim Hüning (Mr. Wheeler/McDonald’s-Manager u. a.), Markus Schneider (Regisseur/Terence Donovan u. a.), Jogi Kaiser (Malcolm/Mr. O’Sullivan u. a.), Jurriaan Bles (Model/Assistent u. a.), Andreas Nützl (Model/Geoffrey u. a.), Elise Doorn (Model/Passantin u. a.), Amaya Keller (Krankenschwester/Model u. a.), Gianmarco Rostetter (Kameramann/Model u. a.), Perry Sidi (Bauarbeiter/Musiker u. a.), Ben Cox (Händler/Bauarbeiter u. a.). Uraufführung: 22. Februar 2020, Theater St. Gallen.

Der Bestseller „Wüstenblume“ von Waris Dirie (*1965 in Galkayo, Somalia) kommt auf die Bühne. Aus der berührenden Geschichte vom somalischen Nomadenmädchen, das zum Supermodel und zum Symbol für die Stärke der Frauen wurde, haben Gil Mehmert (Buch) und Uwe Fahrenkrog-Petersen (Musik) ein Musical geschrieben, das am 22. Februar 2020 am Theater St. Gallen seine Uraufführung erleben wird. Bei der Pressepräsentation im Beisein von Waris Dirie stellten die Verantwortlichen die Produktion vor. Francisca Urio sang erste Kostproben.

Die Geschichte vom Nomadenmädchen, das vor der Zwangsheirat aus Somalia flieht und in London zum Topmodel, aber auch zur engagierten Kämpferin gegen die weibliche Genitalverstümmelung wird, berührte die Menschen weltweit. Das autobiografische Buch „Desert Flower: The Extraordinary Journey of a Desert Nomad“ (William Morrow Pub, 1998) von Waris Dirie wurde in den 1990er-Jahren zum Bestseller, 2009 stieß auch die Verfilmung mit Liya Kebede (Waris Dirie) in der Regie von Sherry Hormann auf großes Echo. Nun kommt die Geschichte als Musicalproduktion des Theaters St. Gallen auf die Bühne. Sie ist ein Plädoyer dafür, dass es sich lohnt, sein Schicksal nicht einfach als gegeben zu betrachten, sondern dagegen zu kämpfen. „Mit diesem Stück wollen wir vor allem jungen Menschen und insbesondere Mädchen und Frauen Mut machen und zeigen, dass das Schicksal überwunden werden kann, wenn der Wille, die Kraft und die Energie da sind. Waris Dirie lebt diese Haltung vor“, sagte Werner Signer, der Geschäftsführende Direktor des Theaters St. Gallen, an der Medienorientierung.

Die Dramaturgie von Wüstenblume als Musical orientiert sich bewusst nicht am Drehbuch der Verfilmung, auch wenn hier durchaus gute Entscheidungen zugunsten einer Dramatisierung der Geschichte getroffen wurden, sondern folgt den Kriterien einer Musicaltheater-spezifischen Umsetzung, die die Verdichtung der genannten Themen in bewegende Balladenmomente, aber auch wirkungsvoll choreografierte Production-Nummern ermöglicht. Gerade die besonderen Erzählebenen des Genres Musical mit seinen zahleichen Ausdrucksmitteln Schauspiel, Gesang, Tanz und prägendem Set- und Kostümdesign eignen sich herausragend, um der Komplexität der Geschichte in poetischer Weise gerecht zu werden und der charismatischen Titelfigur, ihrem besonderen Verhältnis zum Wirken der Natur, ihrer unbändigen Energie, ihren intimen Verletzungen, ihrer Kraft und ihrer Schönheit eine Bühne zu geben.

Pressepräsentation „Wüstenblume“, Werner Signer, Christoph Bönecker, Alberto Mompellio, Uwe Fahrenkrog-Petersen, Waris Dirie, Gil Mehmert, Frank Ramond, Francisca Urio und Peter Heilker. Foto: Anna-Tina Eberhard

Da Waris Dirie selbst mit ihrem Filmcharakter hadert, dessen Charme von liebenswerter Naivität geprägt ist, soll die musikalische Bühnenfassung gerade auch ihre rebellische Seite und ihr außergewöhnliches Durchhaltevermögen zeigen, um ihrer manchmal geradezu anarchischen Kraft gerecht zu werden. Dabei sollen Bewegung und Tanz in jedem Sinne die Erzählweise prägen. Das Durchqueren der Wüste, die Hektik auf den Straßen der Großstadt, das Treiben in der Küche im Diplomatenhaushalt, die Energie im Schnellrestaurant, das Posieren vor der Kamera, die Eleganz auf dem Laufsteg, das Entdecken der Freiheit im Tanzclub, der Rhythmus im Jazzclub, die Spannung am Rednerpult: Immer verhält sich der Körper auf besondere Weise, die eine virtuose Umsetzung von Motorik in Tanz und Choreografie herausfordert.

Um aus dem zeitlichen Abstand des Musicals zur Entstehung des Buches und auch zum Film einen dramaturgischen Mehrwert zu ziehen, soll ein weiteres Motiv eine Rolle spielen, das während der letzten Jahre durch weitere Publikationen von Waris Dirie einen wichtigen Stellenwert eingenommen hat: Der Wunsch der Protagonistin, Heimat zu finden, anzukommen in der Welt und auch bei sich – insbesondere in der Aussöhnung mit den Traditionen ihres Kontinents, mit denen sie auf vielen Ebenen in ständiger Auseinandersetzung lebt.

In der Endversion des Filmes wurde eine wichtige Szene ihres Lebens letztlich ausgelassen: Die Rückkehr der Protagonistin nach Afrika in Begleitung des BBC-Dokumentations-Teams, mit dem Ziel, Waris Dirie dort mit ihrer Mutter zu vereinen, die sie nach ihrer abenteuerlichen Flucht fast zwanzig Jahre zuvor nicht mehr gesehen hat. Dieses Unterfangen stellte sich als schwer heraus, da zwar viele somalische Frauen bei der Landung des Flugzeuges auftauchten, die sich in der Hoffnung auf ein Honorar als Mutter des Supermodels präsentieren wollten, aber Waris Diries wahre Mutter zunächst nicht aufzufinden war.

Pressepräsentation „Wüstenblume“, Waris Dirie. Foto: Anna-Tina Eberhard

Für die Musik des Musicals Wüstenblume ist Uwe Fahrenkrog-Petersen verantwortlich. Der Deutsche, der mit Nena zusammengearbeitet und Hits wie „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ oder „99 Luftballons“ komponiert hat, ist einer der erfolgreichsten Komponisten und Musikproduzenten seines Landes. Lange arbeitete er auch in den USA, wo er unter anderem als Filmkomponist in Hollywood tätig war. Seit 2012 beschäftigt er sich mit dem Bereich Musical, mit „Wüstenblume“ kommt nun sein erstes Musical auf die Bühne. Das Buch schrieb der Regisseur und Drehbuchautor Gil Mehmert, der für renommierte Bühnen Europas wie auch für den Film gearbeitet hat. Aus seiner Feder stammen unter anderem die Musicals „Das Wunder von Bern“, „Goethe! Auf Liebe und Tod“ und „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“. Aktuell ist am Theater St. Gallen seine Inszenierung von „Priscilla – Königin der Wüste“ zu sehen. Für die Songtexte zeichnet Frank Ramond verantwortlich, der zusammen mit Gil Mehmert und Martin Lingnau die Musicals „Das Wunder von Bern“ und „Goethe! Auf Liebe und Tod“ entwickelte.

Beim ersten Hinsehen überrasche die Geschichte von Waris Dirie als Musical-Thema, sagte Gil Mehmert vor den Medien. „Das Genre Musical ist oft einfach niedlich und unterhaltsam konnotiert. Mir ist aber wichtig, dass es als absolutes und vielschichtiges Theater wahrgenommen wird. Dann drängt sich ein Stoff wie dieser geradezu auf.“ Angetan von diesem Stoff zeigte sich auch Uwe Fahrenkrog-Petersen. „Für einen Komponisten ist das toll, das ist eine dramatische Reise mit vielen Themen wie Triumph, Afrika, das London der 1980er-Jahre oder die glamouröse Welt der Laufstege.“ Der St. Galler Operndirektor Peter Heilker äußerte sich stolz, „dass wir diesen komplexen Stoff als Musical auf die Bühne bringen können.“ „Meine Geschichte soll ermutigen, das zu tun, was man tun kann“, sagte Waris Dirie. „Es ist wunderbar, wenn wir diese Botschaft mit dem Musical weiter verbreiten können.“

Pressepräsentation „Wüstenblume“, Christoph Bönecker, Francisca Urio und Gil Mehmert. Foto: Anna-Tina Eberhard

Mit „Wüstenblume“ setzt das Theater St. Gallen seine Reihe mit Uraufführungen von eigenproduzierten Musicals fort. Nach „Der Graf von Monte Christo“ (Uraufführung 14. März 2009), „Moses – Die 10 Gebote“ (Uraufführung 23. Februar 2013), „Artus – Excalibur“ (Uraufführung 15. März 2014), „Don Camillo & Peppone“ (Uraufführung 30. April 2016) und „Matterhorn“ (Uraufführung 17. Februar 2018) wird „Wüstenblume“ (Uraufführung 22. Februar 2020) die sechste Uraufführung im Bereich Musical innerhalb von elf Jahren sein.

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