Freilichtspiele Tecklenburg: „Rebecca“

„Rebecca“ – nach dem gleichnamigen Roman von Daphne du Maurier; Musik: Sylvester Levay; Libretto: Michael Kunze; Inszenierung: Andreas Gergen; Choreografie: Danny Costello; Bühne: Susanna Buller; Kostüme: Karin Alberti; Musikalische Leitung: Tjaard Kirsch: Darsteller: Milica Jovanović („Ich“), Jan Ammann (Maxim de Winter), Pia Douwes (Mrs. Danvers), Robert Meyer (Jack Favell), Thomas Hohler (Frank Crawley), Anne Welte (Mrs. van Hopper), Roberta Valentini (Beatrice), Mathias Meffert (Giles, Beatrices Ehemann), Christian Fröhlich (Ben), Guido Breidenbach (Frith, Butler auf Manderlay), Fin Holzwart (Robert, Diener auf Manderlay), Johan Berg (Oberst Julian), Sophie Blümel (Clarice), Jan Altenbockum (Richter Horridge), Juliane Bischoff, Joyce Diedrich, Zoltan Fekete, Kim David Hammann, Andrew Hill, Alexandra Hoffmann, Jennifer Kohl, Esther Lach, Luciano Mercoli, Daniel Meßmann, Dörte Niedermeier, Janina Niehus, Michael Thurner, Nicolai Schwab, Celine Vogt. Uraufführung: 28. September 2006, Raimund Theater, Wien. Deutsche Erstaufführung: 8. Dezember 2011, Palladium Theater, Stuttgart. Premiere: 21. Juli 2017, Freilichtspiele Tecklenburg. Besuchte Vorstellung: 23. August 2017.



„Rebecca“


Das Drama-Musical erstmals open-air


Irgendwann in den vergangenen fünf Jahren hat Tecklenburg auch für die etwas abgelegeneren Parkplätze an allen Tagen, also auch sonntags und feiertags, von 8 bis 20 Uhr Parkraumbewirtschaftung eingeführt, schließlich möchte die Stadt ja auch an den auswärtigen Besuchern verdienen. Während man sich früher vor Vorstellungsbeginn in Ruhe den frühneuzeitlichen Stadtkern mit den vielen Fachwerkhäusern kostenlos anschauen konnte, zahlt man nun also stündlich 1 Euro Parkgebühren an die Stadt. Merke: Wer zeitig vor Vorstellungsbeginn zu den Aufführungen der Freilichtspiele nach Tecklenburg kommt, findet zumindest leichter einen Parkplatz, zahlt aber auch dementsprechend mehr Parkgebühren.

Nachdem Gregor-Anatol an dieser Stelle bereits über die „Rebecca“-Premiere berichtet hatte, was einigen Hardcore-Fans scheinbar überhaupt nicht gefallen hat, gibt es eigentlich zum Stück selbst nicht mehr viel zu sagen, eigentlich… Wären da nicht die Punkte, die mir nach vierjähriger Tecklenburg-Abstinenz besonders aufgefallen sind, leider negativ…

Da wäre zunächst die Ausstattung der Freilichtbühne Tecklenburg mit den Holzbänken im Zuschauerraum, die extrem unbequem und anatomisch nicht angepasst sind. Spätestens nach einer Stunde hat man derartige Rückenschmerzen, dass man zur Pause froh ist, endlich aufstehen zu können. Da sind sogar die Ruhebänke an Wanderwegen bequemer, die ja in den meisten Fällen ebenfalls mit Holz-Sitzflächen und -Lehnen ausgestattet sind. Diverse Amateurbühnen haben ihren Zuschauerraum mit Sitzen aus Kunststoff ausgestattet, wie sie auch in Stadien Verwendung finden, die sind ebenfalls bequemer als die Holzbänke in Tecklenburg und lassen sich leicht sauber halten. Wegen der sandigen Flächen zwischen den einzelnen Sitzreihen verdreckt man sich in Tecklenburg auch regelmäßig sein Gewand. Den sanitären Einrichtungen der Freilichtbühne versuche ich regelmäßig dadurch zu entkommen, dass ich das letzte WC auf einem Autobahnparkplatz vor der Anschlussstelle Lengerich aufsuche und an diesem Abend keinen Kaffee trinke. Mehr als 2.300 Plätze – nach eigenen Angaben der Freilichtspiele Tecklenburg – führen bei ausverkauften Vorstellungen zu einem gewissen Run auf die sanitären Einrichtungen, so dass die 20-minütige Pause u. U. nicht ausreicht, den Bedarf zu befriedigen. Insbesondere weibliche Besucher dürften davon ein Lied singen können. Was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass man lediglich die Pause weiter ausdehnen müsste…

Ebenfalls zur Ausstattung ist die erneuerte Tonanlage zur rechnen, die entweder eine Verschlimmbesserung des vorherigen Zustandes darstellt, oder aber von dem verantwortlichen Tontechniker nicht adäquat angesteuert wird. Zum einen sind diverse Nebengeräusche zu beklagen, die man eigentlich gar nicht hören möchte, und zum anderen ist die Abmischung zwischen Solisten und Orchester zu orchesterlastig ausgefallen, so dass selbst die HauptdarstellerInnen teilweise schwer bis gar nicht zu verstehen sind. Natürlich ist ein großes Live-Orchester immer erfreulich, erst recht, wenn es unter der Musikalischen Leitung von Tjaard Kirsch auch tadellos aufspielt, trotzdem möchte der ein oder andere Besucher womöglich auch die Gesangstexte verstehen und nicht nur der Musik lauschen. Das als zweckdienlich zu bezeichnende Bühnenbild von Susanna Buller macht auf mich – im Vergleich zu der ein oder anderen Produktion von Amateurbühnen – eher einen „billigen“ Eindruck und scheint hauptsächlich auf die Gegebenheiten der Burgruine abgestimmt zu sein, diese zu verdecken. Bei „Manderlay in Flammen“ wird ein Kaminfeuer auf die Fassade des Herrenhauses projiziert, allerspätestens an dieser Stelle sollten die von Regisseur Andreas Gergen eingeführten, an anderer Stelle hochgelobten „Schatten der Vergangenheit“ restlos verschwinden, stattdessen „spukt“ der Geist von Rebecca selbst im Epilog noch immer im weißen Nachthemd über die Bühne. Ob man diese nahezu ständig auf der Bühne präsenten schwarzen Schatten für genial oder verzichtbar hält, hängt womöglich auch von der Kenntnis der von Francesca Zambello inszenierten Uraufführung am Wiener Raimund Theater ab, aber was zu viel ist, ist zu viel… Die Kostümentwürfe von Karin Alberti zum „Faschingsball“ – offiziell Maskenball von Manderley – scheinen mit allem aufzuwarten, was der Fundus hergegeben hat, ansonsten ist das Kostümdesign durchaus ansprechend ausgefallen.

Dem gegenüber steht eine virtuose Leistung der professionellen Hauptdarstellerriege, insbesondere Pia Douwes als Haushälterin Mrs. Danvers und Milica Jovanović als „Ich“, aber auch Jan Ammann als reicher Engländer Maxim de Winter. Die bereits von Gregor-Anatol angemerkte Textunverständlichkeit bei seinem großen Solo „Kein Lächeln war je so kalt“ würde ich eher der bereits erwähnten Tonabmischung zuschreiben. Das Drama-Musical von Sylvester Levay (Musik) und Michael Kunze (Libretto) selbst ist über jeden Zweifel erhaben, dem können auch die erwähnten Kritikpunkte nichts anhaben. Daher ist den Freilichtspielen Tecklenburg auch mit „Rebecca“ eine sehenswerte Produktion gelungen, die IMHO leichte Schatten aufweist, um eben jene im übertragenen Wortsinn zu gebrauchen.

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