Der Weg der Kohle in die Welt – und zurück

Exkursion im Rahmen der Ausstellung „Kohle.Global“

Bis 30. März 2014 zeigt das Ruhr Museum auf der 12 m Ebene der ehemaligen Kohlenwäsche die große Ausstellung „Kohle.Global – Eine Reise in die Reviere der anderen“, die von einem vielfältigen Exkursions- und Filmprogramm begleitet wird. U. a. fand bereits eine Busexkursion zur Firma Eickhoff Bergbautechnik GmbH statt, am 3. Oktober 2013 stand der Besuch des Rotterdamer Hafens mit dem Europees Massagoed Overslagbedrijf (EMO Massengutterminal) in der Maasvlakte („Maasebene“) und die Vergrößerung der Maasvlakte durch Neulandgewinnung auf dem Programm. Rotterdam besitzt nach Ninghai und Zhousan (744 Mio. Tonnen), Shanghai (736 Mio. Tonnen), Singapur (538 Mio. Tonnen) und Tianjin (476 Mio. Tonnen) mit 441,5 Mio. Tonnen den fünftgrößten Seehafen der Welt (Quelle Hafen­gesell­schaften). Bei den europäischen Häfen hat Rotterdam den größten Güterumschlag, gefolgt von Antwerpen (184,1 Mio. Tonnen) und Hamburg (130,9 Mio. Tonnen).

Welterbe Zollverein, Schacht XII bei Sonnenaufgang

Durchgeführt wurde die Exkursion von der Agentur Zeitsprung mit Firmensitz auf dem UNESCO Welterbe Zollverein, die sich mit der Konzeption, Organisation und Durchführung von individuellen Fach-Exkursionen, Seminar- und Tagungs­ver­anstaltungen sowie Vortragsreihen zu verschiedenen Fachthemen dem Strukturwandel an Ruhr und Emscher verschrieben hat.


Europees Massagoed Overslagbedrijf (EMO)

Der Europees Massagoed Overslagbedrijf ist das größte Terminal für den Umschlag von Eisenerz und Kohle in Europa. Seit 1973 befindet sich das EMO Massengutterminal in der Maasvlakte im Rotterdamer Hafen, 2012 wurden hier mit etwa 400 Beschäftigten, vier Portalkränen und zwei Schwimm­kränen 10 Mio. Tonnen Eisenerz und 19 Mio. Tonnen Kohle um­ge­schlagen. Ein fünfter Portalkran wurde im Juli diesen Jahres in Betrieb genommen. Die Gesamtkapazität des Terminals liegt bei 42 Mio. Tonnen im Jahr, der Umsatz bei 146 Mio. Euro.

EMO Massengutterminal Maasvlakte, © EMO

Mit einer Fläche von 160 Hektar bietet das EMO Massen­gut­terminal eine Speicherkapazität von sieben Millionen Tonnen Schüttgut. Entlang des 1.350 Meter langen Kais am Mississipi-Hafen mit bis zu 23 Meter tiefem Fahrwasser können selbst die größten Capesize Massengutfrachter festmachen und mit den fünf Entladekränen gelöscht werden. Kohle wird aus Kolumbien, Australien und Russland angeliefert, während Eisenerz aus Brasilien, Südafrika und Kanada das EMO Massen­gut­terminal erreicht. Förderbänder mit einer Gesamtlänge von 42 km verbinden das vollständige Gelände.

EMO Massengutterminal Maasvlakte, © EMO

Fein säuberlich getrennt nach Sorten und Qualität werden Kohle (Kraftwerkskohle und Kokskohle) und Eisenerz auf dem Gelände zwischengelagert. Schaufelradbagger und große Radlader werden auf dem Gelände benutzt, um das zwischengelagerte Schüttgut wieder aufzunehmen und über die Förderbänder zu den Verlade­ein­richtungen für Güterwagen bzw. für Lastkähne am Hartelhaven oder den Mischsilos zu transportieren. In den Mischsilos werden unterschiedliche Kohlesorten nach Kunden­wünschen für die weitere Verwendung gemischt.

EMO Massengutterminal Maasvlakte, © EMO

Apropos fein säuberlich: Natürlich entsteht bei der Verladung von Kohle Kohlenstaub, der als Feinstaub mit Luft in bestimmten Konzentrations­grenzen sogar ein explosions­fähiges Gemisch bilden und zu Staubexplosionen führen kann. Bei den im EMO Massen­gut­terminal freigesetzten Partikeln handelt es sich aber nicht um Feinstaub, sondern um so genannten Grobstaub, der von den Härchen im Nasenbereich bzw. den Schleim­häuten im Nasen-Rachenraum zurück­ge­halten wird und daher keine Belastung der Atemwege darstellt. Dennoch wird, um die Staubentwicklung zu minimieren, die Umgebung ständig mit Sprinkleranlagen und Löschfahrzeugen nass gehalten. Die zwischengelagerte Kohle wird zusätzlich mit einer Schicht aus Cellulose bedeckt, die mit Wasser aufgebracht wird, um zu verhindern, dass Kohlenstaub vom Wind umhergewirbelt wird.

EMO Massengutterminal Maasvlakte, © EMO

Aad Strasters, der seit mehr als 30 Jahren beim EMO Massengutterminal Maasvlakte beschäftigt und bestens mit allen Vorgängen dort vertraut ist, begleitete unsere Tour nach einer Einführung im Empfangsgebäude mit kompetenten Erläuterungen über das Gelände, so dass man sich einen guten, umfassenden Eindruck von den Abläufen bei EMO verschaffen konnte.

EMO Massengutterminal Maasvlakte, © EMO


Maasvlakte 2

Die Erweiterung des Rotterdamer Hafens im Meer hat weniger mit Kohle zu tun, sondern mehr mit Sand. Mit 240 Millionen m³ Sand bis 2013 und 365 Millionen m³ Sand insgesamt, um genau zu sein. Die werden nämlich zur Landgewinnung benötigt, um 1.000 Hektar Gewerbefläche für Container­terminals, Distributionssektor und chemische Industrie zu schaffen, und weitere 1.000 Hektar Fläche für Infra­struktur­einrichtungen wie Küstenschutzanlagen, Schifffahrtswege, Schienen, Straßen und Hafenbecken. Das Gelände des Maasvlakte 2 liegt nach Fertigstellung 5 Meter über dem Meeresspiegel, die Küstenschutzanlage (Deiche) hat eine Höhe bis zu 15 Metern über Normalnull. Ob und ggf. wie lange man damit dem Anstieg des Meeresspiegels durch die globale Erwärmung trotzen kann, darüber gehen die Meinungen auseinander. Bei Baukosten von 2,9 Milliarden Euro hätte man das Geld in dem Fall im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt.

Polypgreifer, im Hintergrund das Kohlekraftwerk „Maasvlakte Power Plant 1“ („MPP1“, 535 MW) und das Kohlen- und Biomassekraftwerk „MPP2“ (535 MW) von E.ON Benelux

Obwohl es sich bei dem durch Sandaufschüttung gewonnenen Neuland in erster Linie um ein Hafen- und Industriegebiet handelt, wurden auch Strände für Freizeitaktivitäten geschaffen, mitsamt den dazugehörigen Parkmöglichkeiten. Am 22. Mai 2013 wurde Maasvlakte 2 von der Ministerin für Infrastruktur und Umwelt, Melanie Schultz van Haegen offiziell für den Schiffsverkehr freigegeben. Im Informationszentrum FutureLand an der Grenze der heutigen Maasvlakte kann man sich bei freiem Eintritt eingehend über den Bau der Maasvlakte 2 und die Erweiterung des Rotterdamer Hafens kundig machen.

Schneidkopf vom Cutterbagger (Schneidkopfsaugbagger) „Phoenix“, im Hintergrund das Kohle- und Biomassekraftwerk „MPP3“ (1,1 GW) von E.ON Benelux

In Sichtweite des Informationszentrums befinden sich die Kraftwerke von E.ON Benelux, die direkt vom EMO Massen­gut­terminal über ein unterirdisches Förderband mit Kohle versorgt werden. Das neue Kohle- und Biomassekraftwerk „Maasvlakte Power Plant 3“ („MPP3“) wird eine installierte Bruttoleistung von 1.100 MW haben, was etwa 7% des Strombedarfs in den Niederlanden entspricht. Durch Kohlenstaubbefeuerung soll sich ein Wirkungsgrad von rund 46% bei um 20% reduzierter CO2-Emission ergeben. Die Optik erinnert unwillkürlich an das E.ON Kraftwerk Datteln Block 4 gleicher Leistung, für das bis heute meines Wissens keine Betriebsgenehmigung erteilt wurde.

Pumpe vom Saugbagger „Den Otter“, im Hintergrund das Kohle- und Biomassekraftwerk „MPP3“ (1,1 GW) von E.ON Benelux

Containerschiff „Humen Bridge“ mit einer Ladekapazität von 9.040 TEU am Terminal

Mit der Maasvlakte 2 wird sich die Containerkapazität des Rotterdamer Hafens mehr als verdoppeln. Durch die günstige Lage direkt an der Nordsee und bis zu 20 Meter Tiefgang des Hafens können in der Maasvlakte 2 auch die gröten Container­schiffe der Triple-E-Klasse mit bis zu 18.300 TEU (Twenty-foot Equivalent Unit, ein TEU entspricht einem 20-Fuß-ISO-Container) rasch abgefertigt werden. Dadurch könnte sich auch das Verkehrsaufkommen auf den Straßen in und um Rotterdam erhöhen. Daher soll bis 2015 die A15, die am stärksten befahrene Straße zwischen der Maasvlakte und dem Vaanplein, ausgebaut werden.

Blick vom Spotterstrand auf die einfahrenden Schiffe

Vom so genannten Spotterstrand (engl. to spot: beobachten) auf der heutigen Maasvlakte, der nach dem Durchstich des Yangtze-Hafens nur noch über die Maasvlakte 2 zu erreichen ist, können ein- und ausfahrende Schiffe beobachtet werden.

LPG Tanker „Gas Galaxy“

Windpark an der Maasmündung

Auf den Küstenschutzanlagen der Maasvlakte 2 soll ein Windpark mit einer Leistung von über 100 MW entstehen, da der Wind auf See kontinuierlicher und etwas stärker bläst als an Land.

Windkraftanlage

Bei der Rückfahrt über den Rijksweg 15 (N15 bis Rotterdam, ab hier A15) bekam man einen sehr guten Eindruck von der Belastung durch den Güterverkehr mit kilometerlangem stockenden Verkehr, wobei auf der rechten Fahrbahn hauptsächlich Lastkraftwagen mit Containern unterwegs waren.

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