Z – The Musical of Zorro

„Z – The Musical of Zorro“ – inspiriert von „The Curse of Capistrano“ (1919) von Johnston McCulley; Musik, Gesangstexte und Buch: Robert W. Cabell; Deutsche Bearbeitung, Inszenierung: Marcel Krohn; Choreografie: Susanne Anders, Maike Mai; Fechtchoreografie: Tristan Fabian; Bühne: Marcel Krohn; Kostüme: Ulla Birkelbach; Musikalische Leitung: Ralph Scheiner. Darsteller: Philipp Georgopoulos/Karl Grunewald (Don Diego de la Vega/Signor Zorro), Judith Peres (Senorita Carlotta Mendez), Hannes Seebauer (Graf Montero, Diegos Großvater), Daniel Coninx (Gouverneur Juan Carlos/Miguel), Daniel Pabst (Capitán Ramerez, dessen Sohn/Pepe), Christian Theodoridis (Sergeant Gonzales/Jorge), Karl Straub (Padre Dominic, katholischer Gemeindepfarrer), Sonja Tièschky Maria Altmann (Maria Valdez, Wirtin), Noémi Schröder (Sonya Vega, Diegos Mutter), Frank Kirschgens (Don Alfredo de la Vega, Diegos Vater), Nadine Eisenhardt (Hermina Mendez, Carlottas Mutter), Michael Marwitz (Don Fernando Mendez, Carlottas Vater), Karl Grunewald/Philipp Georgopoulos (Paulo), David Fengler/Tobias Braun (Junger Diego de la Vega), Catherin Joos (Junge Charlotta Mendez, Anita, Witwe), Maria Altmann (Witwe). Workshop: 3. März 1997, The Producers Club, New York. Uraufführung 24. Februar 2000, Actors Cabaret of Eugene Theater of Oregon, Eugene, Oregon. Europäische Erstaufführung: 13. Juni 2013, Clingenburg Festspiele, Klingenberg am Main. Besuchte Vorstellung: 28. Juni 2013.



„Z – The Musical of Zorro“


Europäische Erstaufführung bei den Clingenburg Festspielen


Seit 1891 fanden im Burghof der ehemaligen Clingenburg sporadisch Burgspiele und Theateraufführungen statt, die Weltwirtschaftskrise beendete jedoch die Festspiele. 1967 wurde die Theateridee vom Klingenberger Gesangsverein wieder aufgegriffen, der eine Laienspielgruppe etablierte. 1993 wurde schließlich der Verein Clingenburg Festspiele e. V. gegründet, und 1994 erlebten 8.500 Besucher in der ersten Spielzeit mit „Die Freier“ von Joseph Freiherr von Eichendorff erstmals „Theaterfaszination unter freiem Himmel“. Inzwischen kommen jährlich bis zu 40.000 Besucher zu den Aufführungen in der Burgruine Clingenburg. Zum zwanzigjährigen Jubiläum zeigt Festspielintendant Marcel Krohn u. a. die europäische Erstaufführung von „Z – The Musical of Zorro“ (Originaltitel „Z – The Masked Musical“) von Robert W. Cabell (Buch, Musik und Liedtexte).

Katholische Pfarrkirche St. Pankratius, Weinberg und Ruine Clingenburg

Johnston McCulley erfand die Figur des Zorro (spanisch für Fuchs) 1919, als er seine Fortsetzungsgeschichte „The Curse of Capistrano“ in fünf Ausgaben des Magazins „All-Story Weekly“ veröffentlichte. „Der Fluch von Capistrano“ ist die Geschichte von Don Diego de la Vega, der tagsüber als unscheinbarer und feiger Landedelmann ein geruhsames Leben führt, während er sich nachts im schwarzen Umhang und mit Augenbinde zum Rächer der Armen verwandelt, eine kalifornische Variante von Robin Hood. Die Geschichte wurde erstmals 1920 unter dem Titel „The Mark of Zorro“ mit Douglas Fairbanks in der Hauptrolle verfilmt, 1998 erschien „Die Maske des Zorro“ und 2005 die Fortsetzung „Die Legende des Zorro“ von Martin Campbell mit Antonio Banderas und Catherine Zeta-Jones als Protagonisten. Robert W. Cabell bearbeitete den Stoff als Musical, am 3. März 1997 gab es ein erstes Reading im Producers Club in New York. Die Musik wurde noch vor der Bühnenpremiere mit Ruben Gomez als Zorro und Deborah Gibson als Carlotta Mendez als Konzeptaufnahme auf CD veröffentlicht, bevor das Musical schließlich am 24. Februar 2000 am „Actors Cabaret of Eugene Theater of Oregon“ in Eugene, Oregon seine Uraufführung erlebte. Sir Percy Blakeney aus „The Scarlet Pimpernel“ von Baroness Emma Orczy ist als Held mit geheimer Identität der literarische Vorgänger von Don Diego de la Vega. Als weitere Musicaladaption wurde „Zorro“ mit der Musik der Gpsy Kings und von John Cameron am 4. März 2008 erstmals am Congress Theatre in Eastbourne gezeigt, bevor es nach London transferiert wurde und am Garrick Theatre am 15. Juli 2008 seine Premiere feierte. Die Produktion wurde weltweit bereits in Paris, Moskau, Tokio, in den Niederlanden, Südkorea, Sofia, Salt Lake City und Atlanta gezeigt. Zorro Productions, Inc. reklamiert die weltweiten Rechte an der Figur des Zorro für sich, daher gab es bisher keine weitere Produktion von „Z – The Masked Musical“. Am Broadway – wie die Veranstalter glauben machen wollen – wurde das Stück jedenfalls bisher nicht aufgeführt, eine Uraufführung ist es aber auch nicht, denn die kann jedes Stück eben nur ein einziges Mal für sich beanspruchen.

Die Handlung von „Z – The Musical of Zorro“ spielt im frühen 19. Jahrhundert und erzählt die Geschichte von Don Diego de la Vega, einem wohlhabenden jungen Aristokraten, der im Alter von 11 Jahren nach Spanien segelt, wo er die nächsten Jahre mit seinem Großvater in seinem Schloss in der Nähe von Madrid verbringt. Hier lernt er nicht nur die Kunst des Fechtens, sondern auch mit Peitsche und Dolch umzugehen, wie ein Fuchs zu denken, sich wie ein Schatten zu bewegen und sein Leben mit Leidenschaft zu leben. Nach dem Tod des Großvaters kehrt er im Alter von 20 Jahren in seine kalifornische Heimat zurück, doch das Land wird von den spanischen Kolonialherren drangsaliert. Der leidenschaftliche Jugendliche findet die temperamentvolle, schöne, junge Carlotta Mendez in einer Kirche vor einer Madonna kniend, die um einen Anführer für ihr Volk gegen das Unterdrückerregime betet. Diego gibt sich zwar nach außen als müßiggängerischer Aristokrat, doch nachts wird er zum maskierten Rächer Zorro, der danach trachtet, die bedrückende Herrschaft der spanischen Kolonialherren umzustürzen. Diegos und Carlottas Mütter beschließen die Hochzeit der beiden, um ihre finanziellen Nöte zu lösen. Carlotta ahnt natürlich nichts von Don Diegos geheimer Doppelidentität, sie verliebt sich in Zorro und verachtet Don Diego, der gezwungen ist, seine Maskerade auch ihr gegenüber nicht aufzudecken, um seine Berufung nicht zu gefährden. Obendrein buhlt auch noch der Sohn von Juan Carlos, Capitán Ramerez um Carlottas Gunst. Doch am Ende wird alles gut, die Gewaltherrscher werden besiegt und Don Diego kann Carlotta gegenüber endlich seine wahre Identität preisgeben…

Robert W. Cabell lässt die Geschichte von Don Diego de la Vega und Carlotta Mendez in einer Rahmenhandlung von einem fahrenden Zigeunervolk erzählen. In Johnston McCulleys Roman und auch in den frühen Verfilmungen tauchen noch keine Zigeuner auf, doch für Robert W. Cabell besteht eine Affinität zwischen Don Diego de la Vega/Zorro und dem Lebensgefühl der Gypsies, und auch die chilenische Autorin Isabel Allende schreibt in ihrem 2005 erschienenen Roman „Zorro“ Diego eine Verbindung zu den Gypsies zu. Dem trägt Robert W. Cabell Rechnung, indem er seine Kompositionen mit Rhythmen der spanischen und lateinamerikanischen Folklore (Bossa Nova, Flamenco, Paso Doble, Rumba, Tango) unterlegt, um damit für die entsprechenden Szenen musikalisch die passende Atmosphäre zu schaffen. Viele seiner Songs sind Duette, Terzette und Chornummern, womit er das Konzept seines „Ensemble-Musicals“ unterstreicht. Festspielintendant Marcel Krohn weiß Robert W. Cabells Vorlage in der Jubiläumsspielzeit in einer ansprechenden Inszenierung umzusetzen, für die er auch selbst die deutsche Bearbeitung geliefert hat. Vorlagengemäß ist die Welt im Stück in Gut und Böse unterteilt, dass hier die Bösen – Gouverneur Juan Carlos, Capitán Ramerez und Sergeant Gonzales – ebenfalls Sympathiepunkte sammeln können, dafür sorgt auch der Kunstgriff, die drei Darsteller gleichzeitig in Gestalt von drei Bandoleros als Erzähler in der Rahmenhandlung in Erscheinung treten zu lassen. Auch der Humor kommt trotz des ernsten Hintergrundes nicht zu kurz, dafür sorgen beispielsweise die Szene „Das Prachtweib“, in der Diego als Frau verkleidet Sergeant Gonzales an der Nase herumführt, oder markige Sprüche wie „Du wirst in der Hölle schmoren!“ – „Dagegen habe ich nichts, ich liebe das warme Klima“, die den Zuschauer schmunzelnd die kühlen Temperaturen am Abend bei der besuchten Vorstellung am 28. Juni 2013 vergessen lassen. Ein achtzehnköpfiger Chor und das vierzehnköpfige Orchester unter der Musikalischen Leitung von Ralph Scheiner können es ohne Schwierigkeiten mit Großproduktionen aufnehmen, der Chor tritt auch zusammen mit der Statisterie in den Massenszenen in Erscheinung und sorgt in den von Susanne Anders mit Unterstützung von Flamenco Dozentin Maike Mai einstudierten ansprechenden Choreografien für angemessene Personalstärke auf der Bühne. Wie es sich für ein Mantel-und-Degen-Stück gehört, werden auf der Bühne natürlich auch die Klingen gekreuzt (Fechtchoreografie Tristan Fabian), selbst Carlotta greift irgendwann zum Degen. Die farbenprächtige Kostüme von Ulla Birkelbach, die seit dem Jahr 2000 die Kostüme der Eigenproduktionen der Clingenburg Festspiele entwirft, orientieren sich an den Vorstellungen vom Zigeunerleben in Amerika und Mexiko im frühen 19. Jahrhundert. Als Goodie kommt Zorro einige Male auf dem achtjährige Friesen Ruerd uut’t Noorderbroek als El Diabolo auf die Bühne geritten.

Auch wenn die Clingenburger Festspiele nicht mit den ganz großen Namen der Musicalszene aufwarten können, überzeugen die hier versammelten Darsteller mit soliden sehenswerten Leistungen. Im Mittelpunkt des Geschehens standen in der besuchten Vorstellung Tenor Karl Grunewald als Diego de la Vega/Zorro und Judith Perres als selbstbewusste Carlotta Mendez, die in den gefühlvollen Liebesballaden schön miteinander harmonierten. (Karl Grunewald teilt sich die Rolle des Diego de la Vega/Zorro mit Philipp Georgopoulos, der an diesem Abend Diegos Burschen Paulo spielte.) Aber auch einzeln begeisterten Karl Grunewald als gesanglich versierter Darsteller und Judith Perres mit „Ich sah ihn nie von Angesicht“ das Publikum. Daniel Coninx (Gouverneur Juan Carlos/Bandolero Miguel), Daniel Papst (Capitán Ramerez/Bandolero Pepe) und Christian Theodoridis (Sergeant Gonzales/Bandolero Jorge) können gemeinsam mit ihrem Männer-Terzett „Satan im Genick“ beeindrucken, solistisch überzeugt Daniel Coninx in „Die herrlich gigantische Gier“ mit kräftiger Stimme als geld- und machtgieriger Gouverneur, Daniel Papst darf dagegen bei den Bühnengefechten als arroganter Capitán entsprechendes Können mit der Klinge beweisen. Der dritte im Bunde, Christian Theodoridis gibt zur Erheiterung der Zuschauer den gutmütigen, einfältigen Sergeanten Gonzales. Auch Noémi Schröder als Sonya de la Vega, Diegos Mutter, und Nadine Eisenhardt als Hermina Mendez, Carlottas Mutter, sollen nicht unerwähnt bleiben, die zusammen mit Maria Altmann als Wirtin Maria in „Süße Siesta“ und „La Fiesta Amor“ der spanischen Lebensart lebendigen Ausdruck verliehen, wobei letztere die erkrankte Sonya Tièschky vertrat und gesanglich aus dem Off unterstützt wurde.

Mit der europäischen Erstaufführung von „Z – The Musical of Zorro“ zeigen die Clingenburg Festspiele in ihrer zwanzigsten Spielzeit ansprechendes unterhaltendes Musiktheater abseits des heutigen Mainstream. Auch ohne die ganz großen Namen der Musicalszene steht das Stück an insgesamt 21 Terminen noch bis 26. Juli 2013 auf dem Spielplan. In der 21. Spielzeit 2014 wird als Musical „My Fair Lady“ von Frederick Loewe (Musik) und Alan Jay Lerner (Buch und Liedtexte) in der Burgruine gezeigt.

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