West Side Story

„West Side Story“ – nach einer Idee von Jerome Robbins und nach Shakespeares „Romeo and Julia“; Musik: Leonard Bernstein; Liedtexte: Stephen Sondheim; Buch: Arthur Laurents; Inszenierung und Choreografie: Joey McKneely; Bühne: Paul Gallis; Kostüme: Renate Schmitzer; Lichtdesign: Peter Halbsgut; Tondesign: Rick Clarke; Musikalische Leitung: Donald Chan. Darsteller: Chris Behmke/Liam Tobin (Tony), Elena Sancho Pereg/Jasmina Sakr (Maria), Yanira Marin (Anita), Andy Jones (Riff), Rhett Aren Guter (Action), Brandon Hudson (A-Rab), Michael Bullard (Baby John), Fred P. Odgaard (Snow Boy), Ryan Fitzgerald (Big Deal), Drew Nellessen (Diesel), Nicholas Sipes (Gee-Tar), Tenealle Farragher (Graziella), Addie Tomlinson (Velma), Courtney Ortiz (Minnie), Sarah Blodgett (Clarice), Melanie A. Wildman (Pauline), Christie Partelow (Anybodys), Pepe Muñoz (Bernardo), Nikko Kimzin (Chino), Charles South (Pepe), Christian Elan Ortiz (Indio), Caleb Teicher (Luis), Michael Juan Bishop (Anxious), Jerimy Luis Rivera (Nibbles), Armando Reinaldo Yearwood Jr. (Moose), Maria Victoria Failla (Rosalia und „Somewhere“-Song), NaTonia Monét (Consuela), Natalie Williams (Teresita), Kara Anne Duncan (Francisca), Emma Sofia Pfaeffle (Estella), Naomi C. Walley (Margarita), Joe Gioco (Doc), John Wojda (Lt. Schrank), Mel Shrawder (Officer Krupke), James Michael Reilly (Glad Hand), Ryan Ghysels (Swing Jet Boys und Shark Boys). Broadway-Premiere: 26. September 1957, Winter Garden Theatre, New York. Tournee-Premiere: 26. Juni 2012, Deutsche Oper, Berlin.



„West Side Story“


Der Broadway-Klassiker mit der Original­choreografie von Jerome Robbins im Colosseum Theater Essen


Die „West Side Story“, nicht nur die bekannteste Vertonung von William Shakespeares „Romeo und Julia“, sondern auch eines der größten Werke des amerikanischen Musiktheaters, behandelt am Beispiel zweier rivalisierender Jugendbanden die Schwierigkeiten und Gegensätze zwischen den ein­ge­wan­derten Puertoricanern (‚Sharks’) und den Einheimischen der New Yorker West Side (‚Jets’) um 1955. Aus diesen rivalisierenden Banden verlieben sich Tony und Maria ineinander, doch angesichts der Feindseligkeiten ist ihre Liebe zum Scheitern verurteilt. Die Produktion erlebte am 26. September 1957 ihre Broadway Premiere am Winter Garden Theatre und wurde mit zwei Tony Awards ausgezeichnet, Jerome Robbins erhielt die Auszeichnung für seine Choreografie, und Oliver Smith für das Bühnenbild. Nach 732 Vorstellungen und einer daran anschließenden Tournee kehrte das Stück am 27. April 1960 für weitere 249 Aufführungen an den Broadway zurück. Es gab bisher zwei weitere Broadway Revivals, 1980 wurde die „West Side Story“ vom 14. Februar bis 30. November am Minskoff Theatre gezeigt, und die Neuinszenierung von Arthur Laurents am Palace Theatre wurde in 748 Vorstellungen vom 19. März 2009 bis 2. Januar 2011 gespielt. Das Stück wurde 1961 verfilmt; der Film wurde für elf Oscars nominiert, wovon er immerhin zehn tatsächlich erhalten hat. Bei der „West Side Story“ verschmelzen Musik, Schauspiel und Tanz in nahezu unübertrefflicher Form, und die in der von Robert E. Griffith und Harold S. Prince produzierten Uraufführung von Jerome Robbins choreographierten Tanzsequenzen gerieten zum beinahe wichtigsten Stilmittel. Robbins erarbeitete mit jedem Tänzer ein individuelles Repertoire an Gesten und schuf damit ein stilisiertes Tanztheater, das die bedrohlichen Auseinandersetzungen der Jugendlichen überzeugender auf die Bühne brachte als jede realistische Darstellung.

Ensemble; Foto: Nilz Böhme

2012 ist der Broadway-Klassiker mit der Originalchoreografie von Jerome Robbins wieder an den großen Bühnen Deutschlands zu erleben, die Neuinszenierung vereint die unvergleichlich vitale Musik, die mitreißende Dramatik und die brennende Aktualität des Meisterwerks in einer aufwändigen Produktion mit 36 Darstellern und insgesamt über 80 Beteiligten. Joey McKneely, der als Tänzer in die Original Broadway Inszenierung involviert war, zeichnete für die choreografische Reproduktion der jüngsten Neuinszenierung der „West Side Story“ am Broadway unter der Regie von Arthur Laurents verantwortlich und hat die Tournee-Produktion inszeniert und choreografiert.

Die ‚Sharks’ mit ihren Mädchen; Foto: Nilz Böhme

Nachdem Stage Entertainment mit der Derniere von „BUDDY – Das Buddy Holly Musical“ den En-suite-Spielbetrieb im Colosseum Theater, der ehemaligen „VIII. Mechanischen Werkstatt“ der Essener Krupp-Gussstahlfabriken eingestellt hat, wird die denkmalgeschützte Industriehalle heute für verschiedene Veranstaltungen vermietet, u. a. auch für Musical-Aufführungen. Die Verbindung von außergewöhnlicher Architektur und modernem Theater-Ambiente gibt es in dieser Form kein zweites Mal. Nachdem die aktuelle Tournee-Produktion der „West Side Story“ von BB Promotion in diesem Jahr bereits in Berlin, Leipzig, Köln und Hamburg gastierte, ist der Broadway-Klassiker nun bis 20. Oktober 2012 im Colosseum Theater Essen zu sehen.

Die ‚Jets’; Foto: Nilz Böhme

BB Promotion hat für die aktuelle Tournee in New York eine extrem junge Darstellerriege gecastet, die den dar­zu­stellen­den Charakteren eine natürliche Authentizität verleiht. Die jungen Darsteller überzeugen vom getanzten Prolog bis zum Finale, von Beginn an wird klar, dass hier besonderer Wert auf die Tanzsequenzen gelegt wird, die mit beeindruckender Synchronität und Leichtigkeit umgesetzt werden. Die Original­choreografien von Jerome Robbins mögen zwar schon über 50 Jahre alt sein, aber in der hier dargebotenen Perfektion lassen sie so manche neuere Inszenierung der „West Side Story“ ziemlich alt aussehen. Mit wenigen Ausnahmen stammen die Darsteller aus den USA, und da in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln gespielt wird, gibt es natürlich keine „Sprachbarriere“. Chris Behmke und Jasmina Sakr spielten in der besuchten Vorstellung am 18. September 2012 die Rollen des doppelt besetzten jungen Liebespaares, Jasmina Sakr hat neben ihrem Studium für Musikalisches Unterhaltungstheater am Konservatorium Wien auch klassischen Gesang studiert und interpretiert die Rolle der Maria mit glasklarem Sopran, wobei sie sehr gut mit Chris Behmke harmoniert, der seit kurzem ebenfalls klassischen Gesang studiert. Das gesamte Ensemble ist sehr gut aufeinander eingespielt, man merkt deutlich, dass die Darsteller mit Ausnahme von Jasmina Sakr, die erst aufgrund anderweitiger Verpflichtungen in Essen dazugestoßen ist, bereits seit Juni 2012 gemeinsam auf der Bühne stehen. Angesichts der gezeigten Leistungen wäre es nicht angemessen, einzelne Darsteller hervorzuheben, daher seien stellvertretend für alle Mitwirkenden neben den beiden bereits genannten Hauptdarstellern Yanira Marin als Bernardos Freundin Anita, Andy Jones als Anführer der ‚Jets’ und Pepe Muñoz in der Rolle des aggressiven Anführers der ‚Sharks’ genannt.

Jasmina Sakr (Maria) und Chris Behmke (Tony)
Foto: Nilz Böhme

Das Bühnenbild von Paul Gallis ist tourneetauglich und kommt mit zwei Häuserfronten aus Profilstahl aus, die sich in die Bühnenmitte schwenken und aufklappen lassen, in Verbindung mit den Hintergrundprojektionen und der stimmungsvollen Beleuchtung von Peter Halbsgut ergeben sich stimmige Szenenbilder. Die Kostüme von Renate Schmitzer erinnern mich ein wenig an die Verfilmung des Stoffes von Robert Wise und Jerome Robbins aus dem Jahr 1961, die Zugehörigkeit der Darsteller zu den ‚Sharks’ und ‚Jets’ ist jederzeit anhand der Farbgebung leicht zu erkennen. Leonhard Bernsteins facettenreiche Partitur mit den unvergesslichen Melodien „Maria“, „America“, „Somewhere“, „Tonight“ u. a. ist bei dem 23-köpfigen Orchester unter der Musikalischen Leitung von Donald Chan bestens aufgehoben.

Jasmina Sakr (Maria) und Chris Behmke (Tony)
Foto: Nilz Böhme

Die Auflösung einer Massenschlägerei von 25 bis 30 Menschen mit türkischem und libanesischem Migrationshintergrund durch die Polizei auf dem Bahnhofsvorplatz in Gelsenkirchen am vergangenen Mittwoch mag verdeutlichen, dass die Thematik der „West Side Story“ nichts von ihrer Aktualität verloren hat. Die aktuelle Tourneeproduktion der BB Promotion begeisterte bei der ersten Vorstellung in Essen auch das Publikum im Colosseum Theater, das gesamte Ensemble wurde im Anschluss mit Stehapplaus gefeiert.

Haben Sie die aktuelle Tourneeproduktion der „West Side Story“ mit der Original­choreografie von Jerome Robbins selbst schon gesehen? Wie hat Ihnen die Vorstellung gefallen?

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