FANTASTIVAL Dinslaken: „Sommernacht des Musicals XII“

„Sommernacht des Musicals XII“ – Musikalische Leitung/Keyboard: Bertram Ernst; Trompete: Olaf Krüger, Posaune: Ludwig Götz, Saxophon/Querflöte: Lothar von Staa, Drums: Jan Rohlfing, Violine: Caroline Siegers, Cello: Insa Rössler Schirmer, Gitarre: Mirko van Stiphaut, Bass: Gero Gellert. Mitwirkende: Ana Milva Gomes, Serkan Kaya, Uwe Kröger, Lucy Scherer, Patrick Stanke und Sabrina Weckerlin. Background Vocals: Gregorio Hernandez, Elke Thieme, Konrad Zeiner. 14. August 2010, Freilichtbühne Burgtheater Dinslaken.



„Sommernacht des Musicals XII“

Die traditionelle Open-Air Musicalgala im Burgtheater Dinslaken

Am 14. August 2010 hatten die Veranstalter Thomas Bauchrowitz und Bertram Ernst zur traditionellen Open-Air Musicalgala nach Dinslaken eingeladen, die dieses Jahr bereits zum zwölften Mal stattfand. Die Veranstaltung bildete den Abschluss des mehrtägigen FANTASTIVAL Dinslaken im Burgtheater. Im nicht überdachten Theater-Halbrund mit seinen alten Bäumen sitzen bis zu 1.800 Zuschauer immer mitten in der Natur und sind u.U. auch den Naturgewalten ausgesetzt wie am 17. Juli 2004 bei der „Sommernacht des Musicals VI“, als Yngve Gasoy Romdal zu Gewitter und sintflutartigen Regenfällen „Gethsemane“ aus „Jesus Christ Superstar“ interpretierte. (Yngve Gasoy Romdal konnte in der Folgezeit trotzdem für zwei weitere „Sommernächte“ gewonnen werden.) Doch in diesem Jahr war das Wetter den Veranstaltern wohlgesonnnen, es war trocken und selbst nach Ende der Veranstaltung mit noch immer knapp 20°C angenehm warm.

Open-Air-Veranstaltungen arten gerne in „Picknick-Theater“ aus, und um dem nicht mit leeren Händen zusehen zu müssen, fanden in Dinslaken an den Einlasskontrollen Taschendurchsuchungen statt. Dadurch soll den Gastwirten mit Konzession im Burgtheater die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Speisen und Getränke an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Was im Burgtheater aber wirklich unangenehm auffällt, ist die Tatsache, dass die Besucher im Auditorium ungeniert zur Zigarette greifen, teilweise auch während der Veranstaltung, und dabei keine Rücksicht auf andere Gäste nehmen. Man ist ja im Freien …

„Thekentratsch“

Traditionell bekommen bei der „Sommernacht des Musicals“ Newcomer, junge Künstler oder Gruppen die Chance, im Vorprogramm auf sich aufmerksam zu machen. Doch in diesem Jahr hatte die ins Auge gefasste Gruppe wohl kurzfristig abgesagt, und um nicht auf das Vorprogramm zu verzichten (Warum eigentlich nicht?), hatten die Veranstalter Heike Becker und Kerstin Saddeler a.k.a. „Thekentratsch – das Frauenkabarettduo“ verpflichtet. Das Publikum fand offensichtlich Gefallen an der Darbietung.

Uwe Kröger

Bereits sehr früh hatten die Veranstalter mit Uwe Kröger den „Star“ ihrer Veranstaltung angekündigt, aber ungeachtet dessen waren bis zum Veranstaltungstag noch Eintrittskarten verfügbar. Die Riege der Herrschaften, die allein aufgrund des Auftritts ihres Idols von weither anreisen, scheint also nicht hinreichend groß zu sein, um „mal eben“ 1.800 Eintrittskarten verkaufen zu können. Neben Uwe Kröger waren für die diesjährige „Sommernacht“ Ana Milva Gomes, Serkan Kaya, Lucy Scherer, Patrick Stanke und Sabrina Weckerlin angekündigt – und auch erschienen.

Ana Milva Gomes stand als Nala in „Disneys Der König der Löwen“ und als Kala bei „Disneys Musical TARZAN®“ in Hamburg auf der Bühne, und auch bei der Stage Entertainment-Tourproduktion „Best of Musical“ stellte sie bereits mehrfach ihr Können unter Beweis. Ana Milva Gomes ist in diesem Jahr – nach 2009 – zum zweiten Mal bei der „Sommernacht des Musicals“ zu Gast. Uwe Kröger gelang der große Durchbruch im Theater an der Wien mit der Rolle des Todes in „Elisabeth“ von Michael Kunze und Sylvester Levay. Seitdem war er in vielen Großproduktionen zu erleben, zuletzt als Maxim de Winter in „Rebecca“ und Ministerpräsident Eduard Graf Taaffe in „Rudolf – Affaire Mayerling“. Anlässlich seines 45. Geburtstages präsentierte Uwe Kröger in der Wiener Stadthalle „Absolut Uwe“. Mit diesem Programm tourt er aktuell durch Österreich und Deutschland. Uwe Kröger gab wie Lucy Scherer in Dinslaken sein „Sommernacht“-Debut. Serkan Kaya überzeugte unter Harry Kupfer als Luigi Lucheni am Theater an der Wien in der Neuinszenierung von „Elisabeth“ und hat als Galileo Figaro im Musical „We Will Rock You“ in Köln, Zürich und Wien bewiesen, dass ihm rockige Töne liegen. Im Kölner Musical Dome spielte er die Hauptrolle des Sir Galahad in Monty Python´s „Spamalot“, und zuletzt war er als Bernardo in der „West Side Story“ am Theater Magdeburg zu sehen. Serkan Kaya war erstmalig bei der neunten „Sommernacht des Musicals“ im Jahr 2007 zu Gast in Dinslaken. Lucy Scherer war als Glinda in „Wicked – Die Hexen von Oz“ zu sehen und übernahm bei der Wiederaufnahme von „Tanz der Vampire“ im Stuttgarter Palladium Theater die Rolle der Sarah. In der Uraufführung von „Lulu – Das Musical“ stand sie in der Titelrolle auf der Bühne des Tiroler Landestheaters Innsbruck, wo das Stück am 22. Oktober wiederaufgenommen wird. Patrick Stanke stand als Radames in Elton John und Tim Rice´s „Aida“ in Essen und Tecklenburg und als Axel von Fersen in „Marie Antoinette“ in Bremen auf der Bühne; in „BUDDY – Das Buddy Holly Musical“ verkörperte er die Rolle des Jiles Perry Richardson, Jr. a.k.a. „The Big Bopper“. Er wirkte als Solist bei der „Best of Musical“-Tour 2010 mit und trat zusammen mit Sabrina Weckerlin als Gast bei den „The World of Michael Kunze and Sylvester Levay“-Konzerten in Tokio auf. Patrick Stanke und Sabrina Weckerlin waren bereits bei der achten „Sommernacht des Musicals“ im Jahr 2006 in Dinslaken zu Gast. Sabrina Weckerlin war von 2007 bis 2009 in der spotlight-Produktion „Elisabeth – Die Legende einer Heiligen“ in der Titelrolle am Fuße der Wartburg in Eisenach zu sehen und spielte in der Europäischen Erstaufführung von „Marie Antoinette“ die Rolle der Margrid Arnaud. Zuletzt war sie als Alrun in „Bonifatius – Das Musical“ im Schlosstheater Fulda zu sehen und wird diese Rolle auch vom 19. bis 22. August im Theater Erfurt verkörpern. Sabrina Weckerlin gastierte dieses Jahr – nach 2006 und 2009 – zum dritten Mal bei der „Sommernacht des Musicals“.

Serkan Kaya

Waren in den vergangenen Jahren die Moderationen teilweise etwas dürftig ausgefallen, hat in diesem Jahr – zumindest im ersten Teil – Serkan Kaya die durchgehende Moderation übernommen. Mit amüsanten Geschichten und mitunter ironischen Bemerkungen wusste er geschickt den Bogen zum jeweils nächsten Künstler zu spannen.

Ana Milva Gomes

Durchaus amüsant war auch die verlorene Wette um nicht auswendig gelernte Songtexte zwischen Bertram Ernst und Patrick Stanke, die dem Publikum den Auftritt von Herrn Stanke (in Lederhosen) mit „Satellite“, dem Siegertitel des diesjährigen Eurovision Song Contest von Lena Meyer-Landrut bescherte.

Patrick Stanke

Mit „Nur für mich“ aus „Les Misérables“, vier Songs aus „Elisabeth“ und zwei Titeln aus Elton John & Tim Rice´s „Aida“ wurden die „bewährten“ Klassiker geboten, wohingegen Serkan Kaya „Right here waiting“ seiner Familie widmete, von der er durch seine Auftritte oftmals getrennt ist.

Lucy Scherer

Sabrina Weckerlin, Uwe Kröger

Serkan Kaya

Setlist des ersten Teils der Musicalgala:

• Alle: „Sgt. Pepper´s Lonely Hearts Club Band“ (Beatles)
• Ana Milva Gomes: „I´m here“ aus „Color Purple“
• Patrick Stanke: „Satelitte“ (Lena Meyer-Landrut)
• Sabrina Weckerlin: „Blind vom Licht der Kerzen“ aus „Marie Antoinette“
• Lucy Scherer: „Nur für mich“ aus „Les Misérables“
• Uwe Kröger: „Der letzte Tanz“ aus „Elisabeth“
• Serkan Kaya: „Kitsch“ aus „Elisabeth“
• Sabrina Weckerlin, Uwe Kröger: „Wenn ich tanzen will“ aus „Elisabeth“
• Uwe Kröger, Patrick Stanke: „Die Schatten werden länger“ aus „Elisabeth“
• Sabrina Weckerlin: „Yesterday“ (Beatles)
• Serkan Kaya: „Right here waiting“ (Richard Marx), Keyboard: Patrick Stanke
• Ana Milva Gomes, Patrick Stanke: „Sind die Sterne gegen uns?“ aus Elton John & Tim Rice´s „Aida“
• Ana Milva Gomes, Sabrina Weckerlin, Patrick Stanke: „Einen Schritt zu weit“ aus Elton John & Tim Rice´s „Aida“
• Alle: „Always look on the bright side of life“ aus Monty Python's „Spamalot“

Ana Milva Gomes

Uwe Kröger

Lucy Scherer, Sabrina Weckerlin

„Jesus Christ Superstar“ ist in Dinslaken offensichtlich eine „sichere Bank“, und so präsentierten Serkan Kaya und Patrick Stanke im zweiten Teil der Gala ihr jeweiliges Highlight des Andrew Lloyd Webber-Klassikers. Das witzigste Highlight des zweiten Teils können sicherlich Serkan Kaya und Uwe Kröger für sich verbuchen. Da die beiden noch nie in „Elisabeth“ gemeinsam auf der Bühne standen, hatten sie sich für die Reprise von „Ich gehör nur mir“ etwas ganz Spezielles einfallen lassen: Serkan Kaya übernahm mit schwarzem Kleidchen und Frauenperücke die Rolle der Elisabeth, und nach dem Todeskuss fiel Uwe Kröger zu Boden. Damit nicht genug, berichtete Uwe Kröger, Serkan habe ihn geküsst, und er küsse gut … (Beide sind bekanntermaßen in „festen Händen“.)

Setlist des zweiten Teils der Musicalgala:

• Ana Milva Gomes: „Take me to heaven“ aus „Siser Act“
• Uwe Kröger: „Sweet Transvestite“ aus „Rocky Horror Show“
• Serkan Kaya: „Heaven on their minds“ aus „Jesus Christ Superstar“
• Patrick Stanke: „Gethsemane (I only want to say)“ aus „Jesus Christ Superstar“
• Lucy Scherer, Sabrina Weckelin: „Wie ich bin“ aus „Wicked – Die Hexen von Oz“
• Ana Milva Gomes, Uwe Kröger: „When I fall in love“ (Doris Day, später Nat King Cole)
• Sabrina Weckerlin, Patrick Stanke: „Alles“ aus „3 Musketiere“
• Uwe Kröger: „Roseanne“ aus „Dracula“
• Serkan Kaya, Uwe Kröger: „Ich gehör nur mir – Reprise“ aus „Elisabeth“ (als Sketch)
• Lucy Scherer: „Je suis malade“ (Lara Fabian)
• Ana Milva Gomes, Sabrina Weckerlin: „No more tears (Enough is enough)“ (Barbra Streisand & Donna Summer)
• Serkan Kaya: „Beat it“ (Michael Jackson)
• Patrick Stanke: „Wie wird man seinen Schatten los“ aus „Mozart!“
• Lucy Scherer, Uwe Kröger: „Das Phantom der Oper“ aus „Das Phantom der Oper“
• Sabrina Weckerlin: „Ich weine nicht mehr“ aus „Marie Antoinette“
• Sabrina Weckerlin, Serkan Kaya: „Hammer to fall“ aus „We Will Rock You“
• Alle: „We are the champions“ aus „We Will Rock You“
• Alle: „Time Warp“ aus „Rocky Horror Show“

Leider hatten die Herrschaften an den Reglern teilweise eine etwas andere Vorstellung von „gutem Ton“ als die Zuhörer. Gesangssolisten wurden mitunter in den Hintergrund gemischt, und spätestens wenn sich die Zuhörer wegen zu großen Schalldrucks die Ohren zuhalten, sollte man sein Motto „Viel hilft viel“ überdenken. Das mag bei Hardrock-Konzerten die richtige Devise sein, aber bei einer Musical-Gala ist die Erwartungshaltung der Zuhörer eben eine andere. Wohin der ewige Kampf des Fotografen mit noch höherer Lichtempfindlichkeit gegen den Beleuchter mit noch weniger Lumen führen kann, durfte man bei „Wenn ich tanzen will“ erleben. Passend zum Text „Will dich durch Nacht und Sturm begleiten“ blieb die Bühne komplett dunkel.

Patrick Stanke

Sabrina Weckerlin

Ensemble

Im Anschluss an die Veranstaltung – auch das ist beinahe schon Tradition in Dinslaken – stellten sich die Künstler noch dem Publikum und gaben bis weit nach Mitternacht Autogramme bzw. erfüllten Fotowünsche.

Lucy Scherer

Serkan Kaya

Patrick Stanke

Ana Milva Gomes

Im nächsten Jahr findet die dreizehnte „Sommernacht des Musicals“ am 9. Juli 2011 statt, und schon am Abend der zwölften „Sommernacht“ haben Serkan Kaya und Ethan Freeman (telefonisch während der Veranstaltung) ihr Kommen zugesagt.

Nachdem ich nun in diesem Jahr drei sehr ähnlich ausgerichtete Veranstaltungen besucht habe, nämlich die „Sommernacht des Musicals XII“ des Dinslaken, „Musical Allstars“ in Essen und „Musical meets Pop“ in Tecklenburg, ist es an der Zeit, eine kleine persönliche Bilanz zu ziehen. Jeder wird für sich Prioritäten setzen, und wer einen ganz bestimmten Künstler sehen wollte, für den gab es keine Alternative: Uwe Kröger ist eben nur in Dinslaken aufgetreten, Pia Douwes nur in Tecklenburg und Andreas Bieber nur in Essen. Genauer betrachtet gab es keinen Künstler, der bei mehr als einer Veranstaltung aufgetreten ist. Bei allen drei Veranstaltungen bekamen die Zuschauer ohne Frage Könner ihres Fachs geboten, aber zu durchaus unterschiedlichen Preisen. Dinslaken verlangt seit langem den höchsten Obulus für seine Veranstaltung, „Musical Allstars“ war mit seinem Kartenvertrieb über einen Haushaltswaren-Discounter und Endpreisen von 19,95 EUR unschlagbar günstig. Ob sich ein solches, bisher neues Konzept etablieren kann, wird die Zukunft zeigen. Die „Sommernacht des Musicals“ nähert sich mit seiner Songauswahl deutlich dem Konzept von „Musical meets Pop“ an, jedoch ohne die strikte Trennung von Musical- und Popsongs in den beiden Teilen.