„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“ – ein Road-Musical nach dem gleichnamigen Film von Thomas Jahn und Til Schweiger (1997). Musik und Texte: Alex Geringas/Joachim Schlüter; Songtexte: Chris Silber; zusätzliche Songtexte: Mirco Vogelsang; Libretto: Chris Silber/Gil Mehmert; Regie: Gil Mehmert; Choreographie: Yara Hassan; Ausstattung: Britta Tönne; Videodesign: Lisa-Marie Kuntze, Benjamin Geipel; Dramaturgie: Brigitte Schumacher; Regieassistenz: Sandra Wissmann; Musical Supervisor: Jürgen Grimm; Musikalische Leitung: Patricia M. Martin. Darsteller: Florian Minnerop (Martin Brest), Tomas Stitilis (Rudi Wurlitzer), Pascal Cremer (Henk), Alejandro Nicolás Firlei Fernández (Abdul), Charlotte Katzer (Frankie u. a.), Esther Conter (Frau Brest, Martins Mutter/Maitre u. a.), Florian Sigmund (Kommissar/Curtiz u. a.), Aline Bucher (Barfrau/Krankenschwester u. a.), Nico Hartwig (Assistent Keller/Autohändler u. a.), Jessica Trocha (Boutique-Chefin/Reporterin u. a.), Lara Hofmann (Bankerin u. a.). Band: Patricia M. Martin/Jürgen Grimm/Rupert Schnitzler (Leitung), Hans Fahr (Drums), Christoph Helm (Percussion), Jonas Krischke, Leonard Kueppers (Gitarre), Mark Meier, Michael David Mills (Keyboard), Rupert Schnitzler (Keyboard), Ronald Schwandt (Gitarre), Malte Winter (Bass). Tryout Premiere: 29. Mai 2018, Häbse-Theater Basel; 21. Juni 2018, Folkwang Universität der Künste, Pina Bausch Theater, Essen.



„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“


Tryout Premiere eines neuen Musicals


Das deutsche Roadmovie „Knockin’ On Heaven’s Door“ von Thomas Jahn und Til Schweiger (1997) war mit über 3 Millionen Kinobesuchern der erfolgreichste deutsche Kinofilm im Jahr 1997, das „schreit“ 20 Jahre später geradezu nach einer Musicalfassung. Und so verfassten und komponierten Alex Geringas, Joachim Schlüter, Chris Silber und Gil Mehmert „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“ und bringen es nun zusammen mit den Studierenden des Studiengangs Musical der Folkwang Universität der Künste und in Kooperation mit dem Häbse-Theater Basel unter der Regie von Gil Mehmert in einer ersten Tryout-Fassung auf die Bühne. Die Tryout Premiere am Häbse-Theater Basel fand bereits am 29. Mai 2018 statt, in Essen ist das Stück vom 21. bis 23. und 25. bis 27. Juni 2018 jeweils um 19.30 Uhr im Pina Bausch Theater der Folkwang Universität der Künste zu sehen.

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Alejandro Nicolás Firlei Fernández (Abdul), Pascal Cremer (Henk), Ensemble

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Alejandro Nicolás Firlei Fernández (Abdul), Charlotte Katzer (Frankie), Pascal Cremer (Henk), Ensemble

Nach der Musicaladaption von „Goethe!“ im vergangenen Jahr erblickt „Knockin’ on Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“ nach dem gleichnamigen Film von Thomas Jahn und Til Schweiger (1997) als Kooperation der Folkwang Universität der Künste mit dem Häbse-Theater Basel als Tryout-Produktion das Licht der Theaterwelt. Als Tryout-Vorstellungen wurden in der „klassischen“ Zeit der Broadway-Shows öffentliche Vorstellungen außerhalb New Yorks bezeichnet, um aufgrund der Publikumsreaktionen Änderungen und Verbesserungen vorzunehmen, bevor die Produktion in das Theater am Broadway umzog, in dem die Premiere vorgesehen war. Für Musik und Texte zeichnen Alexander Geringas und Joachim Schlüter verantwortlich, Christoph Silber hat Songtexte und gemeinsam mit Gil Mehmert das Libretto geschrieben, Gil Mehmert führt auch Regie. Alexander Geringas (* 1971 in Moskau) hat sich als Produzent, Komponist und Texter von diversen Top-Ten-Hits (No Angels: „Something about us“, Kelly Clarkson: „Dark Side“; Christina Stürmer: „Nie genug“ u. a.) und Filmmusiken („Hanni & Nanni“-Trilogie [2010, 2012, 2013], „Der fast perfekte Mann“ [2013], „Ich bin dann mal weg“ [2015] u. a.) etabliert, spielte aber auch als Schauspieler u. a. an den Hamburger Kammerspielen in „Der Mann ohne Vergangenheit“ unter der Regie von Gil Mehmert. Co-Komponist und Arrangeur Joachim Schlüter (* 1968 in Lüneburg) hat die Musik zu den Kinofilmen „Käpt’n Blaubär – Der Film“ (1999), der „Hanni & Nanni“-Trilogie (2010, 2012, 2013), „Der fast perfekte Mann“ (2013), „Ich bin dann mal weg“ (2015) u. a. geschrieben. Christoph Silber (* 1971 in Berlin) ist ein deutscher Autor, der in Los Angeles lebt und im Filmgeschäft als Drehbuchautor („Hanni & Nanni 2“ [2012], „Hanni & Nanni 3“ [2013], „Ich bin dann mal weg“ [2015], „Honigfrauen“ [2017] u. a.) und daneben auch als Produzent und Regisseur in Erscheinung getreten ist.

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Alejandro Nicolás Firlei Fernández (Abdul), Charlotte Katzer (Frankie), Pascal Cremer (Henk), Ensemble

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Tomas Stitilis (Rudi Wurlitzer) und Florian Minnerop (Martin Brest)

Der Film „Knockin’ On Heaven’s Door“ handelt von der Freundschaft zwischen dem krebskranken Rudi Wurlitzer und dem Draufgänger Martin Brest, der an einem inoperablen Hirntumor leidet. Die beiden begegnen sich auf der Palliativstation eines Krankenhauses. Bei einer Flasche Tequila beschließen sie, dort auf keinen Fall ihren Lebensabend verbringen zu wollen. Als Martin erfährt, dass Rudi noch nie am Meer gewesen ist, ist schnell entschieden, dies zu ändern. Kurzerhand klauen sie aus der Tiefgarage des Krankenhauses einen Mercedes-Benz 230 SL „Pagode“ und machen sich auf den Weg. Dabei ahnen sie nichts von der einen Million Mark (der Film ist 1997 erschienen!), die der Gangster Frankie im Kofferraum des Wagens deponiert hat. Bald darauf sind ihnen nicht nur Frankies Handlanger Abdul und Henk auf den Fersen, sondern nach einem Überfall auch noch die Polizei. Trotz aller Hindernisse verlieren sie nie ihr Ziel aus den Augen: das Meer zu sehen, bevor sie sterben.

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Tomas Stitilis (Rudi Wurlitzer) und Florian Minnerop (Martin Brest)

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Tomas Stitilis (Rudi Wurlitzer) und Florian Minnerop (Martin Brest)

In Anbetracht der Tatsache, dass die Hauptfiguren im Film „Knockin’ On Heaven’s Door“ allesamt männlich sind, ein Jahrgang des Studiengangs Musical an der Folkwang Universität der Künste aber i. d. R. drei Studentinnen und drei Studenten umfasst, hat man sich in „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“ entschieden, aus der Filmfigur Frankie „Boss“ Beluga die weibliche Figur Frankie werden zu lassen, und den Gangsterboss Curtiz kurzerhand sterben zu lassen, „Kill Bill“ lässt grüßen. Wer die Aufführung aufmerksam verfolgt, wird auch eine Anspielung auf „True Romance“ entdecken, der aus dem ersten Drehbuch von Quentin Tarantino entstanden ist. Diese war – wie viele andere Anspielungen – auch schon in der Filmvorlage enthalten.

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Alejandro Nicolás Firlei Fernández (Abdul) und Pascal Cremer (Henk)

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Lara Hofmann und Aline Bucher (babyblauer Mercedes-Benz 230 SL), Tomas Stitilis (Rudi Wurlitzer) und Florian Minnerop (Martin Brest), Alejandro Nicolás Firlei Fernández (Abdul) und Pascal Cremer (Henk)

Regisseur Gil Mehmert hat die letzte Reise von Martin Brest und Rudi Wurlitzer tempo- und einfallsreich in Szene gesetzt, schließlich sind die beiden Todgeweihten auf der Flucht vor Frankies Handlangern Henk und Abdul sowie der Polizei. Das mag dem ein oder anderen Zuseher zu schnell sein, aber deswegen verallgemeinert zu konstatieren, „dieses Roadmovie ist mit zu viel Speed unterwegs“, und der Regie obendrein „Torschlusspanik“ zu unterstellen, disqualifiziert m. E. den Rezensenten der Baseler Aufführung. Nachdem „Goethe! Auf Liebe und Tod“ im vergangenen Jahr sehr aufwendig produziert wurde, konzentriert sich Gil Mehmert in diesem Jahr bei „Knockin’ on Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“ mit den 11 Studierenden des dritten und vierten Jahrgangs des Studiengangs Musical auf das Kammerspiel in der Geschichte. Dementsprechend kommt das Bühnenbild von Britta Tönne mit wenigen Kulissen und Requisiten aus, der babyblaue Mercedes-Benz 230 SL „Pagode“ und der flamingorosafarbene Cadillac Fleetwood werden von den drei Studentinnen aus dem dritten Jahrgang versinnbildlicht. Da ist es natürlich „praktisch“, dass diese auch als Background vocalists singen und obendrein tanzen können, denn Yara Hassan hat für die kleine Spielfläche des Pina Bausch Theaters mit den Studierenden schwungvolle Choreografien einstudiert, die von diesen ansprechend umgesetzt werden. Die Spielfläche wird nach hinten durch eine Rückprojektionsleinwand begrenzt, auf der zu jeder Szene passende monochromatische (bewegte) Bilder gezeigt werden (Videodesign Lisa-Marie Kuntze, Benjamin Geipel), die nicht nur bloße Staffage sind, sondern das Setting optimal vervollständigen. Die sechsköpfige Band (Musikalische Leitung Patricia M. Martin) bringt Alex Geringas’ und Joachim Schlüters aktuelle Pop-Partitur unter der Leitung von Jürgen Grimm druckvoll zu Gehör.

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Tomas Stitilis (Rudi Wurlitzer) und Florian Minnerop (Martin Brest), Lara Hofmann und Aline Bucher (babyblauer Mercedes-Benz 230 SL)

In den Abschlussproduktionen des Studiengangs Musical der Folkwang Universität der Künste sind die Studierenden des vierten Jahrgangs häufig in den Hauptrollen zu sehen, unterstützt von den Kommilitoninnen und Kommilitonen des dritten Jahrgangs in den Nebenrollen. Was aber nicht als Dogma zu verstehen ist, wie bereits erwähnt, gab es in der Filmvorlage „Knockin’ on Heaven’s Door“ zur diesjährigen Produktion nur männliche Hauptrollen. Florian Minnerop und Tomas Stitilis wurden mit den Rollen der beiden todkranken Patienten Martin Brest und Rudi Wurlitzer betraut. Während Florian Minnerop als Martin Brest die Diagnose der tödlichen Krankheit durch draufgängerischen Aktionismus zu überspielen versucht, aber durch überzeugend gespielte epileptische Anfälle fortlaufend an sein nahes Ende erinnert wird, ist Tomas Stitilis als Rudi Wurlitzer eher introvertiert und es bedarf zunächst der berauschenden Wirkung von Tequila, um ihn zu überreden, aus seinem Schneckenhaus herauszukommen und die Reise ans Meer anzutreten: „Im Himmel, da reden die über nichts anderes, als über das Meer.“ Aus Freundschaft zu Martin bedroht er aber schließlich einen bürokratischen Pharmazeuten mit der Waffe aus dem Handschuhfach des gestohlenen Mercedes-Benz, damit dieser das Medikament für Martin auch ohne Rezept herausrückt. Pascal Cremer und Alejandro Nicolás Firlei Fernández (3. Jahrgang) bleiben als debiles Gangsterduo Henk, der Belgier, und Abdul, der Araber, zweifellos im Gedächtnis haften, kleine Unstimmigkeiten und Neidgebärden bestimmen ihren „Arbeitsalltag“. Da mag der ein oder andere Scherz nicht besonders geistreich sein, die Lacher des Publikums haben die beiden in jedem Fall auf ihrer Seite. Für Charlotte Katzer wurde aus der Filmfigur Frankie „Boss“ Beluga die knallharte, Samurai-Schwert schwingende, männermordende Frankie aka Francesca, die erst angesichts dessen, dass Martin und Rudi keine Angst vor dem Sterben haben, ihr weiches Herz unter der harten Schale durchblicken lässt und den beiden nicht nur ihr Leben „schenkt“, sondern Rudi sogar ihr Samurai-Schwert. Mit „Liebe ist Schmerz“ und „Das kann nur der Himmel sein“ sticht sie gesanglich heraus. Ester Conter ist überwiegend im Ensemble zu erleben, lediglich als Maitre im Luxushotel und Frau Brest, Martins Mutter, kann sie mit „Menue de Reve“ bzw. „Weißt Du noch“ auch solistisch auf sich aufmerksam machen. Die übrigen fünf Studierenden des 3. Jahrgangs Florian Sigmund (Kommissar Schneider/Curtiz u. a.), Nico Hartwig (Assistent Keller/Autohändler u. a.), Aline Bucher (Barfrau/Krankenschwester u. a.), Jessica Trocha (Boutique-Chefin/Reporterin u. a.) und Lara Hofmann (Bankerin u. a.) runden als spielfreudiges Ensemble den positiven Gesamteindruck ab.

„Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Ester Conter (Frau Brest) und Florian Minnerop (Martin Brest), Ensemble. © Elsa Wehmeier

Am Ende der Vorstellung wurden alle Darsteller, Musiker und Kreativen – so anwesend – mit langanhaltendem Stehapplaus für die gezeigten Leistungen belohnt. „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“ ist noch vom 25. bis 27. Juni 2018 jeweils um 19.30 Uhr im Pina Bausch Theater der Folkwang Universität der Künste zu sehen.

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