Theater Hagen: „BEATS! – Das Musical“

„BEATS! – Das Musical“ – Jugendmusicalproduktion zum 100-jährigen Jubiläum des Theaters Hagen; Musik: Axel Goldbeck; Buch: Johannes Maria Schatz; Liedtexte: Diane Weigmann; Künstlerische Gesamtleitung und Regie: Thilo Borowczak; Choreographie: Ricardo Fernando; Musikalische Leitung: Steffen Müller-Gabriel; Bühne: Jan Bammes; Kostüme: Christiane Luz. Darsteller: Lisa Gonscherowsky (Lara), Luc Packlidat (TC), Carolin Vogel (Alani), Wioleta Czebotorowicz (Floh), Joanna-Tabea Baker (Thessa), Claudio Fisicaro (Fabi), Nadine Floer (Maja), Saskia Ehrenthal (Ina), Anastasia Erbeling (Kim), Nevio Grasso (Giovanni), Pascal Bülow (Crush), Nathalie Schäfer (Sophia), Sabrina Steinkühler (Carla), Melina Fuhrmann (Lea), Janine Göbbels (Hanna), Vanessa Barthl (Emma), Ioakim Iliadis (Achim), Dennis Martin Perez (Philipp), Robert Schartel (Gilian, Leiter des Jugendzentrums), Wolfgang Nigel & Bernd Stahlschmidt-Drescher (Backgroundsänger), Candy da Costa Marques, Seynabou Diagne, Susanne Ferreira da Costa, Sabrina Karthaus, Nicole Leboch, Lisa Marie Markert, Evangelia Mitskopoulou, Hülya Özyasar, Deborah Polak, Shadi Shamsaldini, Heike Suchon, Fatima Uzun, Lisa Weber, Nick Batram, René Dreier, Wojtek Knopinski und David Weroniecki (Ensemble). Uraufführung: 14. April 2012, Theater Hagen, Großes Haus.



„BEATS! – Das Musical“


Jugendmusicalproduktion zum 100-jährigen Jubiläum des Theaters Hagen


Theater Hagen an der Elberfelder Straße

Am 5. Oktober 1911 wurde das nach Entwürfen des Architekten Ernst Vetterlein errichtete Theater Hagen als Städtisches Schauspielhaus eingeweiht. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude weitgehend zerstört, aber nach Kriegsende wieder aufgebaut und am 6. September 1949 wiedereröffnet. Zum 100-jährigen Bestehen wird das Musical „BEATS!“ als offizieller Programmpunkt des Spielplans und einer der Höhepunkte der Feierlichkeiten zum Jubiläum produziert. In dem Kultur- und Kooperationsprojekt zwischen Theaterförderverein, theaterhagen und den fünf Berufskollegs Hagens sind weit über 150 SchülerInnen nach ihren ganz speziellen Fähigkeiten bei der Produktion in der einen oder anderen Weise eingebunden – angefangen mit der Ideenfindung für den Plot bis hin zu den Darstellern und zur Bühnentechnik unter der Anleitung von Profis des Theaters. Die Idee zu einem Jugendmusicalprojekt mit Berufsschülern hatten Theaterpädagogin Miriam Walter und der Hagener Berufsschullehrer Johannes Maria Schatz. Er realisierte zum Weltjugendtag 2005 bereits mit 124 Jugendlichen und jungen Erwachsene aus insgesamt neun Ländern die bislang größte Jugendmusicalproduktion im deutschsprachigen Raum, „Rachel – Das Musical“ (Musik: Thomas Gabriel, Buch: Johannes M. Schatz, UA: 10. August 2005, Trier) und zeichnet als Projektleiter und Autor für das Projekt verantwortlich. Miriam Walter und Johannes M. Schatz wandten sich mit ihrem Vorschlag, Jugendliche der fünf Hagener Berufskollegs an sämtlichen Produktionsprozessen auf und hinter der Bühne zu beteiligen, an den Intendanten des theaterhagen Norbert Hilchenbach, der sich wie der Theaterförderverein Hagen e. V. von der einzigartigen Idee überzeugen ließ. Mit großzügiger Unterstützung von Sponsoren und Förderern konnte auch die Finanzierung des Projekts sichergestellt werden; die Gesamtkosten liegen bei mehr als 110.000 Euro, wovon 80.000 Euro mit Sponsoren- und Fördergeldern gedeckt wurden.

Lisa Gonscherowsky (Lara), Nadine Floer (Maja), Sabrina Steinkühler (Carla), Janine Göbbels (Hanna), Melina Fuhrmann (Lea) und Vanessa Barthl (Emma)
Foto Kühle; © theaterhagen


Nach der Sichtung von über 120 von SchülerInnen eingereichten Plotvorschlägen für „BEATS!“ schrieb Johannes M. Schatz – ausgehend von den vier ausgewählten Plotvorschlägen von Sebastian Erdmann („Hagen-Live“), Vivien Wisniewski, Yahia Onass, Jack von der Heidt („Streets of Hagen“), Britta Schulz („Ohne Titel“) und Jutta Bosse, Vivian Sevenich, Stefan Wagner, David Röding, Ann-Kathrin Knehans („Ohne Titel“) – das jugendgemäße Textbuch, das möglichst viele Motive aus den Schülerentwürfen beinhaltet und sich um ganz normale Jugendliche mit ihren alltäglichen Problemen dreht. Die Berliner Musikerin Diane Weigmann schrieb die Songtexte und der Bielefelder Musiker Axel Goldbeck komponierte die Musik dazu, die vom 30köpfigen Hagener Orchester unter der Musikalischen Leitung von Steffen Müller-Gabriel live gespielt wird.

Saskia Ehrental (Ina), Joanna Baker (Thessa), Anastasia Erbeling (Kim), Claudio Fisicaro (Fabi), Carolin Vogel (Alani) und Robert Schartel (Gillan)
Foto Kühle; © theaterhagen


Zum Inhalt:
Zu Beginn der Sommerferien freuen sich die Jugendlichen darauf, ihre freie Zeit im örtlichen Jugendzentrum zu verbringen, wo ein Kulturprojekt mit einer Partnerstadt realisiert werden soll. Gillan, der Leiter des Jugendzentrums hat durch einen Brief von der drohenden Schließung des Zentrum erfahren, und will versuchen, diese mit dem Kulturprojekt abzuwenden. Doch die Mädchen aus der Partnerstadt kommen aus völlig anderen Verhältnissen, mit „Straßenkultur“ und „Hochkultur“ treffen Welten aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Zudem kommen die Jugendlichen aus ganz unterschiedlichen sozialen Milieus. Nach dem Eintreffen der Mädchen wettet der pubertierende Bandleader TC mit seinen Freunden um 50 EUR, dass drei der Mädchen seinen Verführungskünsten erliegen werden, wobei sie von TCs intriganter Exfreundin Thessa belauscht werden. Entgegen aller Erwartungen kommt man sich bei den ersten Proben musikalisch wie menschlich sehr schnell näher, da tanzt der Hip-Hopper mit der Ballerina, da verliebt sich TC in Lara … nur Thessa und ihre Freundinnen haben Vorbehalte gegen das Kulturprojekt. Und dann ist da noch die Gitarristin Floh, die es wegen ihrer Homosexualität bei den anderen nicht leicht hat. Sie findet die Ballerina Alina zwar attraktiv, aber ihr gelingt es noch nicht, zu ihren Gefühlen zu stehen. Thessa säht schließlich Zwietracht zwischen Lara und TC, indem sie Lara von der Jungen-Wette erzählt, bevor es zu einem romantischen Date zwischen den beiden kommt. Gekränkt versetzt Lara TC und lässt ihrem Ärger bei der nächsten Probe freien Lauf. TC hat unterdessen gemerkt, dass ihm Lara unabhängig von der Wette längst mehr bedeutet, und ist dementsprechend geknickt. Das Projekt droht an den Konflikten zu scheitern.

Wioleta Czebotorowicz (Floh)
Foto Kühle; © theaterhagen


Der zweite Teil steuert dann – ziemlich vorhersehbar – auf das unvermeidliche Happy End hin. Floh und Alina kommen sich im Probenraum näher, und Alina nimmt sie sofort in Schutz, als sich die anderen Mädchen über sie lustig machen. Thessa möchte TC in seiner Stammkneipe verführen und zurückerobern, doch da er in Lara verliebt ist, weist er Thessa zurück. Und auch Lara wird sich ihrer Gefühle für TC bewusst, da hat Floh leichtes Spiel, als sie ihr von Thessas wahren Beweggründen erzählt. Rein zufällig findet Floh dann auch noch den Brief an Gillan mit der Ankündigung, das Jugendzentrum zu schließen. Gemeinsam beschließen alle, den zur Rettung des Jugendzentrum geplanten Gig doch durchzuziehen. Als Thessa mit ihren Freundinnen ein letztes Mal versucht, das Projekt sabotieren, wird sie im letzten Moment von Gillan erwischt. So kann der gemeinsame Auftritt schließlich erfolgreich über die Bühne gehen und das Jugendzentrum gerettet werden.

Lisa Gonscherowsky (Lara)
Foto Kühle; © theaterhagen


Natürlich erzählt jedes Theaterstück irgendwo eine Geschichte, aber wo der Plot zu „BEATS!“ sich um ganz normale Jugendliche mit ihren alltäglichen Problemen dreht, stellt sich mir die Frage, warum Johannes M. Schatz gerade diese Probleme so schnell und unkompliziert aus der Welt schafft. Das erinnert mich doch sehr an die Aussage des Conférenciers aus „Cabaret“: „Life is disappointing? Forget it! We have no troubles here! Here life is beautiful …“ Seine Texte kommen jugendgemäß daher, und nehmen auch kein Blatt vor den Mund. Jugendzentrumsleiter Gillan kommentiert die schriftlich angekündigte Schließung des Jugendzentrums schlicht und ergreifend mit „So eine Scheiße!“ Axel Goldbergs Partitur setzt das Crossover auf der Bühne in einer Mischung aus Hip-Hop, Pop, Swing und R´n´B musikalisch um, wobei ihm eingängige Melodien mit Wiedererkennungswert gelungen sind. Die von Jan Bammes entworfenen und von den BerufsschülerInnen realisierten Kulissen verwandeln die Bühne prägnant wahlweise in den Probenraum des Jugendraums, das Schlafquartier der weiblichen Gäste aus der Partnerstadt, eine an Plattenbauten erinnernde Häuserschlucht, TCs Stammkneipe oder auch einen Park.

Joanna Baker (Thessa) und Luc Packlidat (TC)
Foto Kühle; © theaterhagen


Größter Pluspunkt von „BEATS! – Das Musical“ sind die Jugendlichen selbst. Sie gleichen fehlende Theaterausbildung und -erfahrung durch umso größere Spielfreude aus, Schauspiel- und Gesangsunterricht (Schauspiel-Coach: Robert Schartel, Gesangs-Coach: Stefanie Smits) und Tanztraining (Dance Captain: Mandy-Marie Mahrenholz, Tanzcoaching: Carla Silva und Matthew Williams) verleihen dem Ganzen ein respektables und mehr als nur ansehnliches Niveau. Auch die Tanz-Choreografien (Choreografie: Ricardo Fernando), die ein Stück weit an die Vorkenntnisse der BerufsschülerInnen angepasst sind, werden von diesen einwandfrei umgesetzt. Bei alledem sollte man nicht außer Acht lassen, dass die Jugendlichen „BEATS!“ neben ihrer beruflichen Ausbildung und oft nach einem normalen Arbeitstag – also in ihrer Freizeit – in monatelangen Proben erarbeitet haben. Einige haben sogar ihren Jahresurlaub investiert, um bei der Produktion dabei sein zu können. Am Ende kommt im letzten Song sehr schön zum Ausdruck, was die BerufsschülerInnen bei diesem Projekt letztendlich verbindet: „Die Liebe zur Musik“. „BEATS! – Das Musical“ wurde am Premierenabend vom Publikum heftig akklamiert, was für die Jugendlichen sicher der schönste Lohn der harten Arbeit sein dürfte.

Ensemble
Foto Kühle; © theaterhagen


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