„Goethe!“ – Das gefeierte Musical erneut in der Stiftsruine Bad Hersfeld


„Goethe!“ – nach dem Kinofilm „Goethe!“ von Philipp Stölzl (2010). Musik: Martin Lingnau; Liedtexte: Frank Ramond; Buch und Regie: Gil Mehmert; Choreographie: Kim Duddy; Bühne: Jens Kilian: Kostüme: Claudio Pohle; Lichtdesign: Michael Grundner; Sounddesign, Tonmeister: Jörg Grünsfelder; Szenische Einstudierung der Wieraufnahme, Regieassistenz, Abendspielleitung: Till Kleine-Möller; Choreogeafische Einstudierung der Wiederaufnahme, Dance Captain: Jurriaan Bles; Musikalische Leitung: Christoph Wohlleben/Bernd Steixner. Darsteller: Philipp Büttner (Johann Wolfgang Goethe), Rob Pelzer ([Johann Caspar Goethe], Goethes Vater/Professor/Angeklagter), Iréna Flury (Lotte Buff), Detlef Leistenschneider ([Heinrich Adam Buff], Lottes Vater/Professor/Verleger), Inga Krischke (Anna Buff, Lottes Schwester/Ninon/Sudentin/Kammerzofe), Christof Messner ([Albert] Kestner, Gerichtsrat), Jonas Hein (Karl Wilhelm Jerusalem, Gesandtschafts­sekretär am Reichs­kammer­gericht in Wetzlar/Buchhändler), Karen Müller (Rotschopf [Margarethe]/Studentin/Kammerzofe), Pascal Cremer (Assessor Schleyn/Student), Florian Minnerop (Assessor Borgmann/Student), Mischa Mang (Gerichtspräsident Kammermeier/Mephisto/Professor/Kutscher/Postler/Priester), Claudia Artner (Studentin/Kammerzofe/Anton, Lottes kleiner Bruder), Jurriaan Bles (Student/Jurist/Gendarm), Claudio Gottschalk-Schmitt (Student/Jurist/Gustav, Lottes kleiner Bruder), Loek Meijer (Student/Jurist/Gendarm), Kelly Panier (Studentin/Kammerzofe/Elisabeth, Lottes kleine Schwester), Maja Sikora (Studentin/Kammerzofe/Hausdame/Gypsy-Mädchen), Anton Schweizer (Student/Carl, Lottes kleiner Bruder/Jurist), Marije Louise Maliepaard (Studentin/Kammerzofe/Gypsy-Mädchen), Yasmina Hempel (Swing). Uraufführung: 3. Juli 2021, 70. Bad Hersfelder Festspiele, Wiederaufnahme 15. Juli 2022, 71. Bad Hersfelder Festspiele, Stiftsruine, Bad Hersfeld.



„Goethe!“


Wiederaufnahme bei den 71. Bad Hersfelder Festspielen 2022


„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff) übergibt Detlef Leistenschneider (Verleger) Goethes Manuskript

Das Biopicture „Goethe!“ von Regisseur Philipp Stölzl kam in Deutschland am 14. Oktober 2010 mit 250 Filmkopien in die Lichtspielhäuser. Der Film spielt im Sommer 1772, in dem sich Johann Wolfgang Goethe in Charlotte Buff verliebte. Johann Wolfgang Goethe verarbeitete diese Episode seines Lebens in seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“. Im Film „Goethe!“ vermischen sich Fakten aus Goethes realem Leben mit dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ und reiner Fiktion, Philipp Stölzl hat Goethes Biografie und den literarischen Text quasi „übereinander kopiert“. Die Bad Hersfelder Festspiele bringen in Zusammenarbeit mit Stage Entertainment und Senator Film/Warner Bros. die Uraufführung des neuen Musicals „Goethe!“ auf die Bühne. Für die Musik zeichnet Martin Lingnau verantwortlich, Frank Ramond für die Liedtexte, und das Buch hat Gil Mehmert geschrieben, der auch Regie führt. Wir erinnern uns: Die drei haben bereits in der gleichen Konstellation bei „Das Wunder von Bern“ zusammengearbeitet. Kim Duddy hat die Choreografie erarbeitet.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Rob Pelzer (Goethes Vater)


Inhalt

Der junge Johann Wolfgang Goethe fällt in Straßburg durch das Staatsexamen und wird von seinen Kommilitonen verspottet. Sein Vater verbannt ihn zur Disziplinierung als Referendar beim Reichskammergericht in das kleine Städtchen Wetzlar. Hier gerät Johann schnell mit seinem strengen, überkorrekten Vorgesetzten, dem Gerichtsrat Albert Kestner aneinander. Goethe freundet sich mit seinem Referendarskollegen Wilhelm Jerusalem an und sie besuchen gemeinsam einen Ball, wo Johann Lotte Buff kennenlernt, von der er nachhaltig beeindruckt ist. Als Johann und Wilhelm Jerusalem bald darauf einen Reitausflug unternehmen, überraschen sie Lotte, die mit ihrem Vater und ihren zahlreichen jüngeren Geschwistern in Wahlheim wohnt, bei der Hausarbeit und verleben einen höchst vergnüglichen Tag. Auch Lotte spürt insgeheim, dass sie Johann ebenfalls sehr sympathisch findet. Nachdem beide darauf gewartet haben, dass sich jeweils der andere in einem Brief erklärt, brechen sie gleichzeitig auf, um einander zu treffen. Lotte findet in Johanns verlassener Kammer mehrere Entwürfe für einen Liebesbrief an sie, und als sich beide schließlich doch noch treffen, kann Johann mit einem spontanen Liebesgedicht ihr Herz gewinnen. Während eines Wolkenbruchs suchen die beiden Schutz in einer Burgruine, wo ihre Liebe erstmals Erfüllung findet. Albert Kestner beschließt, um die Hand der schönen Lotte anzuhalten und macht einen offiziellen Besuch bei den Buffs; eine Verbindung mit dem Gerichtsrat würde für die ganze Familie eine sichere finanzielle Perspektive bedeuten. Ohne zu ahnen, um wen es sich handelt, gibt Johann seinem Vorgesetzten sogar Ratschläge, mit welcher Formulierung er das Herz der Angebeteten erobern könnte. Als Albert Kestner mit genau diesen Worten um Lottes Hand anhält, willigt sie ein und schreibt Johann betrübt einen Abschiedsbrief. Dieser erreicht Johann aber nicht rechtzeitig, so dass sich erst bei der Verlobungsfeier schließlich die Wahrheit herausstellt. Johann geht mit seinem Freund Wilhelm Jerusalem auf den Jahrmarkt und beide berauschen sich. Jerusalem, der sich leidenschaftlich in eine verheiratete Frau verliebt hatte, ist zutiefst enttäuscht, da sie beschlossen hat, bei ihrem Mann zu bleiben. Aus Verzweiflung erschießt sich Wilhelm Jerusalem, und auch Johann denkt zunächst an Freitod, führt seinen Plan allerdings nicht aus. Durch Beleidigung seines Vorgesetzten kommt es zu einem Duell mit Albert Kestner, bei dem zwar niemand getötet wird, aber Johann Goethe wegen des bei Strafe verbotenen Duells verhaftet wird. Während seiner Inhaftierung schreibt Johann seinen Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“, in dem Werther aufgrund seines Weltschmerzes am Ende Selbstmord begeht. Als Lotte Johanns Brief mit dem Manuskript erhält, gerät sie in Panik: Will Johann sich wie Werther umbringen? Nach einem Besuch bei Johann übergibt sie das Manuskript ohne sein Wissen an einen Verleger. Sechs Monate später reist Johann Goethe nach der Entlassung aus der Haft mit seinem Vater zurück nach Frankfurt, dort ist der Roman inzwischen zum Bestseller geworden, so dass auch er die schriftstellerischen Ambitionen seines Sohnes schließlich mit Stolz anerkennen muss.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Christof Messner (Kestner)

Man mag an dieser Stelle geteilter Meinung darüber sein, ob das Biopicture „Goethe!“ oder der Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ besser als Vorlage für ein Musical geeignet sind, „Lotte – Ein Wetzlarer Musical“ von Marian Lux (Musik) und Kevin Schröder (Buch und Liedtexte) basierend auf dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ wurde bereits am 10. Juli 2015 bei den Wetzlarer Festspielen im Lottehof in Wetzlar uraufgeführt und am 23. Juni 2016 wiederaufgenommen. „Goethe!“ nach dem Biopicture „Goethe!“ von Regisseur Philipp Stölzl lief dagegen nach dem Einstieg von CVC bei Stage Entertainment in der Warteschleife und erlebte seine Uraufführung bei den 70. Bad Hersfelder Festspielen 2021. Wie bereits beim Biopicture „Goethe!“ sind auch im Musical „Goethe!“ Goethes Biografie und der literarische Text des „Werther“ quasi „übereinander kopiert“. So erfährt der Zuschauer gleich zu Beginn, dass Johann Wolfgang Goethe in Straßburg durch das Staatsexamen gefallen ist, dagegen wird seine Disputation vom 6. August 1771 verschwiegen, in der er seine Thesen unter dem Titel „Positiones Juris“ verteidigte und damit das Lizenziat erwarb. So entstehen Irrtümer der Geschichte wie jenes, dass Albert Einstein ausgerechnet in den naturwissenschaftlichen Fächern ein schlechter Schüler gewesen sei. Die Diskussion um Faktentreue lässt sich in den Besprechungen zu Philipp Stölzls Biopicture zur Genüge nachlesen und braucht daher an dieser Stelle nicht nochmals aufgegriffen werden. (Vergleiche hierzu das Interview mit Buchautor Gil Mehmert. Lotte, auf die Frage des Verlegers nach der Wahrheit: „Es ist mehr als die Wahrheit, es ist Dichtung!“)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe)

Regisseur Gil Mehmert (u. a. „Tootsie“, Europäische Erstaufführung 7. Juli 2022, Wiederaufnahme 17. September 2022, Staatstheater am Gärtnerplatz München; „Lady Bess“, Europäische Erstaufführung 19. Februar 2022, Wiederaufnahme 13. Januar 2023, Theater St. Gallen; „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n Road Musical“, Uraufführung 21. Oktober 2021, Stadttheater Fürth; „Chicago – Das Musical“, Premiere 29. August 2021, Wiederaufnahme 19. August 2022, Opernhaus Bonn; „Himmel und Kölle“, Uraufführung: 29. Oktober 2020, Volksbühne am Rudolfplatz, Köln; „Wüstenblume“, Uraufführung 20. Februar 2020, Wiederaufnahme 27. Oktober 2021, 1. November 2022, Theater St. Gallen; „Elisabeth“, Premiere 5. Juli 2019, Wiederaufnahme 30. Juni 2022, 29. Juni 2023, Schloss Schönbrunn, Wien; „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, Staatstheater am Gärtnerplatz, München, Bad Hersfelder Festspiele 2018 und 2019; „Cabaret“, Bad Hersfelder Festspiele 2015 und 2016, Volksoper Wien, Premiere 14. September 2019, Wiederaufnahme 14. Oktober 2022, Opernhaus Dortmund, Premiere 24. September 2022; „Das Wunder von Bern“, Theater an der Elbe, Hamburg; „Sunset Boulevard“, Bad Hersfelder Festspiele 2011, Stadttheater Fürth mit anschließender Tournee durch den deutschsprachigen Raum, Opernhaus Dortmund, Opernhaus Bonn) verleiht den Geschehnissen im Sommer 1772 eine zusätzliche Klammer, indem er Lotte Buff zu Beginn Goethes Manuskript zum Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ zum Verleger tragen lässt, bevor die Handlung mit Goethes Staatsexamen seinen Lauf nimmt und dem Zuschauer vor Augen führt, wie es zur Entstehung dieses Manuskripts gekommen ist. Johann ist von Selbstzweifeln an den eigenen Möglichkeiten künstlerischen Ausdrucks getrieben, die von Lotte nicht im geringsten geteilt werden: „Es ist lächerlich, dass du nicht an dich glaubst.“ Im Gegenteil, sie trägt sein Manuskript – ohne sein Wissen – selbstbewusst zum Verleger und verschafft ihm damit Ansehen und Ruhm. Lotte ist damit die modernste und aktivste Figur in der Handlung des Musicals und wirkt mit ihrem Erscheinungsbild und ihrem Auftreten für das 18. Jahrhundert ausgesprochen ungewöhnlich. Wären da nicht die historischen Figuren, das Musical könnte auch in der heutigen Zeit spielen.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff)

Diesem Ansatz folgend hat Jens Kilian ein eher zeitloses Bühnenbild geschaffen, das mit seinem verfahrbaren Portal ausgesprochen funktional ausgefallen ist: Der Vorhang des Portals kann für Schattenspiele genutzt werden, der geöffnete Vorhang gibt den Blick auf den Gerichtssaal, Johanns Kammer, das Haus der Familie Buff, die Kirche oder auch die Bühne mit den lebensgroßen Figurinen aus „Emilia Galotti“ frei. Das Kostümdesign von Claudio Pohle ist eher modern ausgefallen, den typischen, etwas angestaubten Werther-Look mit blauem Gehrock, gelber Weste und Hose zu hohen Stiefeln findet man hier nur andeutungsweise. An kleinen Details erkennt der aufmerksame Zuschauer dennoch, dass das Stück nicht in der Gegenwart spielt. Das stimmungsvolle Lichtdesign von Michael Grundner bezieht auch den in diesem Jahr nicht bespielten Hochchor der Stiftsruine in das Geschehen mit ein, wodurch das altehrwürdige Gemäuer mit schwächer werdendem Tageslicht zunehmend zur Geltung kommt. Martin Lingnau (Musik) und Frank Ramond (Liedtexte) haben die Musik zu dem nahezu vollständig durchkomponierten Musical geschrieben, moderne, eingängige Melodien, poppig mit rockigen Anklängen, Mephisto erscheint Goethe und Jerusalem im Rausch als Puppet Master. Das zwanzigköpfige Orchester unter der Musikalischen Leitung von Christoph Wohlleben bringt Martin Lingnaus Partitur zeitgemäß zu Gehör – bitte keine Anklänge an Spätbarock oder Wiener Klassik erwarten. Waren 20 Musiker mit klassischen Instrumenten bereits vor der COVID-19-Pandemie bei Musicalaufführungen beinahe Luxus, so ist der fulminante Klang des Orchesters nunmehr als Non plus ultra Balsam für die gebeutelte Seele. Kim Duddy hat die weiträumige Bühne im Querschiff der Stiftsruine vor der verfahrbaren Guckkastenbühne für ihre ansprechend schwungvollen, teilweise athletischen Choreografien ausgiebig genutzt.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Jonas Hein (Wilhelm Jersusalem)

Bei der Uraufführung in Bad Hersfeld waren die Rollen von Johann Goethe und Lotte Buff mit Philipp Büttner (Aladdin in „Disneys Aladdin – Das Musical“, Theater Neue Flora, Hamburg und Apollo Theater, Stuttgart) und Abla Alaoui (u. a. Ellen in „Miss Saigon“, Premiere 3. Dezember 2021, Raimund Theater, Wien; Jenny in „Aspects of Love“, Theater Arche, Wien; Lisa/Sophie alternierend in „Mamma Mia!“, Deutschland-, Österreich- und Schweiz-Tournee ) besetzt. Da Abla Alaoui heuer durch ihr Engagement bei den Vereinigten Bühnen Wien (Junge Elisabeth in „Elisabeth“ [konzertant], Schloss Schönbrunn Wien, Wiederaufnahme 30. Juni 2022); Esmeralda in Disneys „Der Glöckner von Notre Dame, Premiere 8. Oktober 2022) gebunden ist, spielt Iréna Flury in diesem Jahr die Lotte an der Seite von Philipp Büttner, der erneut als junger Goethe brillieren kann. Iréna Flury hat viele Zuschauer bereits in zahlreichen weiteren Rollen überzeugt, unter anderem als Milena Vakulic in der Uraufführung des Musicals „Die Schweizermacher“ (Premiere 16. September 2010, Maag Music Hall Zürich, Regie Stefan Huber), als Julia in „Romeo & Julia“ bei den Thunerseespielen (Premiere 8. Juli 2015, Regie Christian von Götz), als Maria in der „West Side Story“, Premiere 24. November 2018, Opernhaus Dortmund, Regie Gil Mehmert, Premiere: 16. Juni 2017, DomplatzOpenAir in Magdeburg, Regie Gil Mehmert, und Emma Carter in „I am from Austria“, Uraufführung 16. September 2017, Raimund Theater, Wien. Mit „Wait until Dark“ (Premiere 6. März 2020, Regie Larisa Netterlund) feierte sie in den USA als Susan Hendrix ihr Schauspieldebüt am Hanifl Performing Arts Center in White Bear Lake, Minnesota, presented by Lakeshore Players Theatre. Iréna Flury ist außerdem regelmäßig im österreichischen und deutschen Fernsehen zu sehen, zum Beispiel in der ORF Serie „Die Detektive“, in „Soko Kitzbühl“, in „Der Winzerkönig“ oder auch im israelisch-österreichischen Kinofilm „Das Testament“ von Amichai Greenberg (2017) als Silvie. Als Darsteller der Väter-Generation und Autoritäten stehen Mischa Mang, Rob Pelzer und Detlef Leistenschneider auf der Bühne.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Inga Krischke (Anna Buff), Philipp Büttner (Johann Goethe), Iréna Flury (Lotte Buff), Jonas Hein (Wilhelm Jersusalem), Ensemble

Philipp Büttner gibt – wie schon in der Uraufführung – den stürmischen Hitzkopf, der auch im wahren Leben in jungen Jahren jedem Rockzipfel hinterhergelaufen ist: Anna Katharina Schönkopf, Friederike Elisabeth Oeser, Friederike Brion, Charlotte Buff, Anna Elisabeth (Lili) Schönemann, Christiane Amalie Louise Becker, Charlotte von Stein, Christiane Vulpius, seine spätere Ehefrau. Einfühlsam lotet der Darsteller die Höhen und Tiefen der Beziehung von Johann Goethe zu Lotte Buff aus und weiß auch gesanglich auf ganzer Linie zu beeindrucken.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe)

Iréna Flury spielt Lotte Buff vorlangengerecht als selbstbewusste Frau, für das 18. Jahrhundert natürlich ein wenig zu emanzipiert und vor allem zu fortschrittlich, mit ihrem hellen Sopran kann sie in ihren Soli und Duetten glänzen. Höhepunkt der beiden Darsteller dürfte womöglich das Duett „Die Leiden des jungen Werther“ sein, als Lotte den inhaftierten Goethe besucht, der an eben jenem Briefroman schreibt. Die Beziehung zwischen beiden endet unglücklich, muss unglücklich enden, denn sonst gäbe es „Die Leiden des jungen Werthers“ nicht.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff)

Der dritte im Bunde ist Christof Messner (u. a. Leopold Brandmeyer in „Im weißen Rössl“, Saarländisches Staatstheater Saarbrücken; Ernst Ludwig in „Cabaret“, Stadttheater Klagenfurth; Claude Hooper Bukowski in „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, Bad Hersfelder Festspiele 2018 und 2019), der sich als Gerichtsrat Albert Kestner die Verse für seinen Antrag an Lotte von Johann Goethe dichten lässt, diesen aber zum Teufel jagt, als er in ihm seinen Nebenbuhler erkennt. Da ist bekanntlich Mephisto nicht mehr weit… Natürlich hat Albert Kestner aufgrund seiner Stellung bei Lottes Vater die besseren Karten.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe), Iréna Flury (Lotte Buff), Inga Krischke (Anna Buff) und Jonas Hein (Wilhelm Jersusalem)

Neu im Ensemble ist in diesem Sommer auch Jonas Hein als Wilhelm Jerusalem. Jonas Hein spielte direkt nach dem Abschluss seines Studiums in vielen Musicals und wurde einem Millionen Publikum dann 2012 durch die Teilnahme an der TV-Musikshow „The Voice Of Germany“ bekannt. Er gehörte zur MusicalCompany am TfN Hildesheim, war in „The Rocky Horror Show“ (Premiere 20. Juni 2014, Wiederaufnahme 19. Juni 2015, Regie Ulrich Wiggers) beim DomplatzOpenAir Magdeburg als Brad Majors zu sehen und spielte Cornelius Hackl in „Hello Dolly“ am Grenzlandtheater Aachen (Premiere 11. Dezember 2015, Regie Ulrich Wiggers). Als Quasimodo in Disneys „Der Glöckner von Notre Dame“ war er am Theater des Westens Berlin und Apollo Theater Stuttgart zu sehen, als Jacob Grimm in der Uraufführung von „Jacob & Wilhelm – Weltenwandler“ (Premiere 10. Mai 2019, Regie Jan Radermacher) bei den Brüder Grimm Festspielen in Hanau – um nur einige seiner vielen Rollen zu nennen. Zuletzt trat er in der Uraufführung von „Knockin’ On Heaven’s Door – Das Rock’n’Road Musical“ (Premiere 21. Oktober 2021, Regie Gil Mehmert) am Stadttheater Fürth als Rudi Wurlitzer und als Edward Fairfax Rochester in „Jane Eyre“ (Premiere 1. April 2022, Regie Ivan Alboresi) am Theater Nordhausen auf. Jonas Hein ist zusammen mit Karen Müller (u. a. Kathy in „Himmel und Kölle“, Volksbühne am Rudolfplatz, Köln; Klärchen in „Im weißen Rössl“, Opernhaus Dortmund; Karen/Electric Blues Trio in „Hair – The American Tribal Love Rock Musical“, Bad Hersfelder Festspiele 2018 und 2019) als zweites Liebespaar zu sehen. Margarethe möchte in der Öffentlichkeit lieber nicht mit Wilhelm Jerusalem gesehen werden, doch schließlich küssen sich beide im Regen leidenschaftlich. Diese Beziehung endet nicht nur unglücklich, sondern sogar tragisch: Johann Goethe kann nicht verhindern, dass sich Wilhelm Jerusalem vor seinen Augen erschießt.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Karen Müller (Rotschopf) und Jonas Hein (Wilhelm Jersusalem)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff)



Das spielfreudige Ensemble unterstützt die Protagonisten insbesondere in den choreografisch umgesetzten Szenen vortrefflich und sorgt so für einen außerordentlich sehenswerten Abend. Nach gut zweieinhalbstündiger Vorstellung – einschließlich Pause – hielt es das Premierenpublikum nicht lange in den Sitzen und alle Darsteller*innen und Musiker*innen wurden mit langanhaltendem Stehapplaus belohnt. „Goethe!“ ist noch in 21 Folgevorstellungen bis zum 27. August 2022 bei den 71. Bad Herfelder Festspielen zu sehen, darunter sechs Nachmittagsvorstellungen um 15 Uhr.

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Iréna Flury (Lotte Buff)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Traumszene, Mischa Mang (Mephisto), Ensemble

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff), Ensemble

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Jonas Hein (Wilhelm Jerusalem)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Karen Müller (Rotschopf) und Philipp Büttner (Johann Goethe)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Iréna Flury (Lotte Buff) und Philipp Büttner (Johann Goethe)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Iréna Flury (Lotte Buff)

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Mischa Mang (Priester), Ensemble

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe), Ensemble

„GOETHE!“, Bad Hersfelder Festspiele 2022, Philipp Büttner (Johann Goethe) und Iréna Flury (Lotte Buff), Ensemble

Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen mit dem Coronavirus

Es mag ein altes Thema sein, die gesetzlichen Auflagen für den Besuch von Veranstaltungen wurden aufgehoben, doch jeder kann und sollte dazu beitragen, dass sich das Virus nicht weiter oder erneut verbreiten kann. Durch das freiwillige Tragen von FFP2-Masken und Abstand Halten kann man andere Gäste und auch die Mitarbeiter*innen der Bad Hersfelder Festspiele schützen. Wenn sich beispielsweise zu viele Darsteller*innen infizieren, werden die Folgevorstellungen womöglich abgesagt, und damit ist niemandem gedient.

Kommentare

Detlef hat gesagt…
Das Tanzensemble des Musicals „Goethe!“ hat auch der Hersfeldpreis-Jury ausgesprochen gut gefallen und wurde mit dem Großen Hersfeldpreis 2022 ausgezeichnet.