„Ideall“ – Musical Eigenarbeit der Studierenden der Folkwang Universität der Künste Essen


„2005 wurde erstmals ein Jahrgang aufgefordert, zum Ende des 6. Semesters ein Projekt in Eigenregie auf den Weg zu bringen. Vorgabe: Findet eine dramaturgische Klammer, die erlernten Ausdruckselemente zu einer Stunde Theater zusammenzufügen! Und es schien ein schöner Ausblick, damit nicht nur das Ende eines Ausbildungsjahres, sondern auch die für alle gleichermaßen aufregende und anstrengende Aufnahmeprüfungswoche abzurunden. … Inzwischen hat sich die Eigenarbeit zum geheimen und vielleicht sogar aussagekräftigeren Abschlussstück der Klassen entwickelt. Wozu die Studierenden in der Lage sind, wenn man sie lässt und ihnen vertraut, ist absolut erstaunlich und ein Spiegel unser aller Arbeit, in den zu schauen jedes Jahr noch größere Freude bereitet.“ (Prof. Gil Mehmert, „Eigenarbeit“ in 20 Jahre Folkwang Musical: Musik, Theater, Tanz – drei Disziplinen, ein Studiengang. Folkwang Hochschule, Hrsg., 2009) Tatsächlich wurde die Eigenarbeit des dritten Jahrgangs der Studierenden im Studiengang Musical der Folkwang Universität der Künste Essen früher regelmäßig zum Ende der Aufnahmeprüfungswoche präsentiert, aber wie heißt es so schön, früher war alles anders. Als letzte Eigenarbeit vor der COVID-19 Pandemie wurde am 20. und 21. Februar 2020 „Nichts gelernt“ von Myriam Akhoundov, Michael Berres, Lukas Mayer, Leon Petzold, Sophia Riedl und Zoe Staubli gezeigt, deren Abschlussprojekt „Grand Hotel“ am 19. November 2020 als geschlossene Veranstaltung ohne Publikum stattgefunden hat. In diesem Jahr hätte die Eigenarbeit „Ideall“ von Gioia Heid, Nils Karsten, Susann Ketley, Juri Menke, Kelly Panier und Benedikt Peters regulär am 24., 25. und 26. Februar aufgeführt werden sollen, aber wegen der COVID-19-Pandemie sind diese Termine abgesagt worden.

ehemaliges Kloster Werden, heute Folkwang Universität der Künste, im Hintergrund die St.-Ludgerus-Kirche

Im Mai diesen Jahres kam dann bereits das diesjährige Folkwang-Musical „Anything goes“ (Premiere 20. Mai 2022, Theater und Konzerthaus Solingen, Regie Sandra Wissmann) in Kooperation mit dem Kulturmanagement Solingen mit Umbesetzungen und einer Vorstellungs­absage aufgrund der COVD-19-Pandemie am Theater- und Konzerthaus Solingen sowie am Teo Otto Theater in Remscheid zur Aufführung, aber da die Eigenarbeit auch fester Bestandteil der Studien- und Prüfungsordnung ist, konnte sie natürlich nicht komplett entfallen. Und so gab es also am 4. Juni 2022 zwei „geheime“ Aufführungen der Eigenarbeit im Pina Bausch Theater, die in keinem offiziellen Veranstaltungsverzeichnis zu finden waren.

Im aktuell gültigen Allgemeinen Hygieneplan der Folkwang Universität der Künste zur Umsetzung von Maßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV-2-Pandemie wird der Zugang zu Veranstaltungen so begrenzt, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern regelmäßig sichergestellt ist und bei Veranstaltungen mit sitzenden Zuschauer*innen der Mindestabstand von 1,5 Metern durch ein einfaches Schachbrettmuster ersetzt werden kann. Daher wurde womöglich auch ohne öffentliche Ankündigung der Veranstaltung die maximal mögliche Zuschauerzahl im Pina-Bauch-Theater unter Einhaltung des Mindestabstandes bereits ausgeschöpft. Da kann man froh sein, dass es offensichtlich doch noch Stellen gibt, an denen noch auf eine Minimierung der Infektionsgefahren geachtet wird. Bei Veranstaltungen an der Folkwang Universität der Künste besteht für das Publikum außerdem die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske auch am Sitzplatz während der gesamten Vorstellung. 👍

Der aktuell vierte Jahrgang stand mit Ausnahme von Juri Menke bei „Anything goes“ in Solingen auf der Bühne, alle sechs Studierenden waren im November 2021 in „She loves me“ (Premiere 24. November 2021, Theater und Konzwerthaus Solingen, Regie Gil Mehmert) zu sehen und werden in der „Cabaret“-Inszenierung von Gil Mehmert (Premiere 24. September 2022) gemeinsam mit Rob Pelzer (Conférencier), Bettina Mönch (Sally Bowles), Jörn-Felix Alt (Clifford Bradshaw), Cornelia Drese/Angelika Milster (Fräulein Schneider, Pensionswirtin), Tom Zahner (Herr Schultz, Gemüsehändler) u. a. am Opernhaus Dortmund auf der Bühne stehen. Kelly Parnier wird auch in der Wiederaufnahme von „Goethe!“ (Premiere 15. Juli 2022, Regie Gil Mehmert) bei den 71. Bad Hersfelder Festspielen als Kleine Schwester u. a. dabei sein.

Von allen Eigenarbeiten des Studiengangs Musical, die ich in den vergangenen zehn Jahren angeschaut habe, hatte ich zu „Ideall“ den geringsten persönlichen Zugang, sowohl was das Sujet anbelangt als auch zur Musik von Malte Viebahn. Im ersten „Song“ wurde ein Audio-Sample in einer Schleife wiedergegeben und neues Audio-Material über dem aktuellen Loop aufgenommen. Man nennt diese Technik meines Wissens Overdubbing, aber ich kenne mich nicht wirklich damit aus, und bei vier Overdubs müssen sich die Solisten schon mächtig konzentrieren, ihren Part an genau der richtigen Stelle einzusingen, was ihnen auch gelungen ist. Wie dem auch sei, ich habe zu dieser Art der Musik keine Antenne, mir persönlich sagt beispielsweise Harmoniegesang wie im letzten Song „Kleines Püppchen“ der Eigenarbeit eher zu.

Ungeachtet dieser persönlichen „Befindlichkeiten“ lässt sich zweifellos konstatieren, dass die Studierenden das vorwiegend jüngere Publikum im Pina Bausch Theater mit Gesang, Tanz – besonders eindrucksvoll sind bei dieser Produktion IMHO die dynamischen Choreografien ausgefallen – und Schauspiel für sich einzunehmen wussten, das nach knapp einer Stunde Aufführungsdauer begeistert applaudierte. Gern hätte ich Kelly Panier (Hope Harcourt in „Anything goes“) nochmals mit ihren Mitstudierenden tanzen gesehen, doch sie saß an diesem Abend im Auditorium und stand lediglich beim Schlussapplaus mit auf der Bühne.

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