Die Techno-Classica Essen 2022 machte die Ruhrmetropole wieder zur Hauptstadt des Klassik-Universums

Automobile Leidenschaft trotz COVID-19-Pandemie und Ukraine-Konflikt ungebrochen

Mit über 1.000 Ausstellern, mehr als 150 Club-Präsentationen und rund 20 offiziellen Ständen der am Markt führenden Handelsunternehmen machte die Techno-Classica Essen mit ihrer 32. Auflage die Ruhrmetropole nach 2 Jahren Corona-Pause wieder zur Hauptstadt des Klassik-Universums. Hier trafen sich zur Saisoneröffnung die Protagonisten der internationalen Klassiker- und Automobilszene und Enthusiasten, die mit Herz und Verstand für den Erhalt automobilen Kulturgutes sorgen. Sie präsentierten den über 150.000 Besuchern aus 46 Nationen in den neu gestalteten Essener Messehallen das gesamte Spektrum der Klassiker-Welt. Über 2.700 dort gezeigte Liebhaber- und Sammlerfahrzeuge konnten die Gäste bewundern – und rund 1.800 direkt vor Ort erwerben.

Im riesigen Angebot der 9 Messehallen und den zwei Freigeländen war für jeden Geschmack und Geldbeutel der passende Klassiker dabei – vom erschwinglichen Youngtimer vom Schlage eines Triumph Spitfire oder eines Mercedes SLK aus dem Jahr 2009 für wenige tausend Euro bis hin zu Ferraris im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.

S.I.H.A. Sonderschau „Aston Martin und Zagato“: Aston Martin DB4 Zagato, Sechszylinder-Reihenmotor, 3,7 Liter, 314 PS/234 kW, 246 km/h

Eine besondere Auszeichnung war das offizielle 100-Jahres-Jubiläum der italienischen Karosserieschmiede Zagato, das mit allen sechs verschiedenen Modellen von Aston Martin mit Zagato-Karosserien rund um den Pavillon der S.I.H.A in Halle 5 begangen und von Andrea Zagato und der Firmenleitung eröffnet wurde.

Gute Geschäfte in Krisenzeiten

Ihrem Anspruch, als „Weltmesse für Oldtimer, Classic- & Prestige-Automobile, Motorsport, Motorräder, Ersatzteile, Restaurierung und Welt-Clubtreff“ zu gelten, wurde die Techno-Classica Essen damit erneut gerecht: Für die Aussteller aus mehr als 30 Nationen war sie trotz Corona und Ukraine-Krieg der Boden für gute Geschäfte – das gilt nicht nur für den Fahrzeughandel, sondern auch für die anderen Ausstellungsbereiche wie Kunst, Automobilia, Modellautos und Literatur. Die Vielzahl der „Verkauft“-Schilder an den Fahrzeugen aller Preisklassen zeigte, dass mit der Techno-Classica die Zeit des Abwartens vorbei war: Galt der Klassiker-Markt in den letzten beiden Jahren eher als schwierig, so stimulierte die Weltmesse die weltweite Kauflust offenbar, manchmal vielleicht auch zur Anlage von Kapital.

Preziosen gefragt

Nick Aaldering, Geschäftsführer des niederländischen Handelsprofis „Gallery Aaldering“, hatte bereits am Messe-Samstag neun Preziosen im sechsstelligen Euro-Bereich aus seinem Angebot von 30 Oldtimern verkauft – vom Maybach über Dino Ferrari bis zum Maserati 3500 GT Spider. „Die Käufer sind kritischer geworden. Doch wer seine Automobile zu realistischen Preisen anbietet, findet entschlossene Abnehmer“, analysierte Nick Aaldering die Situation.

Delahaye 235 Convertible, Baujahr 1952 bei „Gallery Aaldering“

Martin Stromberg, Geschäftsführer von Classic Data aus Bochum, des ältesten und marktführenden Unternehmens zur Bewertung klassischer Fahrzeuge in Deutschland, bestätigte die Einschätzung: „Der Klassiker-Markt hat auch in Corona-Zeiten seine Stabilität behalten und ist berechenbar geblieben – er hat sich auf hohem Niveau konsolidiert.“ Von guten Verkaufsergebnissen berichteten international renommierte Händler wie Eberhard Thiesen aus Hamburg, Gerhard Wolf, Geschäftsführer von „Auto Toy Store“ in Starnberg oder Jaroslav Vrabec von AVC in Prag und Shawn Dougan von der Hyman Ltd. in Missouri/USA.

Best of Show ist ein Alfa Romeo im Maßanzug

Eine 12-köpfige internationale Jury unter Leitung des Niederländers Maikel de Munnik kürte unter mehr als 150 Concours d’Élégance-Teilnehmern das weltbeste Automobil – eine verantwortungsvolle Aufgabe: ein perfekt restaurierter Alfa Romeo 1900 C SS mit Ghia-Karosserie aus dem Jahr 1954 des Händlers Eberhard Thiesen wurde von den Experten und Journalisten zum „Best of Show 2022“ gekürt. Besonders interessant: die Auszeichnung für einen Bugatti T 37 von 1924, der zwischen 1960 und 2019 im unberührtem Originalzustand im Wintergarten eines Hotels in New York aufbewahrt wurde.

Alfa Romeo 1900 C SS Ghia Special, Baujahr 1954, Savonuzzi-Design, Vierzylinder-Reihenmotor, 1.993 cm³, ca. 115 PS, ca. 180 km/h, „Best of Show“ im Concours d’Élégance

Oldtimer-Clubs und alle „Szene-Vertretungen“ vor Ort

Neben Handel- und Industrie-Präsentationen zählten auch die Auftritte internationaler Klassiker-Clubs traditionell zu den Hauptattraktionen der Klassik-Weltmesse: Rund 160 Oldtimer- und Markenclubs präsentierten sich und ihre Dienstleistungen auf liebevoll gestalteten Ständen – oft mit bühnenreif nachgestellten Szenen aus der Auto-Historie.

Carl F. W. Borgward IG: „Bauern-Isabella“

Mit besonders viel Herzblut gestaltete die Carl F. W. Borgward IG einen Bauernhof mit einem völlig unbekannten Borgward-Traktor-Prototypen und platzierte sich damit unter Leitung ihres Vorsitzenden Hartmut Loges knapp hinter dem Unimog-Veteranen-Club, dessen Szene mit dem Schienenlege-Team der Bahn von den 50 Clubjuroren als bester Clubstand der Messe 2022 ausgezeichnet wurde.

Unimog-Veteranen-Club Präsentation

Doch ist die Klassik-Weltmesse für die Clubs mehr als nur Infotainment-Schau. Peter Schneider, Vorsitzender des Bundesverbands Oldtimer-Youngtimer e. V. (DEUVET) sagt dazu: „Für uns als Interessenvertreter der gesamten deutschen Klassiker-Szene in der Politik ist die Techno-Classica der wichtigste Jahrestreffpunkt: Hier können wir unsere geplanten politischen Aktivitäten mit Entscheidungsträgern aus der Klassik-Szene koordinieren.“

Neben dem DEUVET nutzen auch andere Klassik-Interessenvertretungen die Techno-Classica als Podium ihrer Präsentationen – zu ihnen zählen beispielsweise der Oldtimer-Weltverband FIVA und seine offizielle deutsche Vertretung, der ADAC, der seinen druckfrischen Oldtimer-Ratgeber verteilte.

Stabilität des Oldtimer-Geschehens trotz Krise

Die stabile Zahl an Besuchern und der positive Geschäftsgang des Handels haben bei der 32. Techno-Classica gezeigt, dass die Bewahrung klassischer Fahrzeuge auch in Krisenzeiten ein wichtiges Kulturgut und eine nachhaltige Beschäftigung mit der Technikgeschichte sind, so das Resümee des Veranstalters. Der Klassiker ist eine stabile Wertanlage, deren Nutzung sich mit nicht einmal 0,002% auf die klimarelevanten Vorläufergase auswirkt – Oldtimer sind ein Hobby, das vielen Bereichen der Gesellschaft, dem Handel und dem Handwerk eine umweltgerechte Beschäftigung gibt.

Sammler- und Liebhaber-Fahrzeuge, Modellautos, Kunst, Auto-Literatur mit neuen Buchpräsentationen und Autogrammstunden, Klassik-Dienstleistungen, Ersatzteile oder auch Informationen über kommende Oldtimer-Events – auf der Techno-Classica-Weltmesse der S.I.H.A. gibt es nichts, was es nicht gibt, darunter auch Rennen wie der 49. AvD-Oldtimer-Grand-Prix am Nürburgring. Deshalb freuen sich Enthusiasten schon auf die 33. Auflage der Techno-Classica Essen: Sie soll vom 12. bis 16. April 2023 stattfinden

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