Modulabschlussprüfung Musical Gesang 2022

Öffentlicher Teil der Bachelorprüfung in der Neuen Aula der Folkwang Universität der Künste

Am Samstag, 19. Februar 2022 fand in der Neuen Aula der Folkwang Universität der Künste in Essen-Werden die diesjährige Modulabschlussprüfung im Studiengang Musical, Bereich Gesang statt. Die Prüfung bildet nach acht Semestern Studiendauer den Abschluss der breitgefächerten Ausbildung in den Bereichen Schauspiel, Tanz und Gesang. Ursprünglich sollte die Veranstaltung bereits am 5. Februar 2022 stattfinden, doch dann hätten lediglich drei von sechs Absolvent*innen auf der Bühne stehen dürfen, am 19. Februar 2022 konnten immerhin schon wieder fünf Studierende des 4. Jahrgangs Musical live vor Publikum in der Neuen Aula singen, tanzen und spielen. Zudem konnte die Veranstaltung über einen kostenfreien Stream mitverfolgt werden, auf den es bis zum Sonntagvormittag immerhin mehr als 1.300 Zugriffe gab. (Genau genommen dürfen Prüfungen weder aufgezeichnet noch gestreamt werden, weshalb die hybride Veranstaltung am Samstag nicht die eigentliche Prüfung darstellt, aber das führt an dieser Stelle zu weit.) In diesem Jahr schließen Maja Lilly Dickmann, Louis Dietrich, Samuel Franco, Yasmina Hempel, Felix Alexander Rabas und Samuel Ismael Türksoy ihr Studium ab, das damit zur Hälfte auf die ein oder andere Weise von der COVID-19-Pandemie beeinflusst gewesen ist. Während eine Vorlesung in Theatergeschichte – um ein Beispiel zu nennen – im Distanzunterricht durchaus möglich sein sollte, kann ich mir szenische Arbeit online nur schwer vorstellen. Alle Absolvent*innen waren im vergangen Jahr in „She loves me“ von Jerry Bock (Musik), Sheldon Harnick (Liedtexte) und Joe Masteroff (Buch) in der deutschen Fassung von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald in einer Inszenierung von Prof. Gil Mehmert am Theater und Konzerthaus Solingen zu sehen, außerdem haben sie im November 2020 in „Grand Hotel“ von Robert Wright und George Forrest (Musik, Liedtexte), Maury Yeston (zusätzliche Musik und Liedtexte) und Luther Davis (Buch) in der deutschen Bearbeitung von Roman Hinze in einer Inszenierung von Prof. Gil Mehmert in der Neuen Aula der Folkwang Universität der Künste mitgespielt, wobei diese Veranstaltung pandemiebedingt ohne Publikum stattfand.

ehemalige Abtei Werden, Torhaus, Klemensborn

Die Folkwang Universität der Künste erlaubt augenblicklich glücklicherweise nur immunisierten Personen mit Maske den Zugang zu Hochschulveranstaltungen mit Publikum, beteiligte Künstler*innen, die keine Maske tragen können, müssen das 2G+ Erfordernis erfüllen. Bei Veranstaltungen mit sitzenden Zuschauer*innen kann der Mindestabstand von 1,5 Metern durch ein einfaches Schachbrettmuster ersetzt werden. Daher sind nicht zu nutzende Sitzplätze in der Neuen Aula unübersehbar gekennzeichnet. Die daraus resultierende Auslastung von 50 Prozent dürfte jedem Besucher ein sicheres Gefühl vor Infektionen vermitteln, ist aber inzwischen purer Luxus und sollte daher auch dementsprechend wertgeschätzt werden. Jedoch waren ganz vereinzelt Personen aus getrennten Haushalten der Meinung, sich über den Hygieneplan hinwegsetzen zu dürfen, um sich im Auditorium mit weniger Abstand besser unterhalten zu können. „Why, God, why?“ Mir fehlt für so ein Verhalten regelmäßig das Verständnis.

Nach der Begrüßung durch Prof. Jürgen Grimm interpretierten die Absolvent*innen im ersten Teil der Veranstaltung jeweils drei Songs mit mehr oder weniger schauspielerischen/tänzerischen Elementen (Choreografie: Yara Hassan, Felix Alexander Rabas und Bernd Paffrath), wobei sie von Prof. Michael David Mills am Flügel begleitet wurden.

Den Anfang machte Felix Alexander Rabas mit
  • „Stil und Dekor“ aus „Kuss der Spinnenfrau“ von John Kander (Musik) und Fred Ebb (Text), Deutsche Fassung: Michael Kunze,
  • „Tanz mit mir (Haifischbarpolka)“ von Anna Depenbusch (Musik und Text) und
  • „I got rhythm“ aus „An American in Paris“ von George Gershwin (Musik) und Ira Gershwin (Text),
wobei er in seinem letzten Song auch seine Fertigkeiten im Stepptanz unter Beweis stellen konnte.

Maja Lilly Dickmann brachte
  • „Astonishing“ aus „Little Women“ von Jason Howland (Musik) und Mindi Dickstein (Text),
  • „Mädchen im Spiegel“ aus „Grand Hotel“ von Maury Yeston (Musik & Text), Deutsche Fassung: Roman Hinze und
  • „Nur ein Schritt“ aus „Songs for a new world“ von Jason Robert Brown (Musik & Text), Deutsche Fassung: Wolfgang Adenberg
eindrucksvoll zu Gehör.

Samuel Franco hatte
  • „Il mondo era vuoto“ aus „The Light in the Piazza“ von Adam Guettel (Musik & Text),
  • „Wenn Du mich einmal loswerden willst“ von Friedrich Gulda (Musik) und Peter Weiser (Text) und
  • „Gethsemane“ aus „Jesus Christ Superstar“ von Andrew Lloyd Webber (Musik) und Tim Rice (Text)
für seine Präsentation gewählt und bewies damit seine Vielseitigkeit, wobei er sich bei dem 1968 von Hildegrad Knef interpretierten Song „Wenn Du mich einmal loswerden willst“ selbst am Flügel begleitete. Chapeau!

Yasmina Hempel interpretierte
  • „I wish it so“ aus „Juno“ von Marc Blitzstein (Musik & Text),
  • „Buenos Aires“ aus „Evita“ von Andrew Lloyd Webber (Musik) und Tim Rice (Text), Deutsche Fassung: Michael Kunze und
  • „Burn“ aus „Hamilton“ von Lin-Manuel Miranda (Musik & Text)
und zeigte damit ihre stimmliche Bandbreite.

Samuel Ismail Türksoy, der beim 50. Bundeswettbewerb Gesang Berlin 2021 mit dem Walter Jurmann Preis ausgezeichnet wurde, wußte als Letzter vor der Pause mit
  • „Sibella“ aus „A Gentleman’s Guide to Love and Murder“ von Steven Lutvak (Musik) und Robert L. Freedman (Text),
  • „Liebe fiele nicht vom Himmel“ aus „Grand Hotel“ von Maury Yeston (Musik & Text), Deutsche Fassung: Roman Hinze und
  • „Und über uns der Himmel“ von Theo Mackeben (Musik) und Michael Freytag (Text)
zu überzeugen.

Im zweiten Teil des Abends präsentierten die Absolvent*innen unter der musikalischen Leitung von Prof. Michael David Mills und Joe Schmitz und der szenischen Leitung von Prof. Gil Mehmert Musicalszenen mit schauspielerischen/tänzerischen Elementen, wobei sie von Joe Schmitz (Flügel), Prof. Michael David Mills (Keyboard), Orest Filipov (Reeds), Frederik Tenbieg (Gitarre), Malte Viebahn (Bass) und Jonathan Schierhorn (Schlagzeug) musikalisch begleitet wurden.

Samuel Ismail Türksoy gestand sich als King Marchand in „King’s Dilemma“ aus „Victor/Victoria“ von Henry Mancini (Musik) und Leslie Bricusse (Text), Deutsche Fassung: Stefan Huber ein, dass er in Victor verliebt ist, noch ohne zu wissen, dass Victor nur vorgibt, ein Mann zu sein, aber tatsächlich eine Frau ist. Die übrigen Absolvent*innen wurden in ihren szenischen Präsentationen von Studierenden der ersten drei Jahrgänge unterstützt.

Yasmina Hempel feierte in ihrer Collage aus „Company“ von Stephen Sondheim (Musik & Text), Deutsche Fassung: Michael Kunze als Bobby bei einer Überraschungsparty mit seinen Freunden seinen 35. Geburtstag. Bobby ist Junggeselle, während seine Freunde verheiratet sind oder in einer festen Beziehung leben. Bobby kann sich momentan zwar keine Ehe vorstellen, hofft aber dennoch, irgendwann die richtige Frau fürs Leben zu finden.

Samuel Franco gab in seiner von ihm selbst bearbeiteten „3Groschenszene“, inspiriert von dem Theaterstück „Die Dreigroschenoper“ von Kurt Weill (Musik) und Bertold Brecht (Text), zunächst eine „prophylaktische Einführung“ in die Handlung des Theaterstücks, um danach selbst die Rolle des Verbrechers Macheath, genannt Mackie Messer zu verkörpern.

Maja Lilly Dickmann schlüpfte in ihrer Collage aus „Bonnie & Clyde“ von Frank Wildhorn (Musik) und Don Black (Text), Deutsche Fassung: Holger Hauer in die Rolle von Bonnie Elizabeth Parker, die gemeinsam mit Clyde Chestnut Barrow rücksichtslos gegen sich und andere ihren Hunger nach dem wahren Leben verfolgt und dabei zur Erkenntnis gelangt, dass Sterben gar nicht schlimm sei.

Felix Alexander Rabas stellte in seiner Collage aus „Spring Awakening (Frühlings Erwachen)“ von Duncan Sheik (Musik) und Steven Sater (Text), Deutsche Fassung: Nina Jäger als intelligenter und fortschrittlich denkender Gymnasiast Melchior Gabor die im Wilhelminischen Kaiserreich vorherrschende bürgerliche Moral infrage und war dadurch irgendwann „Völlig im Arsch“.

Schließlich gab es von allen sechs Absolvent*innen Maja Lilly Dickmann, Louis Dietrich, Samuel Franco, Yasmina Hempel, Felix Alexander Rabas und Samuel Ismail Türksoy zum Abschluss des Abends gemeinsam „Lullabye (Goodnight, My Angel)“ von Billy Joel (Musik & Text) zu hören, begleitet von Prof. Jürgen Grimm am Flügel.

Am Ende bedachte das Publikum alle Absolvent*innen, von den gezeigten Leistungen der zukünftigen Bühnendarsteller begeistert, ebenso wie die übrigen Mitwirkenden der „Modulabschlussshow“ mit langanhaltendem Beifall. Trotz andauernder COVID-19-Pandemie wussten die Absolvent*innen mit ansprechenden Präsentationen zu überzeugen und unterstrichen mit ihrem vielfältigen Können die fundierte, hochwertige künstlerische Ausbildung an der Folkwang Universität der Künste.

Maja Lilly Dickmann, Louis Dietrich, Yasmina Hempel und Samuel Ismail Türksoy werden noch bis 18. April 2022 in der Revue „Berlin Skandalös“ von Gil Mehmert am Theater Dortmund zu sehen sein.

Kommentare