Auch nach 20 Jahren beißen sie noch kraftvoll zu

„Tanz der Vampire“ – nach dem gleichnamigen Film von Roman Polanski (1967); Musik: Jim Steinman; Libretto: Michael Kunze; Originalregie: Roman Polanski; Regie Wiener Fassung: Cornelius Baltus; Choreografie: Dennis Callahan; Ausstattung Wiener Fassung: Kentaur (László Erkel); Lichtdesign: Hugh Vanstone; Sounddesign: Thomas Strebel; Musikalische Leitung: Koen Schoots. Darsteller: Drew Sarich/Mark Seibert/Thomas Borchert (Graf von Krolock), Diana Schnierer (Sarah), Sebastian Brandmeir (Professor Abronsius), Raphael Groß (Alfred), Nicolas Tenerani (Chagal), Marle Martens (Magda), Charles Kreische (Herbert), Florian Resetarits (Koukol), Dawn Bullock (Rebecca), Florian Fetterle (Walk-In Cover Graf von Krolock), Fernand Delosch (Walk-In Cover Professor Abronsius/Chagal/Nightmare Solo), Abla Alaoui (Cover Sarah), Arltan Andzhaev (Schwarzer Vampir/Tanz-Ensemble), Christoph Apfelbeck (Swing/Cover Herbert/Cover Nightmare Solo), Anja Backus (Cover Magda), David Baranya (Tanz-Ensemble/Cover Weißer Vampir), Tamsyn Blake (Cross Swing), Martina Borroni (Tanz-Ensemble/Cover Rote Stiefel), Jasper Caransa (Weißer Vampir/Tanz-Ensemble), Morten Dougaard (Cross Swing), Christopher Dederichs (Cover Alfred), Daniel Eckert (Swing/Cover Alfred), Lucy-Marie Fitzgerald (Rote Stiefel/Tanz-Ensemble), Vini Gomes (Nightmare Solo), Jordan Hinchliffe (Tanz-Ensemble/Cover Schwarzer Vampir), Floor Krijnen (Cover Rebecca), Maja Luthiger (Tanz-Ensemble), Jan-Eicke Majert (Cross Swing/Cover Herbert/Cover Weißer Vampir/Dance Captain), Susanna Panzner (Swing), Tanja Petrasek (Cover Magda/Rebecca), Vanessa Spiteri (Tanz-Ensemble/Cover Rote Stiefel), Luc Steegers (Cover Professor Abronsius), Martin Stritzko (Cover Chagal), Filippo Strocchi (Nightmare Solo, Cover Graf von Krolock), Anetta Szabo (Cover Sarah), Fabian Lukas Raup (Tanz-Ensemble/Cover Schwarzer Vampir), Anouk Rietveld (Cross Swing), Julia Waldmayer (Tanz-Ensemble). Uraufführung: 4. Oktober 1997, Raimund Theater, Wien. Deutsche Erstaufführung: 31. März 2000, Apollo Theater, Stuttgart. Premiere: 30. September 2017, Ronacher, Wien.



„Tanz der Vampire“


Umjubelte Wiederaufnahme zum 20-jährigen Jubiläum im Wiener Ronacher mit solider Solistenriege und grandiosem Ensemble


von Gregor-Anatol Bockstefl

„Tanz der Vampire“, Raphael Groß (Alfred) und Diana Schnierer (Sarah). © VBW/Deen Van Meer

Nun tanzen und beißen sie wieder, die Vampire, im Wiener Ronacher. Und dem frenetischen Applaus bei der Gala-Premiere am 30. September sowie dem hochfrequenten Kartenvorverkauf nach zu schließen, werden die Untoten in Wien wohl noch länger ihr Unwesen treiben. Es war eigentlich schon lange zu erwarten, dass VBW-Intendant Christian Struppeck zum 20-jährigen Jubiläum von „Tanz der Vampire“ (Uraufführung am 4. Oktober 1997 im Wiener Raimund Theater) das Musical an seinen Uraufführungsort zurückholen wird. Anstatt eine Rekonstruktion der Uraufführungsproduktion im Raimund Theater oder gar eine komplette Neufassung zu versuchen, setzte man – wohl auch aus Kostengründen – auf eine Wiederaufnahme der für das Ronacher geschaffenen (Neu-)Fassung des ungarischen Bühnen-, Kostüm- und Maskenbildners KENTAUR. Die Inszenierung, die zuerst in Budapest gezeigt wurde, war 2009 für Wien adaptiert worden und lief nach Ende Laufzeit im Jahr 2011 mehrere Jahre mit großem Erfolg in Russland.

„Tanz der Vampire“, Raphael Groß (Alfred) und Sebastian Brandmeir (Professor Abronsius). © VBW/Deen Van Meer

Es ist eine aufpolierte Wiederaufnahme, die das Publikum nun in Wien zu sehen bekommt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das detailverliebte Bühnen- und Kostümbild sowie die ausgeklügelte Lichtregie von Hugh Vanstone finden im kleinen und kompakten Theaterraum des Ronacher nach wie vor einen perfekten Rahmen – ein wahrer Augenschmaus. Der vom Regisseur Cornelius Baltus bei einer der Voraufführungen angekündigte neue Special-Effect dürfte jedoch so unauffällig sein, dass er nicht weiter bemerkbar war. Auch der während der letzten Spielzeit im Ronacher noch kurzfristig eingefügte Vampirflug zum Finale wurde wieder gestrichen – für ein 20-jähriges Jubiläum wäre es vielleicht ein netter Gag gewesen.

„Tanz der Vampire“, Drew Sarich (Graf von Krolock) und Diana Schnierer (Sarah). © VBW/Deen Van Meer

So bleibt nur zu berichten, dass Stück und Dramaturgie seit der Uraufführung 1997 deutlich gestrafft wurden und so vor allem der anfangs sehr behäbig daherkommende 1. Akt durch die Hinzufügung der Nummer „Gebet“ und nicht zuletzt durch die (in KENTAUR’s Fassung ständig rotierende) Drehbühne deutlich an Dynamik gewonnen hat. Der Score, in dem der Komponist Jim Steinman seine größten Hits recycelt hat, ist längst zu einem Klassiker des zeitgenössischen Musikunterhaltungstheaters geworden. Dass Buch- und Textautor Michael Kunze dem eigentlich als Vampir-Parodie gedachten Film von Roman Polanski eine zusätzliche, manchmal etwas überbordende moralische Komponente hinzufügt und die Gier, die alles beherrscht, zum Überthema des Stückes macht, wurde schon oftmals kontrovers diskutiert. Sei es drum – die Vampire kommen seit 20 Jahren glänzend an und so wird es mindestens noch die nächsten 20 Jahre so bleiben.

„Tanz der Vampire“, Diana Schnierer (Sarah). © VBW/Deen Van Meer

Für die Wiener Wiederaufnahme setzte man bei der Besetzung des Grafen von Krolock auf altbekannte Stars, die Musical-Granden Drew Sarich, Mark Seibert und Thomas Borchert werden sich die Spielzeit teilen. Drew Sarich macht den Anfang und konnte den Part, den er schon 2010/11 in Wien interpretiert und ihn anschließend auch in Berlin übernommen hatte, noch einmal vertiefen und perfektionieren. Mag man jetzt seine Interpretation, die in manche Stellen der Songs ungewohnte Höhen einbaut, mögen oder auch nicht, er ist der Mittelpunkt des Abends, Ausstrahlung, jeder Schritt, jede Geste stimmen. Deutlich schwerer zu überzeugen haben es (noch) die beiden Youngsters Raphael Groß und Diana Schnierer als Alfred und Sarah, Studenten der Musik und Privatuniversität Wien (besser bekannt als Konservatorium), die nun ihr Debüt auf einer großen Bühne geben. Mag es an der Nervosität bei der Premiere oder an der mangelnden Erfahrung liegen, beiden fehlt es noch ein wenig an Präsenz, Durchschlagskraft und Stimmvolumen, um ihre jeweiligen Rollen adäquat auszufüllen. Aber die Spielzeit dürfte lang genug sein, um noch so manches Manko ausmerzen zu können. Das Trio wird von Sebastian Brandmeir als schrulligem Professor Abronsius, Marle Martens als stimmgewaltige Magda und Charles Kreische als wunderbar schrillem schwulen Vampir-Sohn Herbert fulminant ergänzt. Die übrigen Solisten wie Nicolas Tenerani als Chagal, Dawn Bullock als Rebecca und Florian Resetarits als Koukol agieren rollendeckend. MusicalbesucherInnen, die noch die früheren Aufführungsserien im Raimund Theater und Ronacher kennen, vermissen in diesen Parts vielleicht differenziertere Rolleninterpretationen.

„Tanz der Vampire“, Drew Sarich (Graf von Krolock) und Diana Schnierer (Sarah). © VBW/Deen Van Meer

Wie so oft bei den VBW muss die grandiose Ensembleleistung hervorgehoben werden, sowohl das Gesangs- als auch das internationale Tanzensemble agieren auf höchstem Niveau. Die wunderschön choreographierten Tanzszenen und zackigen Auftritte der Vampire in der Choreographie von Dennis Callahan haben auch nach 20 Jahren nichts von ihrer Faszination verloren. Mit der Premiere von „Tanz der Vampire“ gab Musikdirektor Koen Schoots seine Abschiedsvorstellung. Nicht nur ihm, sondern auch dem Stück ist nichts anderes zu wünschen als: ad multos annos!

„Tanz der Vampire“, Ensemble. © VBW/Deen Van Meer

Einige Impressionen von den Feierlichkeiten zur Wiederaufnahme am Ronacher sind an dieser Stelle zu finden.

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