Vorschau: „Evita“

„Evita“ – nach der Lebensgeschichte von Eva Perón; Musik: Andrew Lloyd Webber, Lyrics, Buch: Tim Rice; Inszenierung, Choreografie: Vincent Paterson; Bühne: Stephan Prattes; Kostüme: Robert Schwaighofer; Lichtdesign: Andrew Voller; Sounddesign: Thomas Strebel; Musikalische Leitung: Koen Schoots. Darsteller: Drew Sarich (Che), Katharine Mehrling (Eva Perón), Thomas Borchert (Juan Perón), Taryn Nelson (Mistress, Peróns Geliebte vor Eva), Vladimir Korneev (Agustín Magaldi), Silke Braas-Wolter, Frank Brunet, Danilo Brunetti, Heather Carino, Fernand Delosch (Cover Juan Perón), Fabio Diso (Cover Che), Angela Eberlein, Marta Di Giulio, Angelo di Figlia, Ivo Giacomozzi, Leon de Graaf, Erik van Hoof, Mischa Kiek (Cover Agustín Magaldi), Peter Kratochvil, Jan Eike Majert, Kevin Perry, Sina Pirouzi (Cover Eva Perón, Mistress), Laurie Reijs, Barbara Schmid, Wolfgang Schwingler, Vanessa Spiteri, Ariane Swoboda, Susanne Ten Harmsen, Celine Vogt, Ronnie Veró Wagner, Claudia Wauschke, Nina Weiß. Uraufführung: 21. Juni 1978, Prince Edward Theatre, London. Broadway Premiere: 25. September 1979, Broadway Theatre, New York City. Deutschsprachige Erstaufführung: 20. Januar 1981, Theater an der Wien, Wien. Premiere: 9. März 2016, Ronacher, Wien.



„Evita“


Eva Peróns Biographie als Rock-Oper nach 35 Jahren am Wiener Ronacher


Schon zu Lebzeiten eine schillernde Legende, erlangte María Eva Duarte de Perón (* 7. Mai 1919 in Los Toldos, Argentinien, † 26. Juli 1952 in Buenos Aires) nach ihrem tragisch frühen Ende Kultstatus. Aus ärmlichsten Verhältnissen arbeitete sie sich durch die Hochzeit mit Juan Domingo Perón (* 8. Oktober 1895 in Lobos, † 1. Juli 1974 in Olivos, Buenos Aires) in märchenhafter, aber ebenso rücksichtloser Art und Weise zur Primera Dama („First Lady“) Argentiniens empor. Als Kämpferin für die Rechte des einfachen Volkes wurde sie verehrt wie eine Heilige. Retrospektiv ab ihrem Sterbetag am 26. Juli 1952 betrachtet der junge Student Che Guevara Evitas Leben: Nach einer ärmlichen Kindheit in Junín überredet die 15-jährige Eva Duarte den Tangosänger Agustín Magaldi (* 1. Dezember 1898 in Casilda, Provinz Santa Fe, † 8. September 1928 in Buenos Aires), sie mit nach Buenos Aires zu nehmen. Dort angekommen wirft sich die schöne junge Frau ins Stadtleben und verfolgt beharrlich ihr Ziel, Schauspielerin zu werden. Ihre zahlreichen Liebhaber ermöglichen ihr den gesellschaftlichen Aufstieg, bis sie am 22. Januar 1944 bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung auf General Juan Perón trifft. Schnell erkennen die beiden, dass sie sich in vielerlei Hinsicht ideal ergänzen. Eva wirft Peróns junge Geliebte aus seinem Haus und verlegt ihre Ambitionen von der Bühne auf die Politik, was von Militär und Feudalaristokratie höchst misstrauisch beobachtet wird. Nach der Hochzeit überzeugt Eva ihren Mann, dass nur er die sozialen Probleme des Landes lösen kann, und damit der ideale Regierungschef ist. Durch die Unterstützung von Arbeitern, Bauern und Gewerkschaften gelingt Perón am 4. Juni 1946 der Wahlsieg und Eva ist am Ziel ihrer Wünsche. Auf ihrer Goodwill-Tour durch Europa (der berühmten „Rainbow Tour“) lässt sie sich als argentinische First Lady feiern und gründet nach ihrer Rückkehr in Argentinien am 8. Juli 1948 die „Fundación María Eva Duarte de Perón“. Von den Armen wird sie als Engel der Nation gefeiert, die Spendengelder fließen reichlich für die Wünsche mittelloser Bittsteller – aber auch dubiose Kanäle. Im Militär wächst der Widerstand gegen Eva, wirtschaftliche und soziale Spannungen verursachen Kritik an Peróns Politik und Aufruhr im Land, und Eva erfährt, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt ist. Trotzdem ist sie entschlossen, als Vizepräsidentin zu kandidieren, doch letztendlich zwingt die Krankheit sie zum Verzicht. In einer Rundfunkansprache verkündet sie ihre Entscheidung und erringt damit einen letzten Triumph. Sterbend schwört Eva ewige Liebe zu Argentinien.

Drew Sarich (Che), Ensemble

Drew Sarich (Che), Ensemble

Katharine Mehrling (Eva Perón), Ensemble

Katharine Mehrling (Eva Perón) und Thomas Borchert (Juan Perón)

Katharine Mehrling (Eva Perón) und Thomas Borchert (Juan Perón)

Andrew Lloyd Webber und Tim Rice machten Eva Perón in ihrem Musical mit Nummern wie „Don´t cry for me, Argentina“, „Buenos Aires“ oder „High flying, adored“ unsterblich. 1974 begannen der Komponist und sein Librettist, die schon 1971 mit „Jesus Christ Superstar“ einen Welterfolg erzielt hatten, mit der Arbeit an dem Musical. Bereits vor der Londoner Premiere präsentierten sie 1976 die durchkomponierte, moderne Rockoper zunächst als Konzeptalbum der Öffentlichkeit. Am 21. Juni 1978 feierte „Evita“ mit Elaine Paige in der Titelrolle und David Essex als Che in der Regie von Herold Prince seine umjubelte Uraufführung am Prince Edward Theatre in London, und nur ein Jahr später am 8. Mai 1979 folgte die amerikanische Erstaufführung im Dorothy Chandler Pavilion des Los Angeles Music Center, am 25. September 1979 die Broadway Premiere am Broadway Theatre mit Patti LuPone als Eva und Mandy Patinkin als Che. Die Produktion wurde 1980 mit sieben Tony Awards ausgezeichnet, unter anderem als erste britische Produktion als bestes Musical. Am 20. Januar 1981 folgte die deutschsprachige Erstaufführung in der assoziationsgetreuen Bearbeitung von Michael Kunze mit Isabel Weicken in der Titelrolle und Alexander Goebel als Che in der Regie von George Martin am Theater an der Wien, und die erste deutsche Produktion ging am 19. Mai 1986 am Theater Oberhausen mit Olivia Molina als Eva Perón in der Inszenierung von Fritzdieter Gerhards über die Bühne. Der grandiose Kunstgriff, die Figur des international bekannten Revolutionärs Ernesto „Che“ Guevara (* 14. Mai 1928 in Rosario, Argentinien, † 9. Oktober 1967 in La Higuera, Bolivien) als Erzähler einzubauen, der Evas Leben und Sterben subjektiv und kritisch kommentiert, obwohl sich die beiden im realen Leben niemals begegnet sind, schafft den perfekten dramaturgischen Rahmen um die Biographie der argentinischen Polit-Legende Eva Perón. Che verleiht dem demokratischen Widerspruch einer gesichtslosen Masse als Vertreter des Volkes ein konkretes Gesicht.

Im Anschluss an die Medienprobe beantworte Drew Sarich einige Fragen zu seiner Rolle.

Du hast die Rolle des Che bereits 2010 auf dem Magdeburger Domplatz gespielt. Was reizt dich an dem Stück und besonders an der Rolle des Kommentators?

Drew Sarich: Ich finde, es ist ein wahnsinnig kluges Stück über Populismus und es ist noch nie so aktuell gewesen wie heute. Wir sehen, wie schnell eine Masse bewegt werden kann von der Power eines Menschen und von der Power einer Rede. Und Che ist da auch nicht anders, er versucht es genauso hart wie Eva.

Die Rolle ist wahnsinnig aktiv und gibt viele Möglichkeiten zu spielen, weil er immer wieder um die Aufmerksamkeit des Publikums kämpfen muss. Ich bin der einzige, der direkt zum Publikum spricht. Das macht meinen Job einfacher als für Eva.

Die Kostüme scheinen nicht an Che Guevara angelehnt. Im Buch wird er auch immer nur Che genannt. Hast du dich mit Che Guevara beschäftigt bzw. war das in der Probenarbeit ein Thema?

Drew Sarich: Ich mag, dass die Originalidee Che Guevara war, das heißt aber nicht, dass er im Che Guevara Gewand sein muss. Zur Zeit von Peróns Aufstieg war Che relativ jung. Sein Medizinstudium lag vor ihm, und er machte gerade seine Motorrad Tour durch Südamerika. Stern und Vollbart gibt es noch nicht. Wir sehen im Laufe des Abends einen jungen Mann, der auf der Kippe steht. Was bewegt ihn dazu, diese Entscheidung zu treffen.

Also hattest du Che Guevara schon im Hinterkopf?

Drew Sarich: Wichtig ist, dass es kein Klischee bedient. Wir haben dieses Bild von Che Guevara im Bühnenbild, man kommt davon nicht weg. Aber ich finde es interessant, dass man seinen Namen überhaupt nicht im Stück hört. Es ist auch nicht wichtig. Der Name Che bedeutet eigentlich „Hey, du“. Und dadurch werde ich ein bisschen ein Jedermann. Einfach die desillusionierte Jugend.

Kommentare