Theater Oberhausen: „Wild Years“

„Wild Years“ – Theaterabend von Jürgen Sarkiss nach Tom Waits; Musik und Liedtexte: Tom Waits und Kathleen Brennan; Bühne: Stefanie Dellmann, Mona Ulrich; Kostüme: Mona Ulrich; Dramaturgie: Rüdiger Bering; Musikalische Leitung, Regie: Otto Beatus. Darsteller: Susanne Burkhard und Jürgen Sarkiss. Band: Otto Beatus (Klavier, Akkordeon), Peter Engelhardt (Gitarre), Volker Kamp (Bass, Posaune), Axel Lindner (Geige, Orgel, Percussion). Premiere: 30. Mai 2012, Theater Oberhausen.



„Wild Years“


Ein Theaterabend nach Tom Waits am Theater Oberhausen


Jürgen Sarkiss; Foto Birgit Hupfeld

„Frank´s Wild Years“ von Tom Waits und Kathleen Brennan (Premiere 17. Juni 1986 im Briar Street Theatre in Chicago, Illinois) war als Musical konzipiert und dreht sich um den mut- und mittellosen Akkordeonspieler Frank O´Brien auf seiner alptraumhaften Odyssee aus der amerikanischen Kleinstadt Rainville über Las Vegas und New York nach East St. Louis. Es ist eine Geschichte über gescheiterte Träume. Frank verlässt Rainville auf der Suche nach Ruhm und Glück, wird aber letzt­endlich mit seinen eigenen Waffen geschlagen. Ursprüng­lich wollte Tom Waits das Stück in New York City mit Avantgarde-Regisseur Robert Wilson auf die Bühne bringen, doch die Zusammenarbeit kam nicht zustande, und nach der zweimonatigen Aufführungsserie in Chicago wurde das Stück nie mehr aufgeführt. Offiziellen Quellen zufolge möchte Tom Waits auch nicht, dass das Stück nochmals aufgeführt wird.

Axel Lindner, Otto Beatus, Jürgen Sarkiss, Volker Kamp und Peter Engelhardt; Foto Birgit Hupfeld

Seitdem Jürgen Sarkiss in der deutschsprachigen Erst­auf­führung die Titelrolle in Tom Waits´ musikalischer Büchner-Adaption „Woyzeck“ (Premiere 19. September 2008, Regie Joan Anton Rechi) spielt, wollte er gern ein weiteres Stück von Tom Waits auf die Bühne bringen. „Frank´s Wild Years“ sollte es sein, doch dafür waren die Rechte nicht zu bekommen, und so konzipierte er „Wild Years“. In dem theatralischen Konzert kombiniert er die Songs von Tom Waits und Kathleen Brennan, die am 17. August 1987 auch auf dem Album „Franks Wild Years“ mit dem Untertitel „Un Operachi Romantico in Two Acts“ erschienen sind, mit der Geschichte eines Mannes, der die Nacht auf der Suche nach einem Sinn in seinem Leben durchwacht. Während die Stadt um ihn herum schläft, wird er von Halluzinationen und einer schwerwiegenden Sehnsucht nach Heimat übermannt und findet keine Ruhe.

Susanne Burkhard und Jürgen Sarkiss; Foto Birgit Hupfeld

Jürgen Sarkiss schlüpft selbst in Franks Rolle, aber in „Wild Years“ wird er nicht auf der Bank einer Bushaltestelle in East St. Louis von Musikern aufgesucht, die wie Ichabod Crane und Angehörige der Heilsarmee gekleidet sind, hier döst er in einem Sessel vor sich hin, hört plötzlich Geräusche, Gegenstände bewegen sich scheinbar wie von Geisterhand, es passieren kuriose Dinge … mitunter kommen einem selbst Zweifel, ob das Geschehen nun Traum oder Realität ist. Ganz real stehen jedenfalls Tom Waits´ Songs in dieser Aufführung im Vordergrund, die Otto Beatus (Klavier, Akkordeon), Peter Engelhardt (Gitarre), Volker Kamp (Bass, Posaune) und Axel Lindner (Geige, Orgel, Percussion) nicht nur auf ihren Instrumenten spielen, manchmal werden auch Bratpfannen, Speiskübel oder Blechtonnen zu Instrumenten umfunktioniert. Die Songs lassen sich nur schwer einer Musikform zuordnen, mal hören sie sich mehr nach Blues an, ein anderes Mal überwiegen Jazz oder Swing, teilweise mit experimentellem Charakter. Gespielt wird im Malersaal, der Zuschauer bekommt hautnah das Gefühlschaos mit, das Jürgen Sarkiss auf der Bühne durchlebt. Die weiblichen Rollen in „Wild Years“ hat Susanne Burkhard übernommen, auch ihren bisweilen androgyn gezeichneten Charakteren bleibt die Flucht aus der Einsamkeit verwehrt. Beide sind füreinander unerreichbar, ihre Sehnsucht nach Liebe bleibt unerwidert. Am Ende scheitert Frank ebenso wie Woyzeck, was bleibt, sind Träume. Und sechs wirklich beeindruckende Akteure auf der Bühne.

Jürgen Sarkiss; Foto Birgit Hupfeld

Ob man „Wild Years“ genießen kann, wird sicher ein Stück weit davon abhängen, wie man zu den Songs von Tom Waits steht. Jürgen Sarkiss, Susanne Burkhard und die vierköpfige Band geben sich jedenfalls alle erdenkliche Mühe, die Zuschauer mitzureißen, was in der besuchten Vorstellung am 14. November 2012 auch hervorragend gelungen ist. „Wild Years“ steht nochmals am 29. Dezember 2012 auf dem Spielplan.

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