Disney´s „The Little Mermaid“

Disney´s „The Little Mermaid“ – nach Motiven des gleichnamigen Walt Disney Zeichentrickfilms und dem Märchen „Die kleine Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen; Musik: Alan Menken; Liedtexte: Howard Ashman und Glenn Slater; Buch: Dough Wright; Niederländische Bearbeitung: Martine Bijl; Inszenierung: Glenn Casale; Choreografie: John MacInnis; Ausstattung: Bob Crowley; Perücken und Make up-Design: Harold Mertens und Sjoerd Didden; Licht: Henk-Jan van Beek; Ton: Gareth Owen; Arrangements/Musical Supervision: Michael Kosarin; Musikalische Leitung: Marcel Visser. Darsteller: u. a. Tommie Christiaan (Prins Erik), Tessa Sunniva van Tol (Ariël, die Meerjungfrau), Marjolijn Touw (Meereshexe Ursula), Roberto de Groot (Koning Triton), Juan Wells (Sebastiaan, die Krabbe), Alfred van den Heuvel (Grimsby, Prinz Erics Freund), Dick Cohen (Jutter), Martijn Vogel (Botje), Bas Timmers (Slijmbal), Barry Beijer (Slijmjurk), Ger Otte (Chef Louis). Uraufführung: 10. Januar 2008, Lunt-Fontanne Theatre, New York City, USA. Premiere: 16. Juni 2012, Nieuwe Luxor Theater, Rotterdam. Abweichende Besetzung am 15. Juli 2012: Ivo Chundro (Prins Erik), Ellis van Laarhoven (Meereshexe Ursula), Timo Bakker (Koning Triton), Tabi Awan (Sebastiaan, die Krabbe). World Forum Theater, Den Haag.



Disney´s „The Little Mermaid“


Das Disney-Musical als Tournee-Produktion in den Niederlanden


Als im November 1989 der Zeichentrickfilm „The Little Mermaid“ der Walt-Disney-Studios nach Motiven des Märchens „Die kleine Meerjungfrau“ von Hans Christian Andersen (* 2. April 1805 in Odense, Dänemark, † 4. August 1875 in Kopenhagen, Dänemark) erschien, erwies sich dieser als wahre Goldgrube, der Erfolg übertraf vorherige Disney-Filme bei weitem. Im Gegensatz zum 1837 erschienenen Märchen, in dem die Meerjungfrau am Ende ins Meer springt und sich in Schaum auflöst, hat der Zeichentrickfilm bereits ein Happy End, bei dem die Meerjungfrau und der Prinz zusammenfinden. Der Zeichentrickfilm wurde 1990 mit einem Oscar in der Kategorie Beste Filmmusik für Alan Menken und in der Kategorie Bester Song für Alan Menken und Howard Ashman („Under the Sea“) ausgezeichnet. 2008 versuchte Disney Theatrical Productions am Broadway an den Erfolg des Zeichentrickfilms anzuknüpfen, dort erlebte das Musical in der Regie von Francesca Zambello am 10. Januar 2008 am Lunt-Fontanne Theatre seine Uraufführung. Dough Wright hat das Buch zu dem Musical verfasst, Alan Menken hat die Musik komponiert und Howard Ashman und Glenn Slater haben die Liedtexte geschrieben. Sierra Boggess, Sean Palmer und Sherie Rene Scott spielten die Rollen der kleinen Meerjungfrau Arielle, Prinz Eric und Meerhexe Ursula. Jedoch blieb der Produktion der Erfolg anderer Disney-Musicals wie „The Lion King“ (über 6.000 Aufführungen am Broadway bis heute) oder „Disney´s Beauty and the Beast“ (dem Vorgänger am Lunt-Fontanne Theatre mit 5.461 Aufführungen) versagt, nach 685 Aufführungen wurde sie geschlossen. Nun kommt das Musical durch die Zusammenarbeit von Stage Entertainment und Disney Theatrical Productions nach Europa, und wird als erstes in einer Tournee-Produktion in den Niederlanden aufgeführt, wo bereits „The Lion King“ (Premiere: 4. April 2004, Fortis Circustheater, Scheveningen), „Belle en het Beest“ (Premiere: 2. Oktober 2005, Koninklijk Theater Carré, Amsterdam) und „Tarzan“ (Premiere: 15. April 2007, Fortis Circustheater, Scheveningen) erfolgreich gezeigt wurden.

Disney´s „The Little Mermaid“. © Deen van Meer/Stage Entertainment

Prinz Eric, sein Freund Grimsby und die Matrosen an Bord eines Schiffes unterhalten sich über das geheimnisvolle Meeresvolk, das tief unter der Wasseroberfläche lebt. Im Reich von König Triton geben seine Töchter ein Konzert, das seine jüngste Tochter Arielle jedoch versäumt. Sie liegt stattdessen auf einem Felsen an der Wasseroberfläche und möchte – fasziniert von der menschlichen Welt an Land – mehr darüber wissen. An anderer Stelle plant die Meerhexe Ursula, Rache an ihrem Bruder König Triton zu nehmen, da dieser sie aus dem Palast verbannt hat. Sie befiehlt ihren Dienern Slijmbal und Slijmjurk, ein Auge auf Arielle zu halten, da sie der Schlüssel zu Krone und Dreizack sein könnte. Als Arielle in die Unterwasserwelt zurückkehrt, ist König Triton sehr wütend, da er ihr den Kontakt mit den Menschen verboten hat. Arielle schwimmt verärgert weg und König Triton ordnet an, dass Sebastian auf sie aufpassen soll, damit sie nicht in Schwierigkeiten kommt. Sebastian folgt Arielle in ihre Grotte, wo sie davon träumt, selbst zu den Menschen zu gehen. An der Meeresoberfläche möchte sie sich das Schiff von Prinz Eric und die Menschen aus der Nähe anschauen, als ein Sturm aufkommt und Prinz Eric über Bord geht. Sie rettet ihn vor dem Ertrinken und bringt ihn an Land, wo sie schwört, einen Weg zu finden, mit ihm zusammen zu sein. An ihrem veränderten Verhalten erkennen ihre Schwestern und Botje, dass sie sich verliebt hat. An Land ist Prinz Eric auf der Suche nach dem Mädchen, das ihm das Leben gerettet hat, doch der einzige Hinweis auf ihre Identität ist ihre Stimme. Er möchte daher einen Ball veranstalten, in der Hoffnung, dass er dabei seine Lebensretterin an ihrem Gesang erkennen wird. Als König Triton erfährt, dass Arielle einen Menschen vor dem Ertrinken gerettet hat, zerstört er vor Wut mit seinem Dreizack ihre Sammlung von menschlichen Souvenirs in ihrer Grotte. Sebastian möchte sie aufmuntern, indem er ihr die Wunder der Unterwasserwelt zeigt („Onder De Zee“), doch sie versucht zu fliehen, wird aber von Slijmbal und Slijmjurk aufgehalten und sie bieten ihr an, dass ihre Tante Ursula ihr helfen könne. Arielle schließt mit Ursula einen faustischen Pakt: Ursula verwandelt sie für drei Tage in einen Menschen. Wenn es ihr in der Zeit gelingt, Erics Herz zu erobern und von ihm geküsst zu werden, darf sie für immer ein Mensch bleiben. Falls nicht, wird sie in eine Meerjungfrau zurückverwandelt und ihre Seele gehört für immer Ursula. Als Preis für den Pakt verlangt Ursula Arielles Stimme. Sie unterzeichnet den Pakt mit der Tinte aus Ursulas Fangarmen und schwimmt zur Meeresoberfläche, währenddessen verwandelt sie sich in einen Menschen.

An Land versucht Arielle mit ihren neuen Beinen die ersten Schritte und wird von Jutter und den Möwen aufgemuntert. Bald wird sie von Prinz Eric gefunden, doch da sie nicht sprechen kann, erkennt er nicht, dass sie ihm das Leben gerettet hat. Er nimmt Arielle mit in seinen Palast, wo sie von der menschlichen Welt ganz überwältigt ist. Chef Louis bereitet das Abendessen zu und will auch Sebastian fangen und kochen, was ihm aber nicht gelingt („Les Poissons“). Nach dem Abendessen bringt Prinz Eric Arielle das Tanzen bei, unterdessen wartet Ursula ungeduldig auf das Ende des dritten Tages. Am nächsten Abend unternehmen Prinz Eric und Arielle eine romantische Bootsfahrt durch die Lagune, und Sebastian und einige andere Tiere versuchen Prinz Eric zu einem Kuss zu bewegen, was aber von Slijmbal und Slijmjurk vereitelt wird. Am dritten Tag findet schließlich der Ball statt, bei dem alle ausländischen Prinzessinnen Prinz Eric vorsingen, doch er wählt Arielle zur Frau, nachdem sie ihm vorgetanzt hat. In dem Augenblick erscheint Ursula und erklärt, dass Arielles Zeit abgelaufen sei. Slijmbal und Slijmjurk ergreifen Arielle und bringen sie zurück ins Meer. Um seine Tochter zu retten, opfert sich König Triton für sie und verliert seine Kräfte an Ursula. Doch Arielle – wieder in eine Meerjungfrau zurückverwandelt – gelingt es, Ursulas magische Muschel zu zerstören, die all ihre Kraft enthält, wodurch Ursula vernichtet wird, Arielle ihre Stimme und König Triton seine Macht zurückbekommt. Schließlich erkennt König Triton, dass er seine Tochter Arielle ihren eigenen Weg gehen lassen muss und Prinz Eric und Arielle heiraten.

Für die niederländische Produktion von „The Little Mermaid“ wurde das Konzept der Show nochmals überarbeitet. Trugen die Darsteller am Broadway noch Heelys, um die fließenden Unterwasser-Bewegungen umzusetzen, so schweben die Meereswesen nunmehr teilweise an beinahe unsichtbaren Seilen über der Bühne, wodurch in Verbindung mit Schwimmbewegungen und den flatternden Schwanzflossen der Meerjungfrauen ein sehr authentischer und optisch ansprechender Eindruck der Unterwasserwelt entsteht. Insgesamt beeindruckt die Show mit phantasievoll farbenfrohen, teilweise fluoreszierenden Kostümen, hier hat Designer Bob Crowley wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Die beiden Zitteraale Slijmbal und Slijmjurk gleiten auf Rollschuhen geschmeidig über die Bühne, und anfänglich fahren noch zwei Seepferdchen – als Gimmick – auf Segways über die Bühne, die aber im weiteren Verlauf nicht zur Handlung beitragen. Die Meerhexe Ursula – halb Mensch, halb Oktopus mit fluoreszierenden Saugnäpfen an ihren Fangarmen – wird von tiefblau gekleideten Helfern unterstützt, die ihre Fangarme in der Wasserströmung bewegen. Die „Meeresoberfläche“ wird für die einzelnen Szenen nach oben oder unten bewegt, so dass leicht zu erkennen ist, ob die Handlung nun über oder unter Wasser spielt. Für die Szenen in Prinz Erics Palast wird ein überdimensionales Märchenbuch als Hintergrundprospekt eingesetzt, wobei zwischen den Szenen umgeblättert und damit wirkungsvoll ein neues Kapitel aufgeschlagen wird. Ein schönes und stimmiges Bild.

Den lediglich sieben Filmsongs („Fathoms Below“, „Daughters of Triton“, „Part of Your World“, „Under the Sea“, „Poor Unfortunate Souls“, „Les Poissons“ und „Kiss the Girl“) mit den Texten des 1991 im Alter von 40 Jahren an den Folgen von AIDS verstorbenen Howard Ashman hat Alan Menken für die Bühne eine Vielzahl weiterer Songs hinzugefügt, für die Glenn Slater die Liedtexte geschrieben hat. Martine Bijl zeichnet für die niederländische Bearbeitung verantwortlich. Der Score reicht von Liebesballaden über Girl-Group Pop („Ze Is Verliefd“) und Calypso („Onder De Zee“) bis hin zu Vaudeville-Nummern („Pozetieverik“). Der Song „Human Stuff“ wurde in der niederländische Produktion gestrichen, neu hinzugekommen ist „Pappie´s Kleine Meisje“ für Ursula, Slijmbal und Slijmjurk. Alan Menkens Partitur erklingt schwungvoll aus dem Orchstergraben (Musikalische Leitung: Marcel Visser), nach dem Finale war ich selbst erstaunt, dort nur eine Handvoll Musiker zu sehen. Eine Castaufnahme der niederländischen Fassung als Live-Mitschnitt soll im August/September diesen Jahres erscheinen, zumindest wurde am Souvenirstand im Theater bereits darauf hingewiesen.

„The Little Mermaid“ wird inzwischen schon über 2 Monate gespielt, die erste Tryout-Vorstellung vor Publikum fand bereits am 4. Mai 2012 im Veranstaltungszentrum Martiniplaza in Groningen statt, so dass sich bei den Akteuren bis zur besuchten Nachmitagsvorstellung am 15. Juli 2012 im World Forum Theater in Den Haag sicher schon eine gewisse Routine entwickeln konnte. Die erst 20-jährige Tessa Sunniva van Tol, die bereits als Kind in verschiedenen Musicals – beispielsweise der Joop van den Ende-Produktion „The Sound of Music“ – aufgetreten ist, spielt die Hauptrolle der liebenswerten Meerjungfrau Ariël mit klarer Stimme und Ausstrahlung mehr als überzeugend, da wundert es einen überhaupt nicht, dass sich Ivo Chundro als Prins Erik (Understudy) prompt in ihre Stimme und später auch in die Person selbst verliebt. Ellis van Laarhoven ist als (alternierende) Meerhexe Ursula die Gegenspielerin von König Triton und nutzt mit fiesem Lächeln Arielles Naivität aus, um ihr ihre Stimme abzuluchsen. Timo Bakker spielt den energischen, aber gleichzeitig liebevoll besorgten Vater Arielles und würdigen Koning Triton (Understudy), der auch gesanglich in „Het Bovenland (Reprise)“/„That World Above (Reprise)“ überzeugen kann. Tabi Awan hat als Krabbe Sebastiaan (Understudy) die Aufgabe, Arielle davor zu bewahren, Unfug anzustellen, sein komisches Talent kann er in den beiden bereits aus dem Zeichentrickfilm bekannten Songs „Onder De Zee“/„Under the Sea“ und „Kus D'r Dan“/„Kiss the Girl“ unter Beweis stellen. Auch Dick Cohen bezaubert als Seemöwe Jutter, Arielles Freund, der sich für einen Kenner der menschlichen Welt hält, und Arielle zusammen mit drei weiteren Seemöwen in der amüsanten Stepptanznummer „Pozetieverik“/„Positoovity“ (Choreografie: John MacInnis) zeigt, wie man auf zwei Beinen geht. Alfred van den Heuvel hat als Prinz Erics Vertrauter Grimsby dessen Vater ein Versprechen gegeben und ist daher darauf bedacht, dass Eric eine Prinzessin heiratet. Während Flounder (der Doktorfisch Fabius aus dem Zeichentrickfilm) am Broadway von Kindern dargestellt wurde, begleitet der 21-jährige Martijn Vogel mit jugendlicher Erscheinung in den Niederlanden Arielle als Botje häufig auf ihren Streifzügen. Weiterhin sind Bas Timmers und Barry Beijer zu erwähnen, die auf Rollschuhen als Zitteraale Slijmbal und Slijmjurk geschmeidig über die Bühne gleiten, als Ursulas Handlanger Arielle überreden, die Hilfe ihrer Tante anzunehmen („Lief Kind“/„Sweet Child“), und später erfolgreich Arielles und Erics ersten Annäherungsversuch sabotieren. Ger Otte spielt den französischen Chef Louis, der mit seinen Fischgerichten aufschneidet und die Krabbe Sebastian einfangen will („Les Poissons“), was ihm natürlich zur Erheiterung der Zuschauer nicht gelingen will, so sehr er sich auch anstrengt. Der Showstopper im zweiten Akt.

Anderen Kritikern zufolge mag „The Little Mermaid“ (noch) kein weiterer großer Wurf wie „The Lion King“ sein, aber als Familien-Musical kommt es bei der Zielgruppe augenscheinlich bestens an und unterhält vortrefflich, es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn die Produktion in Zukunft auch im deutschsprachigen Raum zu sehen sein wird. In den Niederlanden ist „The Little Mermaid“ noch bis 22. Juli im World Forum Theater in Den Haag zu sehen, vom 25. Juli bis 12. August im RAI Theater in Amsterdam und vom 15. August bis 26. August im Parktheater in Eindhoven. Anschließend wird die Produktion ab 5. September 2012 Open End im Beatrix Theater in Utrecht aufgeführt. Ab 6. Oktober 2012 möchte Stage Entertainment „The Little Mermaid“ auch in Moskau im Theatre of Russia aufführen, Natalia Bystrova soll die Hauptrolle der Meerjungfrau Arielle übernehmen.

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