„Musical Allstars“

„Musical Allstars“ – Musikalischer Leiter: Arnim Bartetzky. Gesangssolisten: Martin Berger, David Michael Johnson, Paul Kribbe, Maaike Schuurmans, Roberta Valentini, Maricel. 8. Januar 2011, Grugahalle Essen.



„Musical Allstars“


Die Musical-Gala zum Discountpreis


„Das gab´s noch nie: Die Musical-Gala zum Discountpreis mit 20 bekannten Hits“. Mit diesem Slogan wurde vor den Filialen des Haushaltswaren-Discounters KODi ab dem 25. November 2010 rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft für den Ticketkauf als Geschenkidee geworben. Doch wie lautet noch gleich ein bekannter Filmtitel? „Sag niemals nie“. Vor sieben Monaten hatte es am gleichen Veranstaltungsort bereits eine Veranstaltung gleichen Namens gegeben, die Eintrittskarten waren zum identischen Preis (19,95 €) über eben diesen Discounter vertrieben worden. Oder sollte der Slogan vorsorglich darauf hinweisen, dass in der Veranstaltung lediglich 20 Songs zu Gehör gebracht werden? Das wäre ein erheblicher Rückschritt gegenüber der Veranstaltung vom 7. Juni 2010, bei der bereits im ersten Teil 20 Songs präsentiert wurden. Womöglich wollte man auch nur auf „Nummer Sicher“ gehen, hatte man für die Veranstaltung am 7. Juni 2010 doch Hits aus 25 Musicals versprochen, und am Ende waren es 23 Musicals und eine Show. Was wären wir nur ohne die griffigen Werbeslogans, die uns an jeder Ecke begegnen. Etablierte Veranstaltungen verkaufen sich ohne solche Slogans, das beweisen die FreilichtSpiele Tecklenburg oder die Freilicht AG Dinslaken mit ihren Veranstaltungen „Musical meets Pop“ bzw. „Sommernacht des Musicals“ jedes Jahr aufs Neue. Fand „Musical Allstars“ im Juni 2010 an einem Montagabend statt, so hatte man diesmal die „Prime Time“ am Samstagabend gewählt. Zur gleichen Zeit buhlten auch BB Promotion mit der Aufführung von „Evita“ in der Inszenierung von Bill Kenwright mit Abigail Jaye als Eva Duarte de Perón im Colosseum Theater und die Konzertdirektion Landgraf mit „Johnny Cash – The Man in Black“ im Theater im Rathaus Essen um die Gunst der Zuschauer.

Grugahalle

In der Grugahalle findet der Besuchereinlass in der Regel 1,5 Stunden vor der Veranstaltung statt, auch wenn auf den Eintrittskarten 19.00 Uhr vermerkt war. Glücklicherweise ließ man die Gäste nicht bis 19.00 Uhr im Regen stehen, so konnten sich die Besucher nach Betreten des Foyers vor den vier Tribünenaufgängen anstellen. Bei Konzerten ist die ebenerdige Bestuhlung im Parkett vor der Bühne ein Garant für schlechte Sichtverhältnisse, aber die Bestuhlung auf den Tribünen ist wegen der beengten Beinfreiheit – gelinde ausgedrückt – eine Zumutung. Voll besetzt bietet das bestuhlte Parkett 2.400 Besuchern Platz (Angabe der Messe Essen GmbH), Nord- und Südtribüne waren nach den ersten fünf Reihen verhängt. Damit blieb die Besucherzahl also auch am Samstagabend weit unter der möglichen Gesamtkapazität der Grugahalle. Arnim Bartetzky hat während einer Moderation von 2.500 Besuchern gesprochen, damit wäre die Besucherzahl sogar rückläufig.

Von den Gesangssolisten waren Paul Kribbe, Maaike Schuurmans und Maricel bereits bei der Veranstaltung am 7. Juni 2010 mit von der Partie. Der gebürtige Österreicher Martin Berger ist dem Publikum im Rhein-Ruhrgebiet von seinen Engagements in „Les Misérables“ im Duisburger Theater am Marientor ein Begriff, viele werden ihn aber auch aus „Monty Python´s Spamalot“ oder „Hairspray“ im Kölner Musical Dome kennen. David Michael Johnson aka DMJ hat in „Starlight Express“ in Bochum die E-Lok Electra verkörpert, bei der Deutschlandpremiere von Jonathan Larsons „Rent“ im Düsseldorfer Capitol Theater spielte er den Tom Collins, und im Musical Dome Köln stand er als J.B. in „We Will Rock You“ auf der Bühne. Die Jüngste im Bunde, Roberta Valentini, hat 2006 ihr Studium an der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München abgeschlossen und ist seit November 2008 beim Musical „Wicked – Die Hexen von Oz“ alternierend als Elphaba zu sehen, zunächst in Stuttgart, und seit März 2010 auch im Metronom Theater in Oberhausen. Ab 2. März 2011 wird sie Willemijn Verkaik als Erstbesetzung ablösen.

Kommen wir zum „Kern der Sache“, dem dargebotenen Programm. Nach einer klassischen Overture wurde die Gala mit „Lullaby of Broadway“ von den Gesangssolisten mit einer klassischen Broadway-Musical-Melodie eröffnet. Die genaue Abfolge der einzelnen Songs kann der Setlist entnommen werden. Den beinahe schon obligatorischen Andrew Lloyd Webber-Block mit insgesamt acht Titeln aus verschiedenen seiner Musicals präsentierte Arnim Bartetzky diesmal als Musical-Quiz, wobei die Namen der acht Musicals erraten werden sollten. Die Aufgabe kann so schwierig nicht gewesen sein, zumal der Block bereits bei „Musical Allstars“ am 7. Juni 2010 mit identischen Songs aufgeführt worden ist. Alle Gesangssolisten waren bestens aufgelegt und präsentierten ihre Songs gewohnt professionell. Ich denke, genau das erwartet das Publikum auch, daher erübrigt es sich, sogar bei der Veranstaltung darauf hinzuweisen. Natürlich konnte Roberta Valentini mit ihrem „Frei und schwerelos“ aus „Wicked – Die Hexen von Oz“ das Publikum überzeugen, aber auch Maaike Schuurmans´ Tanzeinlage bei „America“ aus Leonard Bernsteins „West Side Story“ soll hier nicht unerwähnt bleiben.

Setlist des etwa 80-minütigen ersten Teils:
  1. Opening (Instrumental): „There´s No Business Like Show Business“ aus „Annie Get Your Gun“/„Don´t cry for me Argentina“ aus „Evita“/„Maria“ aus „West Side Story“/„Superstar“ aus „Jesus Christ Superstar“/„Big Spender“ aus „Sweet Charity“
  2. Alle: „Lullaby of Broadway“ aus „42nd Street“
  3. Maaike Schuurmans, Roberta Valentini, Maricel: „Wer kann schon ohne Liebe sein“ aus „3 Musketiere“ (!)
  4. Paul Kribbe: „Engel aus Kristall“ aus „3 Musketiere“
  5. Martin Berger: „This is the moment“ aus „Jekyll & Hyde“
  6. David Michael Johnson: „Someday“ aus „The Hunchback of Notre Dame“ (Walt-Disney-Zeichentrickfilm)
  7. Roberta Valentini: „Das Farbenspiel des Winds“ aus „Pocahontas“ (Walt-Disney-Zeichentrickfilm)
  8. David Michael Johnson: „Starlight Express“ aus „Starlight Express“
  9. Maaike Schuurmans: „Erinnerung“ aus „Cats“
  10. Paul Kribbe, Maricel: „Das Phantom der Oper“ aus „Das Phantom der Oper“
  11. Martin Berger: „Song of the King (Seven Fat Cows)“ aus „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“
  12. Roberta Valentini: „Wein´ nicht um mich Argentinien“ aus „Evita“
  13. David Michael Johnson: „Superstar“ aus „Jesus Christ Superstar“
  14. Maaike Schuurmans: „Nur ein Blick“ aus „Sunset Boulevard“
  15. Paul Kribbe: „Schau, was Liebe ändern kann“/Alle: „Love changes everything“ aus „Aspects of Love“
  16. Maricel: „Ich gehör nur mir“ aus „Elisabeth“
  17. Roberta Valentini: „Frei und schwerelos“ aus „Wicked – Die Hexen von Oz“
  18. David Michael Johnson, Maaike Schuurmans: „You´ll be in my heart“ aus „Disney´s Tarzan“
  19. Maaike Schuurmans, Roberta Valentini, Maricel: „America“ aus „West Side Story“ in einem Arrangement von David Pack
Im zweiten, kürzeren Teil der Gala lag ein Schwerpunkt auf dem Jukebox-Musical „Ich war noch niemals in New York“. Maaike Schuurmans durfte auf eigenen Wunsch den Song „It´s oh so quiet“ interpretieren, der im Original „Jetzt ist es still“ von Hans Lang (Musik) und Erich Meder (Text) stammt und von Horst Winter 1948 aufgenommen wurde. Betty Hutton hat den Song 1951 als „Blow a fuse“ erfolgreich gecovert, und Björk konnte 1995 mit einem weiteren Cover „It´s oh so quiet“ ihren erfolgreichsten Hit landen. Maricel, die als Einzige der Gesangssolisten auf ein längeres En-suite-Engagement in Essen zurückblicken kann, spielte bei „Mein Sinn für Stil“ ihre Entertainer-Qualitäten aus und zog dabei auf der Bühne noch gleich den 17-jährigen Sebastian aus, lediglich das Oberhemd – nicht was Sie jetzt denken. Martin Berger würdigte mit „Wie kann es möglich sein?“ das Schaffen des Erfolgsduos Michael Kunze/Sylvester Levay, und Paul Kribbe bot in „Hip to be square“ erneut die bekannte Michael Jackson-Einlage aus „Beated“. Einige Besucher hatten die Moderation, in der Freddie Mercury und das „Ende der Veranstaltung“ erwähnt wurden, offensichtlich missverstanden und verließen nach „We are the Champions“ prompt die Halle. Doch es sollte noch ein „Grease“-Block und der typische „Rausschmeißer“ „There´s No Business Like Show Business“ folgen.

Setlist des etwa 60-minütigen zweiten Teils:
  1. Alle: „Ich war noch niemals in New York“-Block: „Schöne Grüße aus der Hölle“/„Aber bitte mit Sahne“/„Ein ehrenwertes Haus“/„Siebzehn Jahr, blondes Haar“/„Vielen Dank für die Blumen“/„Ich war noch niemals in New York“/„Mit 66 Jahren“
  2. Maaike Schuurmans: „It´s oh so quiet“, im Original „Jetzt ist es still“ von Hans Lang und Erich Meder
  3. Maricel: „Mein Sinn für Stil“ aus „Aida“
  4. Roberta Valentini: „Take me or leave me“ aus „Rent“
  5. Martin Berger: „Wie kann es möglich sein?“ aus „Mozart!“
  6. Paul Kribbe: „Hip to be square“ aus „Miami Nights“
  7. „We Will Rock You“-Block: Maricel: „Somebody to love“/Martin Berger, David Michael Johnson, Maaike Schuurmans, Roberta Valentini, Maricel: „I want it all“/Alle: „We are the Champions“
  8. „Grease“-Block: Alle: „We go together“/„Rock ´n´ Roll Party Queen“/Martin Berger: „Sandy“/Alle: „Summer nights“/Paul Kribbe, Maaike Schuurmans: „You´re the one that I want“/Roberta Valentini: „Hopeless devoted to you“/Alle: „Greased lightnin´“
  9. Alle: „There´s No Business Like Show Business“ aus „Annie Get Your Gun“
In einer Moderation hat Arnim Bartetzky von einer folgenden „Musical Allstars“-Veranstaltung gesprochen, und dass er die Grugahalle als Veranstaltungsstätte sehr schätze, darauf darf sich nun jeder seinen eigenen Reim machen. Sollte sich die „Musical Allstars“-Reihe zum Discountpreis etablieren, wäre mein Vorschlag für die Sommermonate jedoch ein ganz anderer. Im Sommer stürmen die Besucher die Freilichtbühnen, und dass eine Musicalgala beispielsweise auch im Amphitheater Gelsenkirchen funktioniert, haben Nigel Casey, Anke Sieloff, Peti van der Velde, Marion Wilmer und Andreas Wolfram beim RUHR.2010-Finale sogar bei minus 5 °C bewiesen. So könnte man im Sommer aus „Musical Allstars“ eine Open-Air Veranstaltung machen, „Musical meets Pop“ in Tecklenburg und die „Sommernacht des Musicals“ in Dinslaken finden schließlich regelmäßig hohen Zuspruch. Unabhängig davon könnte ein wenig mehr Abwechslung bei der Songauswahl auch für ein „Stammpublikum“ förderlich sein.

Martin Berger

David Michael Johnson

Paul Kribbe

Maaike Schuurmans

Roberta Valentini

Maricel

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