Das Geheimnis des Edwin Drood

„Das Geheimnis des Edwin Drood“ – nach dem Roman „The Mystery of Edwin Drood“ von Charles Dickens; Musik, Buch und Gesangstexte: Rupert Holmes; Deutsche Bearbeitung: Markus Weber; Regie: Karl Absenger; Choreografie: Teresa Rotemberg; Ausstattung: Karin Fritz; Musikalische Leitung: Thorsten Schmid-Kapfenburg. Darsteller: Gerhard Mohr (Bürgermeister Thomas Sapsea/Prinzipal William Cartwright), Axel Herrig (Kantor John Jasper), Peter Jahreis (Hochwürden Crisparkle), Roberta Valentini (Edwin Drood/Dick Datchery), Julia Lißel (Rosa Budd), Johanna Marx (Helena Landless), Dennis Laubenthal (Neville Landless), Aurel Bereuter (Steinmetz Durdles), Tom Ohnerast (Gehilfe), Suzanne McLeod (Prinzessin Puffer), Ilja Harjes (Bazzard), Lars Hübel (Horace), Tomasz Zwozniak (Inspizient). Broadway-Premiere: 2. Dezember 1985, Imperial Theatre, New York City. Deutschsprachige Erstaufführung: 31. Dezember 1991, Theater Pforzheim. Premiere: 9. Februar 2013, Städtische Bühnen Münster.



„Das Geheimnis des Edwin Drood“


Das Publikum darf sich im Theater Münster auf Mördersuche begeben


Theater Münster, Großes Haus

Wer kennt nicht Charles Dickens´ berühmte Romane „Oliver Twist“, „A Christmas Carol“, „David Copperfield“, „A Tale of Two Cities“ oder „Great Expectations“? Sein letzter Roman, „The Mystery of Edwin Drood“ blieb wegen seines plötzlichen Todes allerdings unvollendet, und es gibt zahlreiche Versuche, das Werk zu komplettieren. Rupert Holmes (* 24. Februar 1947 in Northwich, Cheshire, United Kingdom) hatte den Roman als 11-Jähriger erstmals gelesen, und als er von Joseph Papp und seiner Frau Gail Merrifield gebeten wurde, ein Musical zu schreiben, ließ er sich von Kindheits­erinnerungen an Besuche im Pantomimentheater und dem unvollendeten Roman inspirieren. Holmes´ Musical „The Mystery of Edwin Drood“ wurde erstmals im August 1985 beim New York Shakespeare Festival aufgeführt, und feierte am 2. Dezember 1985 im Imperial Theatre seine Broadway-Premiere. Das Musical hat 1986 fünf Tony Awards gewonnen (Bestes Musical, Rupert Holmes für Bestes Musicallibretto und Beste Originalmusik, George Rose (Mayor Thomas Sapsea/Chairman William Cartwright) als Bester Hauptdarsteller in der Kategorie Musical, Wilford Leach für die Beste Musicalregie) und insgesamt neun Drama Desk Awards. Am 13. November 2012 wurde es mit Chita Rivera als The Princess Puffer/Miss Angela Prysock am Broadway im Studio 54 wieder­auf­ge­nommen und ist dort noch bis 10. März 2013 zu sehen.

Rupert Holmes hat den Kriminalfall des mysteriösen Verschwindens des jungen Edwin Drood als „Stück im Stück“ – vergleichbar mit „Kiss Me, Kate“ – in sein Musical eingebaut, das von einer Wandertruppe in der Tradition der britischen Musical Hall aufgeführt wird und in der fiktiven südenglischen Stadt Cloisterham spielt. Die beiden Waisenkinder Edwin Drood und Rosa Bud sind zwar seit Kindertagen miteinander verlobt, aber einander nur freundschaftlich verbunden. Die beiden entschließen sich, ihre Verlobung zu lösen, aber davon erst nach den Weihnachtsfeiertagen zu erzählen. Edwins Onkel John Jasper gibt Rosa Bud Musikunterricht und ist heimlich in sie verliebt, doch sie will nichts von ihm wissen. Daneben sind noch eine ganze Reihe weiterer Personen in den Kriminalfall verstrickt: Die beiden Waisen Helena und Neville Landless aus Ceylon, Prinzessin Puffer, Besitzerin einer Opiumhöhle, in der John Jasper selbst Kunde ist, Hochwürden Crisparkle, der John Jasper für die Inkarnation des Satans hält, der Steinmetz Durdles und seine Gehilfe sowie der Schauspieler Bazzard. Zum Weihnachtsessen kommen Helena und Neville Landless, Edwin Drood und Hochwürden Crisparkle bei John Jasper zusammen, wobei diverse Rivalitäten aufgedeckt werden. Am nächsten Tag ist Edwin Drood verschwunden, und nur ein zerrissener, blutiger Mantel wird gefunden. Sechs Monate später ist Edwin Drood immer noch verschwunden, und Prinzipal William Cartwright, der als Erzähler fungiert, macht sich an die Untersuchung des vermeintlichen Mordfalls und fordert das Publikum auf, sich an der Aufklärung zu beteiligen und über die offenen Fragen abstimmen.

Dabei ist eine leichte Komödie herausgekommen, in der das Publikum bei jeder Aufführung aufs Neue entscheiden darf, wie der Kriminalfall zu beenden ist. Als bekannte Gäste sind Axel Herrig (u. a. Falco in „Falco meets Amadeus“, Sky Masterson in „Guys and Dolls“) als John Jasper und Roberta Valentini als Edwin Drood/Dick Datchery in Münster zu sehen.

Dass es in einigen Theatern Plätze mit Sichteinschränkungen gibt, ist hinlänglich bekannt, und zumeist wird auch beim Ticketkauf bei diesen Plätzen darauf hingewiesen. Dass es aber auch Plätze in Theatern gibt, auf denen die Ohren der Zuschauer den gesamten Abend mit einem Netzbrummen malträtriert werden, welches nur vom Orchester überdeckt wird, war mir komplett neu. Solche Plätze sind im Großen Haus des Theaters Münster vorzufinden, und ich wurde beim Ticketkauf leider nicht auf diesem Umstand hingewiesen. Da „Das Geheimnis des Edwin Drood“ aber über weite Strecken vom Schauspiel dominiert wird und das Netzbrummen auf die Dauer einfach nur nervend ist, konnte von einem Musical-Genuss leider überhaupt nicht die Rede sein. Ich erspare mir an dieser Stelle weitere Details und hoffe, dass sich mit der Zeit der „Schleier des Vergessens“ über diesen Abend breiten wird. Dies soll keinerlei Kritik an Stück, Darstellern oder Kreativteam darstellen, haben diese doch keinerlei Einfluss auf die unangenehmen Nebenbedingungen.

Zur Vorstellung nur so viel: An diesem Abend (17. Februar 2013) wählte das Publikum Johanna Marx (Helena Landless) zur Mörderin; die Variante, dass Edwin Drood gar nicht ermordert wurde, sondern nur untergetaucht ist, wird von vornherein von den Darstellern auf der Bühne ausgeschlossen. Um ein Happy End für das Bühnenstück zu kreieren, bestimmte das Publikum Suzanne McLeod (Prinzessin Puffer) und Ilja Harjes (Bazzard) zu Liebenden.