Bad Hersfelder Festspiele: West Side Story

„West Side Story“ – nach einer Idee von Jerome Robbins und nach Shakespeares „Romeo and Julia“; Musik: Leonard Bernstein; Gesangstexte: Stephen Sondheim; Buch: Arthur Laurents; Deutsche Fassung: Frank Thannhäuser/Nico Rabenald; Regie: Matthias Davids; Choreographie: Melissa King; Bühne: Heinz Hauser; Kostüme: Judith Peter; Musikalischer Leiter: Christoph Wohlleben. Darsteller: Katharina Schrade (Maria), Christian Alexander Müller (Tony), Maaike Schuurmans (Anita), Philippe Ducloux (Riff), Marc Seitz (Action), Robin Poell (A-Rab), Miha Podrepsek (Baby John), Axel Baer (Snow Boy), Morgan O´Brien (Big Deal), Neil Dolan (Diesel), Alan Byland (Gee-Tar), Merlijn Wolsink (Mouth Piece), Samantha Turton (Graziella), Rachel Perry (Velma), Doris Warasin (Minnie), Sabrina Stein (Clarice), Ariana Shirardi-Fard (Anybodys), Nivaldo Allves (Bernardo), Nielson Soares (Chino), Kurosch Abbasi (Pepe), Francisco Pimentel (Luis), Hunter Jack (Anxious), Friedrich Bührer (Nibbles), Robert Schmelcher (Juano), Olivia Limina (Rosalia), Iris Makris (Consuela), Yara Hassan (Teresita), Suzana Novosel (Francisca), Sylvania Pen (Estella), Manfred Stella (Doc), Frank Jordan (Lt. Schrank), Heinrich Cuipers (Officer Krupke). Uraufführung: 26. September 1957, Winter Garden Theatre, New York. Deutschsprachige Erstaufführung: 25. Februar 1968, Volksoper, Wien. Premiere: 16. Juni 2009, Stiftsruine, Bad Hersfeld.



„West Side Story“


Open-Air-Produktion der Bad Hersfelder Festspiele


Die „West Side Story“, eines der größten Werke des amerikanischen Musiktheaters, behandelt am Beispiel zweier rivalisierender Banden die Schwierigkeiten und Gegensätze zwischen den eingewanderten Puertoricanern (Sharks) und den Einheimischen der New Yorker West Side (Jets) um 1955. Das Stück wurde 1961 verfilmt; der Film wurde für elf Oscars nominiert, wovon er immerhin zehn tatsächlich erhalten hat. Der Musical-Klassiker war 2009 der „Rettungsanker“ für die scheidende Intendantin der Bad Hersfelder Festspiele, Elke Hesse, die nur noch Oper und Schauspiel in der Stiftsruine zeigen wollte, Musical für nicht mehr zeitgemäß hielt. Doch es sollte anders kommen, und da kann man mit der „West Side Story“ auch nichts verkehrt machen. Die Protagonisten Christian Alexander Müller (Tony) und Leah Delos Santos (Maria) sind obendrein in der Musicalszene etablierte Größen, der Erfolg blieb nicht aus. Mitarbeiter kommen und gehen auch wieder, Bestand über einen längeren Zeitraum hat letzten Endes nur die Stiftsruine, die 1144 als Gesamtkirche geweiht wurde, 1761 abgebrannt und seither als Ruine erhalten ist. Was blieb Intendant Holk Freytag, Hesses Nachfolger, 2010 anderes übrig, als die erfolgreiche Produktion wiederaufzunehmen. Da sich die Freilichtspiele Tecklenburg die Aufführungsrechte für 2010 gesichert und gleichzeitig – aus allgemein bekannten Gründen – Leah Delos Santos als Maria verpflichten konnten, spielte bei der Wiederaufnahme in Bad Hersfeld Katharina Schrade die Maria. Sie hatte zusammen mit Christian Alexander Müller bereits in Chemnitz und Kiel die „West Side Story“ gespielt. 2011 wurde die Inszenierung von Matthias Davids ein allerletztes Mal an fünf aufeinander folgenden Tagen wiederaufgenommen, 2012 gehen die Bad Hersfelder Festspiele mit neuen Stücken an den Start, Details sind bisher nicht bekannt.

Stiftsruine

Was kann/soll man zu einer Inszenierung sagen, die zum zweiten Mal wiederaufgenommen wird, die mit den gleichen Protagonisten – Katharina Schrade (Maria), Christian Alexander Müller (Tony) – besetzt ist wie im Vorjahr, und in der auch die übrigen Hauptdarsteller – Maaike Schuurmans (Anita), Philippe Ducloux (Riff), Marc Seitz (Action), Nivaldo Allves (Bernardo), Manfred Stella (Doc), Frank Jordan (Lt. Schrank) und Heinrich Cuipers (Officer Krupke) – wieder zu sehen sind? Noch immer zeichnet sich diese durch starke schauspielerische/gesangliche Leistungen und atemberaubende Choreografien (Choreographie: Melissa King) aus, und Bernsteins Musik ist sowieso der Star des Abends, weshalb es am Ende der 130-minütigen Vorstellung Standing Ovations für das Orchester unter der Musikalischen Leitung von Christoph Wohlleben gab. Christian Alexander Müller dürfte in der Inszenierung nichts mehr fremd sein, aber als er am Ende der Balkonszene („Tonight“) eines der beiden schrägen, halbrunden Stahlgitter (Bühne: Heinz Hauser) zur Seite schieben wollte und ihm dies nicht gelang, kam doch ein leises, menschliches „Verdammt“ über seine Lippen. Eine Bombe lässt den Traum von einer besseren Welt wie eine Seifenblase platzen, sie detoniert mit einem solchen Knall im Bett von Maria und Tony, dass spätestens an dieser Stelle auch die Träumenden wieder hellwach sind und auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden.

Katharina Schrade (Maria), Christian Alexander Müller (Tony)
Foto (mit bestem Dank an): Steffen Sennewald


Obwohl die „West Side Story“ bei der Wiederaufnahme nicht bis auf den letzten Platz ausverkauft war und es für die Folgevorstellung noch Karten gibt, kann man auch im dritten Jahr von einem Erfolg der Produktion ausgehen. Die Beteiligten haben ihn sich redlich verdient.