Mitten im Sturm

„Mitten im Sturm“ – nach der Autobiographie von Jewgenija Semjonowna Ginsburg, Deutschlandpremiere 4. Mai 2011; Deutschland, Belgien, Frankreich, Polen, 2009; 106 Minuten; Drehbuch: Nancy Larson; Regie: Marleen Gorris; Produzentin: Christine Ruppert, Tatfilm; mit Emily Watson (Eugenia Ginzburg), Ulrich Tukur (Dr. Anton Walter), Ian Hart (Beylin), Benjamin Sadler (Pavel Aksyonov), Agata Buzek (Lena), Ben Miller (Krasny), Jimmy Yuill (Siderov), Pearce Quigley (Yelvov), Monica Dolan (Pitkowskaya), Pam Ferris (Genias Mutter), Zbigniew Zamachowski (Guard), Lena Stolze (Greta) u.v.a.; FSK ab 12 Jahre Mitten im Sturm Liebe überwindet alle Grenzen Am Mittwoch, 4. Mai 2011 fand im Rahmen des Kinostarts in Deutschland in der Lichtburg Essen die Deutschlandpremiere des Spielfilms „Mitten im Sturm“ in Anwesenheit der Hauptdarsteller Emily Watson und Benjamin Sadler, der Regisseurin Marleen Gorris, der Produzentin Christine Ruppert (Tatfilm), der Adoptivtochter von Jewgenija Ginsburg, Antonina Aksenova, sowie weiteren Gästen statt. Der Film wurde am 7. Oktober 2009 im Rahmen des Haifa International Film Festivals unter dem Originaltitel „Within the Whirlwind“ uraufgeführt.
Chris­ti­na Bent­la­ge (Filmstiftung NRW), Emily Watson (Eugenia Ginzburg) und Benjamin Sadler (Pavel Aksyonov)
Emily Watson (Eugenia Ginzburg)
Benjamin Sadler (Pavel Aksyonov)
Antonina Aksenova, Adoptivtochter von Jewgenija Ginsburg
Die sowjetische Historikerin und Schriftstellerin Jewgenija Semjonowna Ginsburg (* 20. Dezember 1904 in Moskau, † 25. Mai 1977 in Moskau) widmet sich in ihren Memoiren, die im Deutschen in zwei Teilen unter den Titeln „Marschroute eines Lebens“ und „Gratwanderung“ erschienen sind, ihrem Leben im Gulag – ein umfassendes Repressionssystem in der Sow­jet­uni­on, bestehend aus Zwangsarbeitslagern, Straflagern, Gefängnissen und Verbannungsorten. Marleen Gorris (* 9. Dezember 1948 in Roermond) hat Ginsburgs unglaubliche Geschichte in „Mitten im Sturm“ mit Emily Watson (* 14. Januar 1967 in London-Islington) in der Hauptrolle verfilmt. Zum Inhalt: Die Ereignisse nehmen mit dem Attentat auf den sowjetischen Parteisekretär Sergei Mironowitsch Kirow († 1. Dezember 1934 in Leningrad) ihren Lauf. Die Lage spitzt sich mit einer Verhaftungswelle zu, dessen Opfer in Eugenia Ginzburgs Bekanntenkreis auch der Geschichtsprofessor Elvov wird. Am 7. Februar 1937 wird die Universitätsprofessorin Eugenia Ginzburg aus der KPdSU ausgeschlossen und drei Tage später unter der Anschuldigung einer angeblichen Verbindung zu den „Trotzkisten“ (Anhänger der von dem russischen Revolutionär Leo Trotzki und seinen Anhängern begründeten Form des Kommunismus) verhaftet. Nach wochenlangen Verhören wird sie schließlich am 1. August 1937 nach einer siebenminütigen Gerichtsverhandlung wegen „Gruppen-Terrorismus“ zu zehn Jahren strenger Isolationshaft im sibirischen Gulag verurteilt. Damit beginnt ihre lange Reise durch mehrere berüchtigte Gefängnisse und Arbeitslager, in dieser Zeit lernt sie den Russlanddeutschen Anton Walter kennen, der als Lagerarzt arbeitet und ihr nach einem Suizidversuch neuen Mut macht. Erst später erfährt sie, dass Anton kein Angestellter der Lagerleitung ist, sondern wegen seiner Herkunft interniert wurde. Trotz oder gerade wegen der unerbittlichen Lebensbedingungen verlieben sich Eugenia und Anton allmählich ineinander. Doch die Liebe zwischen Häftlingen ist untersagt, Eugenia und Anton werden getrennt, aber sie versprechen sich, einander nach der Haftentlassung zu suchen. Im Februar 1947 wird Eugenia Ginzburg aus der Lagerhaft entlassen, im heftigen Schneesturm kommt ihr ein Mann entgegen … Anton ist tatsächlich gekommen, um sie abzuholen. Damit endet der Spielfilm. Erst nach dem Tod Josef Stalins († 5. März 1953 in Kunzewo bei Moskau) wurde eine Neuorganisation des Lagersystems veranlasst, die Freilassung politischer Häftlinge begann ein Jahr später. Jewgenija Ginsburg wurde vollständig rehabilitiert, aber ihr Schicksal teilten Millionen von ebenso zu Unrecht verurteilten Menschen. Sicherlich keine „leichte Kost“. Jeder dürfte eine nebulöse Vorstellung davon haben, was sich hinter dem eisernen Vorhang zugetragen hat. „Mitten im Sturm“ vermittelt ansatzweise die Atmosphäre der stalinschen Säuberungen, die jeden treffen konnten. Emily Watson als Eugenia Ginzburg und Ulrich Tukur als Dr. Anton Walter überzeugen durch überragende schauspielerische Leistungen, man sollte sich aber trotz des glücklichen Ausgangs für Jewgenija Ginsburg und Anton Walter stets die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen vor Augen halten, die eine hohe Sterberate zur Folge hatten und vom stalinistischen Regime billigend hingenommen wurden.

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