FreilichtSpiele Tecklenburg: „3 Musketiere“

„3 Musketiere“ – nach dem Roman von Alexandre Dumas; Musik und Songtexte: Rob und Ferdi Bolland; Arrangements und zusätzliche Musik: Paul Bogaev; Buch und zusätzliche Songtexte: André Breedland; Mitarbeit Buch und zusätzliche Liedtexte: Gerard Cox; Zusätzliche Liedtexte: Jan-Simon Minkema & Petra van der Eerden; Deutsche Adaption der Songtexte: Wolfgang Adenberg; Deutsche Adaption der Dialoge: Ruth Deny; Regie: Marc Clear; Choreographie: Doris Marlis; Bühne: Susanna Buller; Kostüme: Karin Alberti; Musikalischer Leiter: Klaus Hillebrecht. Darsteller: u.a. Thomas Hohler (d´Artagnan), Femke Soetenga (Milady de Winter), Yngve Gasoy Romdal (Kardinal Richelieu), Marc Clear (Athos), Enrico de Pieri (Porthos), Jens Janke (Aramis), Lisa Antoni (Constance), Wietske van Tongeren (Königin Anna), Lars Kemter (König Ludwig XIII.), Paul Stampehl (Rochefort), Harald Tauber (Herzog von Buckingham), Stefan Poslovski (James / Conférencier), Anne Welte (Cabarét-Sängerin / Mutter). Uraufführung: 30. März 2003, Nieuwe Luxor Theater, Rotterdam. Deutschsprachige Erstaufführung: 6. April 2005, Theater des Westens, Berlin. Premiere: 19. Juni 2010, Freilichtbühne Tecklenburg.



„3 Musketiere“


Open-Air-Produktion der FreilichtSpiele Tecklenburg


„3 Musketiere – das Erfolgsmusical von Bolland & Bolland zum ersten Mal open air in Deutschland!“, mit diesem Slogan haben die Freilichtspiele Tecklenburg ihre diesjährige Produktion mit Staraufgebot beworben. Doch da hatte man wohl die Rechnung ohne die Wetzlarer Festspiele gemacht, denn dort wollte die Musicalgruppe der Goetheschule Wetzlar das Stück bereits am 8. Juni im Rosengärtchen erstmals überhaupt Open Air aufführen. Jedoch hatte unbeständiges Wetter die Verlegung unter das schützende Dach der Stadthalle erzwungen. Ungeachtet dessen dürfte es den meisten Besuchern der Tecklenburger Aufführung wohl ziemlich gleichgültig sein, wer nun die deutsche Open-Air-Premiere des Stücks für sich reklamieren kann.

Thomas Hohler (d´Artagnan)

Lisa Antoni (Constance)

Das Abenteur um Freundschaft, Ehre und wahre Liebe geht auf den Roman „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas der Ältere zurück. Dumas ließ sich 200 Jahre nach dessen Tod von d´Artagnans Lebensgeschichte zu seinem international erfolgreichen Roman inspirieren. Die vorliegende Musicalfassung der „3 Musketiere“ von Rob und Ferdi Bolland (Rock Me Amadeus, Jeanny, Vienna Calling, In The Army Now, Without Your Love u.a.) geht auf Initiative des Musical- und Theaterproduzenten Joop van den Ende zurück und wurde erstmals in Rotterdam unter dem Titel „3 Musketiers – De Musical“ fast ein Jahr lang vor einem begeisterten Publikum gespielt. Für seine Deutschlandpremiere im Theater des Westens wurde es gründlich überarbeitet.

Femke Soetenga (Milady de Winter)

Yngve Gasoy Romdal (Kardinal Richelieu)

Nun fällt es mir schwer, nachdem ich bereits die Inszenierungen in Rotterdam, Berlin und Stuttgart gesehen habe, völlig neutral an die Aufführung der Freilichtspiele Tecklenburg heranzugehen, zu sehr ist mir die optische Umsetzung in Erinnerung geblieben. Ich werde auf diesen Punkt noch näher eingehen. Um es an dieser Stelle vorwegzunehmen: Für mich kann die Tecklenburger Aufführung optisch immer dann punkten, wenn sie die Vorteile der großen Bühne ausspielt, beispielsweise in den gut choreografierten und einstudierten Fechtszenen (Malcolm Ranson) oder in den groß angelegten Ensembleszenen.

Marc Clear (Athos)

Mit Thomas Hohler (d´Artagnan), Marc Clear (Athos), Enrico de Pieri (Porthos), Jens Janke (Aramis) und Stefan Poslovski (James / Conférencier) hat man auf bewährtes „3 Musketiere“-Personal aus Stuttgart gesetzt, da konnte wirklich nichts schiefgehen. Thomas Hohler gibt den jungen Gascogner als strahlenden, jungen Helden, Marc Clear besticht mit seinem „Engel aus Kristall“, und Enrico de Pieri und Jens Janke ergänzen ihn als Porthos („mit üppiger Trefferfläche“) und Aramis mit viel Humor vortrefflich. Yngve Gasoy Romdal, aus der letztjährigen „Evita“-Aufführung als Che Guevara in Tecklenburg bereits etabliert, verkörpert den intrigranten Kardinal Richelieu angemessen niederträchtig. Die Niederländerin Femke Soetenga erinnert mit ihrer Darstellung der Milady de Winter sehr stark an Pia Douwes, die die Rolle in Rotterdam kreiert und auch in Berlin und Stuttgart übernommen hat. Lisa Antoni gefällt als Königin Annas reizendes Kammermädchen Constance, doch leider blieb wie schon in Stuttgart ihr „Solo Gott lächelt uns zu“ gestrichen, so dass ihr gesanglich nur das Duett „Alles“ mit Thomas Hohler und das Terzett „Wer kann schon ohne Liebe sein“ mit Femke Soetenga und Wietske van Tongeren bleiben. Auch die Niederländerin Wietske van Tongeren steht als Königin Anna nur ein einziges Mal mit „Kein geteiltes Leid“ richtig im Mittelpunkt.

Wietske van Tongeren (Königin Anna)

„3 Musketiere“ hat in Tecklenburg gegenüber Stuttgart nochmals einige kleine Änderungen erfahren, die dem Stück – zumindest im ersten Akt – gut zu Gesicht stehen. Der zweite Akt hinterlässt bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Von dem gefährlich unter Blitz und Donner in schwerer See schlingernden Schiff in „Die Überfahrt“ ist in Tecklenburg leider nur der „Klangteppich“ übriggeblieben, keine Spur von Welt- und Schiffsuntergang. Dafür gerät Richelieus „Nicht aus Stein“ optisch zu einer bewegenden Szene, bei der das Ensemble in schwarze Mönchskutten gekleidet mit Pechfackeln die Gunst der einsetzenden Dunkelheit nutzt und auch die Seitengänge im Auditorium bespielt. Danach konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass jemand auf die Uhr geschaut und sich dann gefragt hat, wie um alles in der Welt man die Aufführung aufgrund der Schallschutzauflagen denn in 3 Stunden Aufführungsdauer bis 23 Uhr über die Bühne bringen kann. So wurde dann kurzerhand Richelieus „Glaubt mir!“ bis auf den Refrain gekürzt. Milady de Winter macht mit Constance kurzen Prozess und erdrosselt sie mit einem Rosenkranz, was ihr den Tod in d´Artagnans Armen erspart. Dazu ist anzumerken, dass Constance Bonacieux in Alexandre Dumas´ Romanvorlage im Karmelitenkloster zu Béthune von Mylady vergiftet wird, von daher bestand keine Notwenigkeit, von dieser Vorlage abzuweichen. Jedoch ist dies ein gutes Indiz dafür, dass einige der Änderungen an dem Stück an die nicht so detailgetreue Verfilmung des Stoffes angelehnt sind, in der Constance ebenfalls erdrosselt wird. Um sich später nicht wie Inspektor Javert in Les Misérables von der Burgmauer stürzen zu müssen, läuft Milady de Winter nach dem gemeinschaftlichen Schuldspruch der Musketiere Athos ins Messer. In der Romanvorlage wird Mylady vom Henker von Lille gerichtet.

Stefan Poslovski (Conférencier)

Abgesehen von den erwähnten Schwachstellen ist „3 Musketiere“ auch in Tecklenburg gute, massentaugliche Abendunterhaltung, die vom begeisterten Premierenpublikum mit minutenlangen Standing Ovations heftig gefeiert wurde. Jetzt muss nur noch der Sommer kommen – der Premierenabend war bei Temperaturen von 11°C nur mit wärmender Kleidung und Decken zu überstehen – dann klappt es auch mit dem Musicalsommer.

Paul Stampehl (Rochefort)

Kommentare

Natira hat gesagt…
Ich habe "3 Musketiere" gestern erstmals und in Tecklenburg gesehen. Besonders angetan war ich von den Darstellungen Yngve Gasoy-Romdals u. Femke Soetengas.

Die Szene "Nicht aus Stein" war in Tecklenburg wirklich grandios!
Anonym hat gesagt…
Paul Stampehl hat mich so fasziniert. Er hatte für mich die beste und auch erotischste Ausstrahlung, die ich jemals bei einem Musical erlebt habe. Ein klasse Typ (besonders ganz in Leder...)